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1548 - Orbit im Nichts

Titel: 1548 - Orbit im Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nachdrücklicher drängte sich ihm die Ahnung auf, daß er bei all der Datenfülle, die ihm zur Verfügung stand, immer noch nicht genug Informationen hatte. Er hatte einen Algorithmus entwickelt, der es ihm ermöglichen würde, den Wanderer-Orbit zu berechnen - sobald ihm der erforderliche Input zur Verfügung stand. In einem Anflug von Unbescheidenheit, wie er ihn manchmal ankam, hatte er den Algorithmus auf den Namen ALGOMYLES getauft. ALGOMYLES war das letzte Glied in einer langen Kette von Analyse- und Verarbeitungsprogrammen. Sie reduzierten den Wust von Daten, der bei der Beobachtung zahlreicher Manifestationen des echten Wanderer sowie mehrere Fiktivversionen der Kunstwelt zusammengetragen worden war, auf einen Satz von 625 Koeffizienten. Die Koeffizienten verkörperten die Eingabedaten für ALGOMYLES, und der Algorithmus wiederum hatte daraus fünf fünfdimensionale Vektoren zu errechnen, die die Bahn der Kunstwelt Wanderer im Standarduniversum beschrieben.
    Ereignisse im Standarduniversum zeichnen sich in der mathematischen Darstellung dadurch aus, daß die Strangeness-Komponente in jedem der zur Beschreibung des Ereignisses erforderlichen Vektoren den Wert null hat. An dieser Hürde war Myles Kantor bisher gescheitert. Er konnte dem System der Verarbeitungs- und Analyseprogramme Daten füttern, wie er wollte: ALGOMYLES produzierte mit ermüdender Hartnäckigkeit Vektoren mit Strangeness-Werten größer als Null. Zwar war der Unterschied nicht erheblich - gewöhnlich war erst die sechste Dezimalstelle betroffen -, aber jegliche Art von Diskrepanz, und sei sie noch so geringfügig, wies darauf hin, daß das Ereignis, dessen Koordinaten der Algorithmus errechnet hatte, nicht dem Standard-, sondern irgendeinem nahe gelegenen Paralleluniversum angehörte.
    Ursprünglich hatte Myles Kantor die Suche nach der Kunstwelt noch mit einer Alternativmethode betrieben. In seinem Besitz - besser gesagt: in der Obhut des Projekts - befanden sich alle Fundstücke, die bisher an Orten, an denen ES bislang ein Zeichen oder eine Botschaft hinterlassen hatte, aufgesammelt worden waren. Dazu gehörten ein winziges Fragment des „himmlischen Stücks" von Chirxiil ebenso wie der Colt Marke „Peacemaker", den ein an Herz und Seele gebrochener Gucky von Xamandor mitgebracht hatte.
    Es gehörten auch immaterielle Funde dazu wie zum Beispiel die Botschaft, die der Hypersender der Kosmischen Hanse auf dem Planeten Sorbat gespeichert hatte, dann die Krankengeschichte der Hanse-Mitarbeiter Armin Luebold und Lena Grispin, die auf der Medowelt Tahun in Therapie lagen, nachdem sie auf Punam mit der Intelligenzmaschine in Berührung gekommen waren, und schließlich der Bericht des Hanse-Kontorleiters von Palpyron, Morken Kattusch. Dieser letztere war wohl unter den immateriellen Fundstücken das bedeutendste.
    Denn aus Morken Kattuschs Beschreibung ging eindeutig hervor, daß es sich bei dem sogenannten Wünsche-Erfüllungs-Recycler, der so unversehens auf Palpyron materialisiert war, um ein Gebilde handelte, das dem Physiotron von Wanderer bis in die letzte Einzelheit glich. Myles Kantor hatte das geheimnisvolle Objekt mit Hilfe einiger Computer-Simulationen bildlich rekonstruieren können. Es bestand somit kein Zweifel mehr daran, daß die Fundobjekte von der Superintelligenz ES hinterlassen worden waren - wer sonst hätte von dem „Peacemaker" Colt wissen können oder davon, wie das Physiotron beschaffen war? Es war auch jedermann klar, daß die Dinge, die ES hinterließ, als Hilferufe zu verstehen waren. Das Überwesen befand sich in Not. Es wollte gefunden werden, und die Fundgegenstände, oder vielmehr die Koordinaten der Orte, an denen man sie aufgelesen hatte, stellten die Abdrücke einer Fährte dar, der man nur mit dem nötigen Sachverstand zu folgen brauchte, und schon würde man Wanderer mitsamt seinem geheimnisvollen Bewohner, ES, finden.
    Diesen Sachverstand hatte Myles Kantor zu entwickeln versucht. Dabei war ihm rasch klargeworden, daß zumindest eine der Hypothesen, die bisher der Suche nach der Superintelligenz zugrunde gelegen hatten, über Bord geworfen werden müsse. Das sonderbare Verhalten des Kunstplaneten Wanderer war in der Vergangenheit damit erklärt worden, daß Wanderer - ein und derselbe Wanderer, wohlgemerkt - zwischen der aktuellen Wirklichkeit und parallelen Wirklichkeiten hin und her hüpfe. Myles Kantor hatte daraufhin die materiellen Fundstücke, also das winzige Fragment des himmlischen Stücks und

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