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1535 - Der Satan von Soho

1535 - Der Satan von Soho

Titel: 1535 - Der Satan von Soho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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stillte meine Neugierde, indem ich sie aufzog.
    Zuerst hörte ich das scharfe Atmen. Dann sah ich Lucy. Sie saß auf ihrer bunten Couch, und das Licht einer Lampe traf sie von der Seite. Sie war ein Mensch, doch in diesen Augenblicken machte sie nicht den Eindruck.
    Sie war völlig von der Rolle. Ihr Gesicht sah aus wie geschnitzt und mit Öl eingerieben.
    Ihre Augen standen zwar weit offen, aber ich glaubte nicht, dass sie wahrnahm, wohin sie schaute.
    Mich schien sie auch nicht bemerkt zu haben. Sie reagierte auch nicht, als ich mich neben sie setzte. Ich hörte sie flach und hektisch atmen. Sie zitterte, als würden über ihren Körper permanent Kälteschauer rinnen.
    Mir war klar, dass sie vor dem Satan keine Ruhe haben würde. Er hatte sie nach langer Suche gefunden, und er würde nicht bereit sein, sie aufzugeben. Das musste ich ihr klarmachen, und sie musste auch begreifen, dass ich sie nicht mehr allein lassen konnte.
    Ich legte einen Arm um ihre Schultern. Noch hatte ich sie nicht angesprochen, doch das änderte sich in den nächsten Sekunden, und ich sprach leise ihren Namen aus. »Lucy…«
    Sie reagierte nicht.
    »Es ist alles wieder in Ordnung, Lucy. Sie brauchen keine Angst mehr zu haben.«
    »Angst?«, hauchte sie.
    »Ja.«
    »Ich weiß nicht. Es ist alles so anders geworden. Ich kann das nicht erklären. Ich glaube, ich hatte einen Traum, der aber nicht gut war, sondern schlimm.«
    »Wollen Sie mir davon erzählen?«
    Endlich drehte sie den Kopf und schaute mich an. Dabei irritierte mich ihr Blick. Er war so anders geworden. Er war in die Ferne und zugleich nach innen gerichtet. Mich schien sie gar nicht wahrzunehmen und nicht mal zu erkennen.
    »Wachen Sie auf, Lucy. Sie befinden sich nicht mehr in einem Traum. Sie sind in der Wirklichkeit.«
    »Ja?«
    »Genau, und ich bin bei Ihnen.«
    Erst nach dieser Antwort nahm sie mich richtig wahr. Aber sie musste anscheinend erst nachdenken, wohin sie mich stecken sollte. So etwas wie ein Erkennen, wie ich es mir gewünscht hätte, sah ich nicht in ihrer Augen.
    »Ich bin John Sinclair«, erklärte ich ihr. »Wir haben uns in einer nebligen Gegend hier in London getroffen.«
    »Ah ja«, sprach sie, »aber wo ist denn das Schwert?«
    Die Frage tat mir weh. Sie zeigte mir, dass Lucy noch immer in ihren Träumen gefangen war, und das war bestimmt nicht gut.
    »Ich habe kein Schwert.«
    »Aber es war da. Ich habe es gesehen. Ich sah das Blut aus dem Hals strömen…«
    »Ich bin nicht Samson!«
    Bewusst hatte ich den Namen erwähnt und war gespannt, welche Reaktionen das in ihr auslöste.
    Zuerst tat sich nichts, aber ihr Blick veränderte sich. Er wirkte jetzt realer, wenn man das so sagen konnte. Lucy fing an, sich mit dem Namen zu beschäftigen, und sie wiederholte ihn mehrmals.
    »Samson ist der Mann mit dem Schwert gewesen«, erklärte ich geduldig.
    »Ich bin John Sinclair.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Wunderbar.«
    »Aber Sie sind nicht sein Freund«, sagte sie leise. »Das weiß ich sehr genau.«
    »Nein, das bin ich auch nicht, Lucy, denn Samson ist ein brutaler Mörder. Haben Sie das gehört? Er ist ein Mörder. Er hat zahlreiche Menschen getötet.«
    »Hat er mich nicht auch gerettet?«
    »Ja.«
    »Das weiß ich. Und er war gut zu mir. Er hat mich mitgenommen. Er wollte mit mir zusammenbleiben. Er hat mich überall gesucht und mich gefunden. Er hat mir auch gesagt, dass er gewusst hat, dass ich nicht tot bin und dass er mich niemals mehr allein lassen will. Niemand soll mir etwas antun.«
    Ich hatte jedes Wort verstanden und begriff jetzt auch, dass eine gewisse Tragik in diesem Fall steckte. Ein Dämon hatte sich in einen Menschen verliebt und ging dabei über Leichen, um diese Liebe erhalten zu können. So etwas hatte ich auch noch nicht erlebt. Aber das Leben ging oft seltsame Wege.
    Ich wollte ihr Trost spenden und sagte: »Es wird Ihnen auch niemand etwas tun, Lucy, dafür sorge ich.«
    »Sie?«
    »Genau.«
    Lucy wollte von mir abrücken, doch ich hielt sie an der Schulter fest.
    »Aber Sie sind doch nicht Samson.«
    »Das ist richtig. Samson sollten Sie vergessen. Es ist wirklich besser. Er passt nicht zu Ihnen, Lucy. Er wird nie zu Ihnen passen.«
    »Aber er hat mich gerettet.«
    »Das ist richtig. Darüber sollten Sie sich auch freuen, doch es darf für Sie keine Zukunft mit ihm geben. Auch wenn es Sie stört, muss ich Ihnen sagen, dass Sie beide nicht zusammen passen. Sie sind zu verschieden. Außerdem ist Samson kein normaler Mensch. Er wurde

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