1549 - Brennpunkt Wanderer
doch besser, wenn du uns sagtest, was mit dir los ist."
„Ich bin euch keine Rechenschaft schuldig", antwortete Tekener. „Ich habe euch nicht gebeten, mit mir zu kommen."
„Was willst du denn auf eigene Faust erreichen?" erkundigte sich Adams.
Tekener antwortete nicht sofort. Er wirkte ungewöhnlich verkrampft. Aber auf einmal entspannte er sich. „Okay", sagte er und atmete aus. „Ich habe keine klare Vorstellung von dem, was ich erwarte. Es ist nur so eine Idee. Ellerts und Testares Schicksal hat mich darauf gebracht."
„Du meinst, daß sie in ES aufgegangen sind, das hat dich auf eine Idee gebracht?" fragte Adams. „In der Tat, ja", sagte Tekener ruhig; er wirkte nun wieder völlig gelassen. „Vielleicht ist es eine Schnapsidee.
Sagt mir eure Meinung."
„Was ist das für eine Idee?"
„Es war schon einmal so, daß ES Hilfe brauchte", erklärte Tekener. „Damals konnte ES geholfen werden, indem sich eine Reihe von Personen opferte und in ES aufging. Erinnert euch der Altmutanten, Ribald Corellos, Takvorians und der anderen. ES ist dadurch gestärkt und gefestigt worden. Vielleicht braucht ES wieder so ein Opfer. Ellert und Testare haben den Anfang gemacht.
Aber sie sind wohl nicht genug."
„Das ist wirklich eine Schnapsidee!" sagte Julian Tifflor im Brustton der Überzeugung. „Wieso bist du dir da so sicher?" wollte Tekener wissen. „Kannst du es mir erklären, Tiff?"
„Damals herrschten andere Voraussetzungen ...", begann Tifflor, aber Tekener unterbrach ihn: „Das ist kein Argument! ES braucht Hilfe. Egal, durch welche Umstände ES in diese Verwirrung gestürzt wurde, so kann ihm heute ebenso wie damals durch zusätzliches geistiges Potential geholfen werden. Ellerts und Testares Aufgehen in ES bestätigt mich in meiner Überzeugung."
„Hast du Jennifers Tod noch nicht verkraftet?" fragte Adams. „Könnte es sein, daß eine unbewußte Todessehnsucht der Vater dieses Gedankens ist?"
Tekener steuerte den Shift mit unverminderter Geschwindigkeit auf das sich rasch aufblähende Schirmfeld von Wanderer zu. „Ich wiederhole, daß ich euch nicht als Testpersonen für meine Theorie eingeladen habe", sagte er. „Aber da ihr nun schon mal an Bord seid, habt ihr euch verpflichtet. ES braucht jedes Opfer, das es bekommen kann."
„Du bluffst!" sagte Adams überzeugt. Tifflor warf ihm einen zweifelnden Blick zu, aber der Hansechef winkte ab.
Tekener gab keine Antwort. Der Energieschirm von Wanderer füllte bereits die gesamte Front des Panoramafensters der Kanzel aus - ohne daß Tekener die Geschwindigkeit drosselte. „Gleich ist es soweit!" sagte Tekener mit tödlicher Ruhe. „Ich bringe euch sicher zu ES!"
„Nein, tu es nicht, Tek!" konnte Tifflor noch rufen, dann kam es zur Kollision. Ein Blitz zuckte auf und hüllte den Shift ein. Aber es fand kein Aufprall statt, der Shift wurde nicht in Trümmer gerissen, nicht einmal erschüttert.
Eine Weile glitten sie durch die Sonnengrelle, dann stürzte urplötzlich wieder die Schwärze des Alls über sie herein. Jetzt erst merkten sie an den rotierenden Leuchtpunkten der Sterne und dem ins Bild rollenden Wanderer-Schirmfeld, daß der Shift trudelte. „ES hat dein Opfer nicht gewollt, Tek", sagte Adams; jetzt erst wagte er es, tief durchzuatmen. „Du hast doch nur geblufft."
Tekener drehte sich zu ihm, das typische Smiler-Lächeln auf den Lippen. „Die Sache war zumindest einen Versuch wert", sagte er. „Ich glaubte, ich könnte ES überzeugen, wenn ich nur fest daran dachte. Aber es scheint, daß nicht einmal ich ES bluffen kann."
„Die andere Möglichkeit wäre die, daß ES ein solches Opfer gar nicht annehmen will - oder kann", meinte Adams. „Hoffentlich haben wenigstens die anderen den Durchbruch geschafft."
„Keine Chance", erklärte Tekener und wies auf seine Instrumente. „Ich habe den anderen Shift in der Ortung."
Er aktivierte den Interkom und sagte in gespieltem Zynismus: „Es beruhigt mich beinahe zu sehen, daß ihr auch nicht mehr Glück hattet als wir, Perry."
Es kam keine Reaktion. „Irgend etwas stimmt an Bord des anderen Shifts nicht", stellte Tekener fest. „Ich steige aus und sehe drüben nach dem Rechten."
Er befahl dem Syntron, längsseits des anderen Shifts zu gehen, schloß seinen SERUN und begab sich zur Schleusenkammer.
Inzwischen hatte Adams ebenfalls versucht, Verbindung mit dem anderen Shift aufzunehmen, aber mit dem gleichen Erfolg wie Tekener. „Ich gehe jetzt hinüber", hörten sie Tekener
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