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1535 - Der Satan von Soho

1535 - Der Satan von Soho

Titel: 1535 - Der Satan von Soho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Blut an der Klinge nach unten rinnen sehen. Er strich über mein Haar, als wäre er mein großer Schutzengel. Ich hatte noch immer Angst, aber dann ist alles anders gewesen.«
    »Sie meinen sein Verschwinden?«
    »Genau das. Er drehte sich. Da erschienen plötzlich diese lila Bänder, und dann war er weg. Als hätte er sich im Nebel und vor meinen Augen einfach aufgelöst. Ja, so ist es gewesen.«
    Konnte ich ihr glauben oder nicht? Es hörte sich unwahrscheinlich an, aber gerade das Unwahrscheinliche gehörte in meinem Job zum Alltäglichen.
    Hinzu kam noch etwas. Ich hatte mich ja nicht zufällig in diese Richtung gewandt. Ich war durch die Reaktion des Kreuzes dazu angeleitet worden. Und das hatte mir auf keinen Fall einen Streich gespielt, davon konnte ich ausgehen.
    »Der Arzt hat gesagt, dass es besser wäre, wenn ich eine Nacht im Krankenhaus unter Beobachtung bleibe.«
    »Und? Wollen Sie?«
    »Keine Ahnung, Mr Sinclair.« Sie kannte inzwischen meinen Namen.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wo wohnen Sie denn?«
    Sie winkte ab. »In einem Wohnwagen. Er gehört zu einem kleinen Zirkus. Wirklich klein, denn wir haben auch kein großes Zelt, und wir spielen nur für Kinder. Ich bin da die Prinzessin.«
    »Aha.« Ich lächelte. »Die Gute also.«
    »Genau.«
    »Wie fühlen Sie sich denn?«
    Ich erhielt erst eine Antwort, nachdem sie überlegt hatte. »Ich bin völlig durcheinander, Mr Sinclair.«
    »Das verstehe ich. Aber können Sie mir auch den genauen Grund nennen?«
    »Der liegt doch auf der Hand. Nur begreife ich nicht, dass ich so ruhig neben Ihnen sitzen kann. Eigentlich hätte ich nach den Erlebnissen völlig fertig sein müssen.«
    »Das liegt an der Spritze, die man Ihnen gegeben hat.«
    Sie warf mir einen skeptischen Blick zu. »Meinen Sie das ehrlich?«
    »Warum sollte ich lügen?«
    »Stimmt auch wieder. Nur muss ich damit rechnen, dass irgendwann die Wirkung nachlässt.«
    »Das wird wohl so sein.«
    Sie überlegte einen Moment und schaute auf ihre schlanken Hände.
    »Und was passiert dann?«
    »Dann liegt es an Ihnen, wie stark Sie sind, Lucy.«
    »Danke.« Sie lächelte jetzt und meinte: »Ich glaube, ich möchte doch nicht ins Krankenhaus. Ich bin sicher, dass ich es schaffe. Das ist alles schlimm gewesen, was ich gesehen habe, aber da gab es auch den Nebel, und der hat vieles verdeckt. Mich quält vielmehr die Frage, warum gerade ich gerettet worden bin.«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Ein Zufall?«
    »Nein, Lucy, daran glaube ich nicht. Das kann kein Zufall gewesen sein. Er hat es schon bewusst getan.«
    »Gut«, gab sie mir recht. »Wenn das so ist, dann muss er mich gekannt haben. Ich kenne ihn nicht. Ich habe diesen Glatzkopf gesehen, das Böse in den Augen, und dann hat er mich beschützt. Tut mir leid, mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Es würde uns auch nicht weiterbringen. Ich denke, dass wir uns ein Taxi rufen und ich Sie nach Hause bringe.«
    »Ja, in den Wohnwagen.«
    »Auch das, Lucy…«
    ***
    Wir hatten ein Taxi genommen. Damit waren wir bis zu meiner Adresse gefahren. In der Tiefgarage waren wir dann in den Rover umgestiegen.
    Ich wollte mich nicht weiterhin von anderen Menschen abhängig machen und lieber mit dem eigenen Wagen fahren.
    Mitternacht war inzwischen vorbei. Müdigkeit verspürte ich nicht. Ich fühlte mich wie aufgeputscht, und damit stand ich nicht allein, denn auch Lucy Martin meinte, dass sie nicht würde schlafen können.
    Die junge Frau hielt sich tapfer. Sie hatte schließlich etwas Schlimmes erlebt und auch drei Tote gesehen, die nicht normal aus dem Leben geschieden waren. Wenn sie darunter litt oder Furcht hatte, so zeigte sie das nicht. Zudem hatte ich den Eindruck gewonnen, dass sie über ihre Rettung nachdachte, und dieses Thema schnitt sie auch an, als wir uns auf den Weg zu ihrem momentanen Wohnort befanden, dem Wohnwagen, der in einem der kleinen Parks von Notting Hill seinen Standplatz gefunden hatte, ebenso wie das Zelt.
    »Ich verstehe es einfach nicht«, sagte sie immer wieder, »warum er mich verschont hat.«
    »Könnten Sie sich mit dem Begriff Zufall anfreunden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich nicht, Mr Sinclair. Das kann ich auf keinen Fall. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es etwas ganz Persönliches war, obwohl ich mir das eigentlich nicht vorstellen kann. Ich habe diese Gestalt zum ersten Mal in meinem Leben gesehen, und ich hatte auch nie Kontakt zu solch brutalen Personen, genauer gesagt zu Menschen, die morden.«

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