1543 - Der Held von Sigris
zurück!"
Sie hatten ihr eine Kabine irgendwo in der Mitte des Schiffes zugewiesen. Dort suchte sie den hintersten Winkel auf und ließ sich auf die merkwürdig geformten Kissen sinken, die man aufgetürmt hatte.
Es war lächerlich. Wie hatte Pao-Si-Lam auch nur einen Augenblick denken können, daß das Muschelschiff tatsächlich in Gefahr war?
Sie lachte unterdrückt. Nein, sie kannte ihren Vater. Er wußte nicht, was gespielt wurde, und er war neugierig und sicherlich bereit, das Schiff bis nach - Truillau zu verfolgen, auch wenn ihm das nichts nützte. Hätte er es vorgezogen, endlich zu verschwinden, so wäre ihr das wie eine Erlösung vorgekommen. Sie hätte es psychisch nicht verkraftet, ihm schon wieder unter die Augen treten zu müssen. „Du weißt es nicht, aber ich habe die Phase der inneren Zerrissenheit überwunden", flüsterte sie in die Kissen. „Du kannst nicht mehr damit rechnen, mich mitten in einem Rückfall zu überraschen. Du wirst mich überhaupt nicht mehr überraschen, denn du wirst mich nicht mehr finden!"
Sie warf sich herum und barg das Gesicht in den Kissen. Ja, sie wollte weg, möglichst weit weg.
Sie hatte diesen Drang von Anfang der Intensiv-Phase ihrer Veränderung an in sich gespürt. Sie hatte immer geglaubt, vor jedem und vor allem weglaufen zu müssen.
Die Suche nach Wanderer war Ausdruck ihres Bemühens gewesen, irgendwo eine Welt und ein Universum zu finden, das groß genug war, um sie aufzunehmen. Sie hatte von Akkartil fliehen wollen, und sie hatte den Paranakk für ihre eigenen Zwecke benutzt. Alles, was sie damit erreicht hatte, war, daß sie dem Wanderer der Realzeit und damit den Menschen, die in der Realzeit lebten, immer näher gekommen war. Als sie es erkannt hatte, war sie zusammengebrochen. Ohne es sich recht bewußt zu sein, war sie in die Kabine ihres Vaters im Innern des Berges gegangen und hatte sich in seinen Kissen ausgeweint.
Perry war gekommen, und sie hatte ihre Reaktion auf seine Gegenwart geprüft. Und ihr war klargeworden, daß Sich nichts geändert hatte, daß es tatsächlich nur ein Rückfall war, ausgelöst durch die Begegnung mit sich selbst in der Gestalt eines Nakken. Sie hatte sich den Zwang zu dieser Verwandlung so intensiv eingeredet, daß sie bereits wieder daran gezweifelt hatte.
Und jetzt? Führte Willoms Tod wirklich dazu, daß sie einen neuen Schub in dieser evolutionären Veränderung erhielt? Oder bildete sie es sich nur ein?
Seit sie sich in der UURD-AY-NAAM aufhielt, waren ihre Beschwerden abgeklungen. Sie fühlte sich so normal wie in all den Jahrzehnten bisher, und doch gab es da tief in ihr einen Strang, eine Wurzel oder einen Ast, der nicht materiell war und den sie dennoch spürte. Er teilte ihren Körper in zwei Hälften, und die eine symbolisierte die Verbundenheit mit ihrer bisherigen Existenz in diesem Menschenkörper.
Und die andere?
Sie rechnete sie einem weit entfernten Universum zu, einem Bereich, der nichts mit dem zu tun hatte, was sie kannte. Es war der Bereich, aus dem die Nakken stammten, eine Welt aus 5-D, ein Raum mit übergeordneter Struktur, den ein Normalwesen nicht erfassen konnte.
Pao-Si-Lam meldete sich über Interkom. „Du hast recht behalten", teilte er ihr mit. „Rhodan hat den Rückzug angetreten. Unsere Schiffe sind eingetroffen und haben die Terraner verjagt. Jetzt müssen wir uns nicht lange mit der Reparatur der Muschel befassen. Sie wird von einem anderen Schiff ins Schlepptau genommen. Bald sind wir in Truillau!"
„Es ist gut. Ich freue mich darauf", erwiderte sie, aber ihre Stimme quoll nicht gerade vor Begeisterung über.
Sie klang, als sei Idinyphe nicht bei der Sache, und das traf voll und ganz zu. „Ich kann es kaum erwarten, den Bewahrer zu treffen. Wer ist er, Pao-Si-Lam?"
„Ich weiß es nicht!"
„Aber ich werde es bald wissen, hörst du? Ich werde nicht zu den Dienerkreaturen zählen, die für ein Phantom arbeiten!"
„Wir haben es nicht verdient, von dir gekränkt zu werden", beschwerte sich der Genormte, „Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint!"
„Wahrscheinlich sind alle Terraner so wie du, Idinyphe!"
Ehe sie eine geharnischte Antwort geben konnte, hatte er die Verbindung unterbrochen und überließ sie wieder sich selbst.
Was erwartete sie wirklich? Welche Macht steckte hinter dem vagen Begriff des „Bewahrers"?
Die Ferne lockte sie, das Fremde. Es war, als befände sie sich auf dem Weg in ihr Heim, zu ihrer Familie. Und dieses Heim stand nicht am
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