1541 - Ball der Vampire
der Lage, alles so zu sehen wie mit normalen Augen.
Aber sie erkannte, dass sie die Dunkelheit draußen nicht störte. Das rote Licht um sie herum vergaß sie, denn sie fühlte sich von dem angezogen, was draußen auf sie wartete.
Sie stand auf den Füßen. Ihr Morgenmantel klaffte auf. Vor sich sah sie die offene Tür, durch die die Kälte in das Innere des Wagens drang. Sie spürte nichts. Kein Frieren, kein Zittern. All das, was menschlich war, traf bei ihr nicht zu, doch sie wusste auch, wohin sie gehen musste.
Die Welt außerhalb des Wohnmobils wartete auf sie. Dort musste sie hin, und in ihr entstand ein Drang, den sie noch nie gekannt hatte.
Überall um sie herum war der Blutgeruch vorhanden, und er sorgte für ein bestimmtes Hungergefühl bei ihr.
Blut zu Blut…
Sie wollte es trinken. Menschliches Blut musste sie schlucken. Einen anderen Drang gab es nicht.
Laura bewegte sich auf die offene Tür zu, ohne nach draußen zu gehen.
In der Öffnung blieb sie stehen. Sie machte den Eindruck einer Person, die sich noch nicht entscheiden konnte, was sie tun sollte oder was nicht.
Erst mussten die Gedanken in die richtigen Bahnen gelenkt werden.
Auf der Straße war es ruhig. Kein Auto huschte vorbei. Kein Scheinwerfer erhellte die Nacht.
Es war die schweigende Finsternis, die die Umgebung einhüllte. Sie gefiel Laura.
Es war für sie wichtig, nachzudenken, um ihrem Trieb folgen zu können.
Trieb oder Botschaft? Sie begriff noch nicht, was nun richtig war. In ihrem Kopf tat sich etwas. Sie hatte das Gefühl, als hätte man mit ihr Kontakt aufgenommen, doch sie wusste nicht, wer es war, der sie da lockte. Lebte die Stimme in ihrem Kopf? Die Veränderte zitterte. Sie empfing eine Botschaft, und sie wusste auch, dass sie diese erfüllen musste. Leider war sie zu schwach, um alles zu verstehen.
Plötzlich verspürte sie keinen Drang mehr, das Wohnmobil zu verlassen.
Sie schloss sogar die Tür und ging mit müden Schritten in den Bereich des Fahrers. Dort nahm sie hinter dem Lenkrad Platz und drückte ihren Körper nach vorn.
Sie starrte durch die Scheibe, sie wollte sich auch im Spiegel ansehen, hob den Kopf, drehte ihn etwas und sah sich nicht. Kein Umriss im Innenspiegel. Das war ihr mehr als suspekt, aber sie musste sich daran gewöhnen. Laura brauchte nur ihre Erinnerung abzurufen, was ihr plötzlich nicht mehr schwerfiel.
Sie wusste auf einmal, dass sie besucht worden war. Da war ein Mann gekommen, ein Mann mit einer rötlichen Maske oder einem roten Gesicht. So genau war ihr das nicht in Erinnerung geblieben. Aber er hatte sich mit ihr beschäftigt, und sie wusste, dass er sich auf eine besondere Art mit ihr vergnügt hatte.
Fragmentartig tauchten die Bilder immer wieder vor ihrem geistigen Auge auf. Laura merkte zudem, dass es ihr immer besser ging und sie sich an die neue Existenz gewöhnte.
Und es kam noch etwas hinzu. Es gab keine Schmerzen. Sie spürte nichts dergleichen, obwohl ihr Hals an der linken Seite eingerissen worden war. Einen Druck gab es trotzdem in ihrem Kopf. Es hing mit dem Oberkiefer zusammen. Er schien sich nach vorn gedrückt zu haben, und als sie den Mund öffnete und mit dem Finger nachfühlte, da ertastete sie die beiden Spitzen.
Zähne! Neue Zähne waren ihr gewachsen!
Plötzlich verzog sich ihr Mund zu einem Grinsen. Schlagartig wurde ihr klar, wie sie die Zähne einzusetzen hatte.
Sie waren die Türöffner, um an das Blut der Menschen zu gelangen, das für sie so ungemein wichtig war.
Sie stellte sich vor, dass ihre beiden Zähne in den Hals eines Menschen hackten und eine Ader so perfekt trafen, dass aus ihr das Blut in den geöffneten Mund spritzte. Es ging alles automatisch, wie vorbereitet, und sie verspürte einen erneuten Stoß, den sie hinnahm, obwohl sie nicht wusste, wieso er sie traf. Irgendwo musste jemand sein und sie von der Ferne aus lenken, anders konnte sie es sich nicht erklären.
Laura hatte ein Ziel!
Sie wusste, dass sie es noch in dieser Nacht erreichen konnte. Und dort würde sie warten.
Laura startete den Wagen. Als Mensch hatte sie das geschafft, und als Vampirin schaffte sie es auch. Sie würde mit dem Wohnmobil zu dem Ziel fahren, das sie kannte, obwohl sie noch nie zuvor dort gewesen war.
Es war etwas Besonderes.
Sie schaltete die Scheinwerfer an. Alles musste so laufen wie immer.
Nur nicht auffallen, wenn sie blutdurstig durch die Nacht rollte, um zu großen Taten aufzubrechen…
***
Ich bin tot! Ich muss tot sein!
An etwas
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