1541 - Das himmlische Stück
Yeshki. „Sicher, das Wasser ist unvermeidlich ... Aber wir können uns dagegen schützen!
Deswegen werde ich im Lauf der nächsten Zeit Schutzmauern bauen lassen. Überall in der Kaverne Xiim, besonders auf den freien Flächen, legen wir feste Mauern an. Und wenn wir das Wasser hören, ist niemand zu weit von einem Schutz entfernt. Wir werden solange richtiges Verhalten üben, bis niemand mehr in Panik ins Freie rennt."
„Es ist unmöglich", beharrte Liir düster.
Yeshki wurde zornig. „Mir ist egal, was du denkst. Ich befehle dir, Liir, genauso wie die anderen mitzuhelfen."
Am nächsten Tag begann das Projekt.
Der Protek suchte zwanzig Stellen aus, an denen tiefe Gräben mit einem halben Meter Breite geschlagen wurden. Die Kaverne Xiim hallte lange Zeit von Gehämmer und Arbeitsgeräuschen wider.
Monate vergingen, bis die Fundamente aus dem Fels geschlagen waren. Monate, die viele Vyynyit das Leben kosteten.
Alles Weitere war rasch erledigt. Der ganze Stamm half mit, Mauern zu ziehen. Die Höhe der Wälle betrug zwei Meter, und jeweils dreißig Blues fanden dicht zusammengekauert dahinter Platz.
Yeshki bestimmte zehn erfahrene Krieger, die mit den Leuten das Verhalten bei Wasseralarm trainierten.
Mindestens einmal während jeder Arbeitsphase wurden die Vyynyit aufgescheucht; sie brachten sich hinter den Mauern in Sicherheit und versuchten, dem Wasser keine Angriffsfläche zu bieten.
Nun hieß es Geduld zu üben.
Doch der nächste Wassereinbruch ließ nicht lange auf sich warten. Yeshki hörte den Lärm, während er gerade in seinem Haus weilte.
Hinaus, dachte er. Nicht hier in diesem Raum ertrinken ...
Aber mit aller Gewalt unterdrückte er den Drang. Diesmal lag das Haus etwas abseits der heimgesuchten Schneise. Deswegen wurde er kaum naß. Gerade zehn Zentimeter seiner Zuflucht waren überschwemmt.
Draußen jedoch sah es anders aus. Das Getöse von Steinen, Wasser und Gerätschaften betäubte fast sein Hörvermögen. Die hauptsächliche Wucht brach sich an der Jungensiedlung, von dort aus stürzten die Wasser direkt in den Weltenspalt.
Vorsichtig wartete er das Ende des Einbruchs ab. Dann erst betrat er die Kaverne.
Eine Stunde dauerte es, bis er einen Überblick hatte. Und es sah verheerend aus: Trotz der Schutzmauern waren sechzig Blues gestorben.
Einer der Krieger berichtete: „Wir haben alles getan, was du gesagt hast, Protek! Zuerst war alles gut ..." Er zirpte schrill vor Aufregung und Schwäche. Sein blaues Körperfell war noch triefnaß. „Der ersten Welle sind wir entgangen. Aber dann, als das Wasser abfloß, wurde viele von uns durch den Sog mitgezogen. Sie sind alle tot."
Yeshki erkannte den grundlegenden Fehler im Konzept.
Was nützten seine Schutzmauern?
Auf diese Art jedenfalls herzlich wenig. Sie brauchten einen Schutz nach hinten ebenso wie nach vorn. Mit anderen Worten, die ganze Arbeit mußte ein zweites Mal getan werden.
Yeshki ließ seine Vyynyit noch einmal Fundamente ausheben. Das Murren der Leute nahm er sehr wohl wahr; und der Mangel an Vertrauen schmerzte ihn. Aber er glaubt an seine Ideen.
Er mußte recht behalten. Sonst wäre seine Zeit als Protek rascher vorbei, als für den Stamm gut war. Dann würde wieder die Macht der Traditionen Einzug halten.
Dieselbe Arbeit kostete die Vyynyit diesmal die doppelte Zeit. Am Ende jedoch stand hinter jedem Schutzwall eine zweite Mauer, die auch Halt nach hinten bot. Ein Blue konnte sich im Sog des Wassers nicht festhalten, Mauern aus Stein jedoch konnten es.
Eine Zeit lang geschah nichts. Nur die Vecú starteten zwei halbherzige Angriffe. Viele von ihnen blieben auf der Strecke - was allerdings die Vecú nicht besonders störte. Sie verfügten zwar über schlechte Mirtizzgründe, doch ihre Frauen waren fruchtbar.
Darin lag auch der Grund, warum es nie Gegenangriffe der Vyynyit gab. Der Stamm konnte sich keine überflüssigen Opfer leisten.
Wenige Tage später das Ergebnis: Yeshki war gerade auf dem Weg zu den Legestöcken. Als er die Mitte der Kaverne erreicht hatte, warnte ihn ein Geräusch ... Das Bersten von Felsgestein! Und er hörte Wasser.
Jetzt!
Einmal wirbelte er um die eigene Achse. Die nächste Schutzmauer stand in zwanzig Metern Entfernung.
Gemeinsam mit allen anderen Vyynyit in unmittelbarer Nähe spurtete er los.
Dahinten kam schon die Welle, sie führte losgerissene Felsbrocken mit sich und pflügte mit ungeheurer Wucht durch die Kaverne Xiim. „Kommt!" schrie er. „Ihr schafft es!"
Zwei Blues
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