1539 - Im Wald der Wölfe
sein, dass er noch im Entstehen ist. So gehe ich davon aus, dass Sie so rasch wie möglich nach Hazelwood fahren und dort recherchieren sollten. Ihr Kollege hat noch keinen Bescheid bekommen, ich denke jedoch, dass er sich über Hilfe freuen wird.«
»Das hoffe ich«, meinte Suko. Er warf dabei einen Blick zum Fenster.
Draußen ging soeben ein Schauer auf die Stadt nieder. Da goss es in wahren Strömen.
Sir James hatte den Blick bemerkt. »Sie sind ja bestimmt wetterfest«, sagte er.
»Haben wir uns beschwert?«, fragte ich.
»Nein, nicht offen.« Er nickte uns zu. »So, dann wäre alles geklärt. Geben Sie bitte Bescheid, wenn Sie etwas herausgefunden haben. Mein Gefühl sagt mir, dass dies ein Fall für uns ist.«
Unser Chef ging und wurde durch Glenda Perkins abgelöst, die zu uns kam und wegen der offen stehenden Tür alles gehört hatte.
Sie grinste penetrant und gab ihrer Schadenfreude auch akustisch Ausdruck.
»Es würde mir ja stinken, bei diesem Wetter raus zu müssen. Ehrlich, Freunde, das ist nicht mein Ding.«
»Weiß ich«, sagte ich. »Aber du kannst uns ja als gute Fee begleiten.«
»Eh, eh…« Sie schüttelte den Kopf. »Auch Feen müssen mal eine Pause einlegen.«
»Aber heute?«
»Ich wünsche euch was.« Sie deutete eine Art Verbeugung an und zog sich zurück.
Suko hob die Schultern und meinte: »Nichts zu machen, John. Job ist eben Job.«
Ich stand auf. »Leider. Aber ich bin auch gespannt, wo dieses Hazelwood liegt.«
»Das kann ich euch sagen«, meldete sich Glenda. »Südöstlich von Croydon.«
»Danke, die Fahrt lässt sich noch ertragen…«
***
Die Wohnung des Polizisten bestand aus drei kleinen Zimmern und einem Bad. Sie lag in der ersten Etage über den Diensträumen und der Beamte musste ausziehen, wenn er in Pension geschickt wurde.
Auch Sam Warren hatte dort mit seiner Frau gelebt. Bei ihm waren die Zimmer mit Möbeln voll gestellt gewesen. Nicht so bei dem achtundzwanzigjährigen Ted Franklin. Da waren die Räume nur spärlich möbliert, und er war froh gewesen, auf eine vorhandene Einbauküche zurückgreifen zu können.
Geschlafen hatte er trotz des unheimlichen Vorgangs. Allerdings nur kurz und mehr schlecht als recht. Deshalb war er früh wieder auf den Beinen und konnte beobachten, wie der Tag allmählich die Dunkelheit der Nacht ablöste.
Er braute sich einen starken Kaffee, aß ein Sandwich, das noch im Kühlschrank lag, und rauchte danach eine Zigarette. Er war kein Kettenraucher, aber auf einige Glimmstängel am Tag konnte er nicht verzichten.
Seine Gedanken drehten sich um Brett Mahony. Er war gespannt, wie dieser Ire aussehen würde, wenn er ihm wieder gegenüberstand. War er Mensch geblieben oder…
Nein, daran wollte er nicht denken. Er hatte in der Nacht auch nichts mehr gehört. Er trank seine Tasse leer, drückte die Zigarette aus und machte sich auf den Weg.
Er musste zugeben, dass er schon bessere Tage erlebt hatte. Sein Herz klopfte schneller, als er die Treppe hinabging. Er war froh, allein zu sein.
Seine Freundin, die einige Meilen entfernt lebte und auf dem alten Flughafen Croydon arbeitete, war zu einer Weiterbildung geschickt worden, die über eine Woche lief. So würde sie nicht mit den Vorgängen konfrontiert werden.
Er betrat zuerst sein Büro und schaltete den Computer ein. Eine E-Mail war nicht gekommen, was ihn schon leicht enttäuschte. Er hatte eine Antwort aus London erwartet, aber da hatten die hohen Herren wohl nur die Nase über seine gemailten Aufnahmen gerümpft. Er konnte es ihnen nicht mal verdenken, denn es war schwer zu glauben, dass es so etwas gab.
Aus der Zelle hörte er nichts. Kein Geschrei, keine Beschwerden. Der Ire hielt sich zurück, und das war schon mal beruhigend. Er konnte den Mann nicht länger hinter Gittern behalten, eine Nacht reichte zur Ausnüchterung. Angezeigt worden war er auch nicht. Gewisse Auseinandersetzungen machte man eben unter sich aus.
Beide Männer schauten sich durch das Gitter an.
»Guten Morg en, Brett.«
Der Ire zuckte leicht zusammen. Er fuhr dann über sein dichtes schwarzes Haar und verzog das Gesicht.
»Was ist an diesem Morgen gut?«
»Ich fühle mich wohl«, erklärte Ted.
»Ja, du. Aber ich nicht.«
»Warum nicht? Zu viel getrunken? Die Nachwirkungen, der Kater, die Kopfschmerzen…«
»Das ist es nicht.«
»Was dann?«
Mahony deutete ein Kopfschütteln an. »Ich kann es dir nicht sagen. Ich habe einfach das Gefühl, dass in dieser Nacht etwas mit mir geschehen
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