1534 - Nocturnen-Alarm
ich. Ich habe zwar viel von ihr gelernt, aber sie besitzt im Gegensatz zu mir praktische Erfahrungen im Umgang mit den Nocturnen."
„Wir wollen die Bewohner von Ang-Oeban nicht unnötig in unsere Angelegenheiten hineinziehen", sagte Mei-Mei-H’ar. „Um auf deinen Auftrag zurückzukommen: Du wirst Augen und Ohren offenhalten und dafür sorgen, daß die Terraner nicht zu viel erfahren. Mit anderen Worten: Ich erwarte von dir, daß du die Interessen unseres Volkes wahrst. Nicht mehr und nicht weniger."
„Wie soll ich das anstellen?" fragte Giu-Nal-H’ay betroffen. „Ich habe keine Erfahrung in solchen Dingen."
„Dann wirst du diese Erfahrungen jetzt eben sammeln", erklarte Mei-Mei-H’ar ungeduldig. „In der CHIANGLU wirst du noch einige andere Experten finden. Von ihnen wirst du auch gewisse Einzelheiten erfahren, die ich hier und jetzt nicht erörtern möchte."
Und warum nicht? fragte Giu-Nal-H’ay sich im stillen.
Dann kam ihr plötzlich der Gedanke. Sie hat Angst, daß etwas durchsickern könnte. Sie fürchtet tatsächlich, daß jemand dieses Gespräch belauschen könnte!
Giu-Nal-H’ay fand, daß sie kein Recht hatte, sich ein Urteil über den geistigen Gesundheitszustand der Höchsten Frau des kartanischen Sternenreichs anzumaßen. Trotzdem: Das Ganze roch ihr nach einem ausgewachsenen Anfall von Verfolgungswahn.
Sie hütete sich wohlweislich, dieses Thema zur Sprache zu bringen. „Ich habe noch nie davon gehört, daß es solche anderen Experten gibt!" bemerkte sie. „Nun, sie beschäftigen sich nicht unbedingt mit den Nocturnen. Aber es sind Experten. Eure Fachgebiete werden sich ergänzen. Du wirst dich in dieses Team einfügen."
Giu-Nal-H’ay war sich dessen nicht ganz sicher. „Ich begreife nicht, wozu das alles nötig sein soll", bemerkte sie vorsichtig. „Was immer die Terraner oder irgendwelche anderen Wesen in Fornax auch anstellen mögen - uns braucht das doch nicht zu interessieren. Wir haben mit den Nocturnen nichts mehr zu tun. Daran wird sich wohl auch kaum noch einmal etwas ändern. Oder erwartest du etwa tatsächlich, daß die Psi-Konstante in unserem Teil des Universums wieder angehoben wird?"
Mei-Mei-H’ar wirkte etwas indigniert, fast so, als sei dies ein unanständiges Thema, das man nicht so einfach anschneiden dürfe. „Das kann man nie wissen", sagte sie reserviert. „Aber wenn es tatsächlich noch einmal soweit kommen sollte, dann möchte ich mich nicht erst mit ganzen Horden von Terranern auseinandersetzen müssen.
Also geht dorthin und tut, was ich euch im Namen aller Hohen Frauen aufgetragen habe!"
Giu-Nal-H’ay wußte, daß es keinen Sinn hatte, der Höchsten Frau zu widersprechen oder gar ihre Anweisungen in Frage zu stellen Außerdem deutete Mei-Mei-H’ar auf ihre hoheitsvolle Weise an, daß sie das Gespräch an dieser Stelle zu beenden wünschte. „Nur noch eine Frage", sagte Giu-Nal-H’ay, als sie bereits an der Tür war. „Wird Dao-Lin-H’ay an dieser Expedition teilnehmen?"
„Nein."
Giu-Nal-H’ay atmete auf. „Aber selbst wenn das der Fall wäre", fügte Mei-Mei-H’ar hinzu, „wüßte ich nicht, was dich das anginge. Sie hat sich von deiner Familie losgesagt - hast du das vergessen?"
„Sie hat das nie getan!" fauchte Giu-Nal in plötzlicher Wut. „Zumindest nicht offiziell!"
„Das dürfte unter den gegebenen Umständen auch gar nicht notig sein", stellte Mei-Mei-H’ar nüchtern fest. „Viel deutlicher kann sie ihre Meinung in dieser Angelegenheit kaum noch zum Ausdruck bringen. Warum fragst du eigentlich nach ihr? Gehörst du etwa auch zu denen, die sie bewundern?"
„Das geht dich nichts an!"
„Wie du meinst. Aber um dich zu beruhigen: Sie wird noch für einige Zeit auf Kartan bleiben.
Offenbar will sie danach auf direktem Kurs nach Sayaaron fliegen. Du brauchst also nichts zu befürchten."
Das hätte Giu-Nal-H’ay beruhigen sollen, tat es aber nicht. Sie wurde die unangenehme Vorahnung nicht los, daß sie in etwas hineingeraten war, was ihr und anderen zum Verhängnis werden konnte.
Sie hatte ein ungutes Gefühl.
Dieses Gefühl wurde sie auch dann nicht los, als die CHIANG-LU den Planeten Kartan noch an demselben Tag zusammen mit dem kartanischen Schwesterschiff WO-MUN und der terranischen TAMBO verließ.
2.
3.9.1170 NGZ
Der Terraner nannte sich Ernst Ellert.
Giu-Nal-H’ay, die zum erstenmal etwas mit Angehörigen dieses Volkes zu tun hatte, fand ihn sehr häßlich: Er hatte ein nacktes Gesicht mit scheußlich
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