1534 - Nocturnen-Alarm
wachsende Stöcke. Sie tun das, indem sie sich Membran für Membran übereinanderlegen."
„Gut und schön, aber was geht uns das an?"
„In dieser Stockphase", sagte Giu-Nal-H’ay, „erlangen sie Intelligenz, und zwar in um so stärkerem Maß, je größer der Stock wird. Die Stöcke versuchen daher, mit Hilfe von Hyperfunksignalen weitere Nocturnen zu sich herabzulocken und auf diese Weise ihre Substanz und ihre Intelligenz zu vergrößern."
„Hyperfunksignale? Sind das diese ominösen Passagesymbole?"
„In gewisser Weise schon. Aber es handelt sich dabei keineswegs um feststehende Hypersymbole, auf die alle Nocturnenschwärme in der gleichen Art und Weise reagieren."
„Sondern?"
„Die Symbole wechseln. Mit jeder Generation von Schwarm-Nocturnen verändern sie sich.
Darum ist es völlig sinnlos, jene Symbole zu verwenden, die unsere Vorfahren gekannt haben."
„Wir könnten es immerhin versuchen", meinte Rea-Nam-G’or leichthin. „Es wird nicht funktionieren."
„Das wird sich herausstellen."
„Du begreifst offenbar immer noch nicht, wo das eigentliche Problem liegt", sagte Giu-Nal-H’ay geduldig. „Die Nocturnen der Schwarmphase reagieren auf Hypersignale vor allem deshalb, weil sie sich von hyperfrequenter Strahlung ernähren."
Diesmal war der Protektorin der CHIANG-LU anzusehen, daß sie allmählich doch ein wenig nachdenklich wurde. „Wenn wir die falschen Signale abstrahlen, haben wir sie also auf dem Hals", stellte sie fest. „So ist es doch, nicht wahr?"
„Du hast es erfaßt."
„Was können sie anrichten?"
„Sie saugen jede Form von Hyperenergie in sich hinein."
Rea-Nam-G’or starrte Giu-Nal-H’ay sprachlos an. „Unser Schiff würde das nicht überstehen", bestätigte Giu-Nal. „Jetzt möchte ich nur eines wissen", murmelte die Protektorin betroffen. „Warum hat Nan-Dar-Sh’ou mir kein Wort von dieser Sache gesagt?"
„Vielleicht hatte sie zu viele andere Dinge im Kopf", meinte Giu-Nal-H’ay anzüglich.
Aber ihre Hoffnungen erfüllten sich nicht: Rea-Nam-G’or dachte nicht im Traum daran, etwas zu verraten. „Na schön", gab Giu-Nal-H’ay nach. „Vielleicht hat sie es nicht gewußt."
„Das kann doch nicht dein Ernst sein!"
„Warum nicht? Seit rund siebenhundert Jahren hat sich niemand mehr um die Nocturnen gekümmert."
„Aber du weißt doch über sie Bescheid!"
Giu-Nal-H’ay mußte lächeln. „Ich interessiere mich eben für sie. Dieses Interesse hat mich einiges gekostet - unter anderem jede Karriere, die für mich in Frage gekommen wäre."
Die Protektorin der CHIANG-LU warf Giu-Nal-H’ay einen scharfen Blick zu. Giu-Nal ahnte, was danach kommen würde. „Unter den gegebenen Umständen könntest du mich jetzt noch über einen letzten Punkt aufklären, den ich beim besten Willen nicht begreifen kann", sagte Rea-Nam-G’or. „Verrate mir, was unsere Vorfahren mit diesen seltsamen Wesen zu schaffen hatten."
Na bitte, dachte Giu-Nal-H’ay resignierend. Sie übergeht meine Bemerkung ganz einfach. Warum auch nicht?
Wen interessiere ich schon?
Aber das änderte nichts daran, daß sie antworten mußte. Rea-Nan-G’or stand in einem zu hohen Rang, als daß Giu-Nal es sich hätte leisten können, auch noch diese Protektorin zu verärgern. „Die Nocturnen waren die einzigen uns bekannten Produzenten von Paratau", sagte Giu-Nal-H’ay. „Was soll das nun wieder sein?"
„Vielleicht kennst du es unter einem anderen Namen. Man nannte es auch die Tränen der N’jala.
Es verlieh unseren Vorfahren jene seltsamen Kräfte, denen manche Kartanin auch heute noch nachtrauern."
Es war ein Fehler, es auf diese Weise auszudrücken - Giu-Nal-H’ay wußte es schon in dem Augenblick, als sie es aussprach. Aber da war es bereits zu spät. „Die Tränen der N’jala!" wiederholte Rea-Nam-G’or, und ein andächtiger Klang schwang in ihrer Stimme mit.
Als sie fortfuhr, klang ihre Stimme allerdings schon wieder ganz anders. „Nur zu deiner Information", sagte sie. „Ich war Schülerin im N’jala-System."
Das erklärt natürlich alles, dachte Giu-Nal-H’ay sarkastisch. Erstaunlich, daß du es trotzdem geschafft hast, bis in den Rang einer Protektorin aufzusteigen. Ich würde gerne wissen, wie es dir gelungen ist, in diesem Irrenhaus deinen Verstand zu bewahren. „Warum haben die Nocturnen aufgehört, die Tränen der N’jala zu produzieren?" fragte Rea-Nam-G’or herausfordernd. „Oder ist das endlich einmal etwas, was auch du nicht weißt?"
„Sie haben nicht
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