1544 - Der Monster-Killer
Worte erst verdauen. Es schössen ihm viele Gedanken durch den Kopf, welche er noch nicht in eine vernünftige Reihe bringen konnte. Eines allerdings stand fest.
Trotz seines verlorenen Auges war ihm eine zweite Chance offenbart worden. Ein neues Leben, ein neuer Weg, den er einfach einschreiten musste.
Er schaute an sich hinab und führte auch seine Hände am Körper nach unten. »So soll ich gehen?«
»Nein, ich habe alles vorbereitet. Und ich werde auch immer in deiner Nähe sein. Ich habe dich lange Zeit beobachtet, und so weiß ich, dass du der richtige Mensch bist.«
»Ich werde versuchen, mich als würdig zu erweisen.« In seiner Situation hätte Rankin alles versprochen, und er glaubte fest daran, dass nichts gelogen war, was ihm sein Schutzgeist mitgeteilt hatte.
Sein geheimnisvoller und auch irgendwie unwirklicher Besucher hatte ihm alles erklärt. So musste Rankin mit ansehen, wie sich die Gestalt zurückzog. Sie schwebte lautlos nach hinten und damit der Tür zu, die für Igor noch immer geschlossen aussah, was seinem Besucher jedoch nichts ausmachte. Er glitt hindurch, als wäre sie nicht vorhanden.
Zumindest hatte Rankin nicht gesehen, dass sie geöffnet worden wäre.
Dann war sein Helfer verschwunden.
Igor Rankin stand mit nackten Füßen auf der Erde. Er fror nicht, doch er fragte sich, ob er das Erlebte nicht geträumt hatte. So eine Gestalt konnte es eigentlich nicht geben, und trotzdem war sie vorhanden, wenn auch nicht zu begreifen.
Er wusste nicht, wie lange er schon auf der Stelle gestanden hatte. Zu spüren war das schmerzhafte Pochen und Ziehen in seiner rechten Augenhöhle. Auch daran hatte er sich gewöhnt und würde sich noch mehr daran gewöhnen. Es würde sein zweites, sein neues Leben ausmachen.
War die Tür offen?
Plötzlich schössen Rankin wieder die ganz normalen Dinge durch den Kopf Die Tür sah verschlossen aus, aber war nicht das Geistwesen durch sie verschwunden?
Alles bewegte sich. Nichts war mehr starr. Er schaute an seinem Körper hinab, tastete ihn gleichzeitig ab. Mit kaltem und heißem Wasser war er traktiert worden. Er hatte starke Schmerzen erlitten, doch seiner Haut war nichts geschehen.
Und so tat er das, was getan werden musste. Er stieß sich von der Wand ab und bewegte sich auf die Tür zu. Gehen konnte er ohne Hilfe, auch wenn er leicht schwankte. Aber die Normalität würde zurückkehren, davon ging er aus.
Er schaute nur die Tür an, die nach wie vor geschlossen aussah. Um seinen Mund herum zuckte es. Hinter dem Auge spürte er einen Druck, und er sah jetzt etwas, das ihm so etwas wie Hoffnung gab. Ein Flackerlicht, das unter der Türritze hervorschimmerte.
Er sah einen Griff, den er mit der rechten Hand umklammerte. Eine Sekunde später lachte er auf, denn die Tür war nicht mehr verschlossen.
Sein Blick fiel in einen Gang oder Flur, und er sah nicht weit entfernt das Licht auf dem Boden.
Auf einem großen Metallteller standen drei Kerzen, deren Dochte von Flammen umhüllt waren. Sie gaben dieses flackernde Licht ab, weil die Flammen von einem leichten Windzug gestreift wurden. Durch die Bewegungen schuf das Licht unheimliche Schattenfiguren, die an den Wänden wilde Tänze aufführten.
Es war alles so anders geworden. Niemand griff ihn an. Er stand allein in diesem fremden Gang, der vielleicht so etwas wie ein Stollen war und unter der Erde lag.
Mit seinen nackten Füßen schritt er auf die Lichtquelle zu. Unter seinen Sohlen hatte sich im Laufe der Zeit eine dicke Hornhaut gebildet, weil er es gewohnt war, barfuß zu laufen.
Bereits nach dem zweiten Schritt ging er nicht mehr weiter. Ihm war etwas aufgefallen. Hinter dem Metallteller stand ein alter Schemel. Auf ihm lagen die Kleidungsstücke. Und sie wurden von einem Gegenstand aus Metall auf die Sitzfläche gedrückt. Unter dem Stuhl entdeckte Rankin noch ein Paar Schuhe.
Die Kleidung war für ihn bestimmt. Er konnte sich vorstellen, wer sie ihm überlassen hatte. Sein Schutzgeist hatte eben für alles gesorgt.
Er umrundete den Stuhl, schaute tiefer in den Gang hinein, in dem die Dunkelheit lag, sodass er nicht erkennen konnte, ob sich dort jemand aufhielt. Es war auch nichts zu hören, und er fühlte sich sehr allein.
Zuerst griff er nach dem Gegenstand aus Metall. Sein Auge glänzte, als er ihn aus der Nähe sah und jetzt erkannte, dass es sich dabei um eine Waffe handelte. Es war keine normale Waffe. Sie war außergewöhnlich, und er dachte darüber nach, ob es sich um ein Kreuz
Weitere Kostenlose Bücher