1551 - Das Vampirhaus
Stellung.«
»Keine Sorge.«
Harry Stahl verließ die Küche und danach das Haus. Die Stille im Ort kam ihm noch dichter vor als sonst.
Es war keine Stimme zu hören.
Blunka schien eingeschlafen zu sein. Die Dunkelheit der Nacht hatte sich in den Straßen und Gassen ausgebreitet, und kein Mensch ließ sich blicken. Selbst die Lichter hinter den Fenstern schienen nicht mehr so hell zu leuchten.
Harry kam sich vor, als hätte man ihn in einer fremden und feindlichen Welt ausgesetzt.
Er schritt die Straße hinab, die ganz leicht bergab führte. Niemand kam ihm entgegen. Es flog auch kein Geschöpf durch die Luft. Weder ein Vogel noch ein Vampir.
Harry schaute auch nach rechts und links in die Gassen hinein, um sich zu orientieren. Er sah nirgends eine Bewegung. Ihm fiel nur der Turm der kleinen Kirche auf, die erhöht am Hang stand und um die herum sich der Friedhof befand, wie ihm Laura Kendic gesagt hatte.
Bei dem Gedanken blieb er stehen.
Friedhöfe waren für Vampire schon immer interessant gewesen.
Er überlegte, ob er den Weg dorthin einschlagen sollte. Doch dann entschied er sich anders. Wenn er das tat, musste er die Mitte des Dorfes verlassen. Außerdem suchten die Flugvampire nach lebenden Menschen und würden sich in dieser Nacht nicht um die Toten kümmern.
Er warf einen letzten Blick auf den Kirchturm und wollte sich schon wegdrehen, als ihm etwas auffiel.
Die Spitze sah verändert aus. Er entdeckte kein Kreuz dort und auch keinen Wetterhahn, aber etwas Kompaktes schon, das seiner Meinung nach nicht dorthin gehörte.
Was war das?
Seit Harry sich hier in Blunka aufhielt, war er sensibilisiert.
Sein Gefühl sagte ihm, dass er noch etwas warten sollte.
Mit der Dunkelheit war auch die Kälte gekommen. Das heißt, sie hatte zugenommen, er spürte, wie sie durch seine Schuhe in die Füße kroch.
Sie strich auch über seinen Nacken hinweg, und er stellte den Kragen der Jacke noch höher.
Es passierte urplötzlich.
Vom Turm der kleinen Kirche löste sich etwas Dunkles und recht Großes. Im ersten Moment sah es aus wie ein Klumpen, dann, wenige Sekunden später, erlebte Harry die Veränderung.
Aus dem Klumpen wurde eine Gestalt mit zwei Schwingen, die nicht mal ihren Kurs zu ändern brauchte, denn sie flog auf den Ort zu.
Harry Stahl hatte das Gefühl, sich ducken zu müssen, was nicht nötig war, denn das Flugmonster war in die Schatten zwischen den Häusern eingetaucht.
Harry hatte es aus den Augen verloren, aber eines stand für ihn fest: Die nach Blut gierende Bande war unterwegs, um sich Opfer zu holen. Und sie würde sich satt trinken wollen. Auch wenn Harry nur eine Gestalt gesehen hatte, es würde noch weitere geben, auf die er sich einstellen musste.
Wo flog diese hin? Welches Ziel hatte sie?
Wenn er sich vorstellte, dass die Kreatur ihre Flugrichtung beibehielt, dann musste er keine Angst davor haben, dass sie das Haus der Kendics besuchte.
Es gab genügend andere in Blunka, in denen Menschen lebten, die völlig ahnungslos und auch unschuldig waren.
Harry steckte in der Zwickmühle. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.
Durch die wenigen kleinen Gassen gehen und nach den Flugvampiren Ausschau halten oder hier an einem zentralen Ort warten?
Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als er in der Nähe, aber für ihn noch nicht sichtbar, das Geräusch der sich bewegenden Schwingen hörte.
Er drehte sich auf der Stelle und sah erst mal nichts. Bis plötzlich ein Schatten mit weit ausgebreiteten Schwingen aus dem schwarzen Himmel nach unten sackte und einige Meter vor ihm landete.
Der Flugvampir war da!
Harry Stahl zog seine Waffe…
***
Ich hatte Zeit. Nicht viel, aber immerhin. Deshalb unternahm ich zunächst einmal nichts.
Verdächtige Geräusche drangen nicht mehr an meine Ohren, sodass mir der Gedanke kam, der Flugvampir hätte das Weite gesucht.
Das war jedoch nicht der Fall, denn ich hörte ein leises Stöhnen, das nicht von dem Vampir abgegeben worden war.
Was war da draußen passiert?
Hatte ich mich falsch verhalten?
War das Monstrum gleich nach der Landung vor dem Haus über den armen Menschen hergefallen?
Mein Gefühl sprach dagegen. Ich konnte es mir nicht vorstellen.
Ich war mir fast sicher, dass der Blutsauger sein Opfer in das Haus schaffen würde, um es dort leer zu trinken. Und wenn das eintrat, war die Überraschung auf meiner Seite.
Ich bewegte mich noch etwas weiter zurück und lauerte. Dabei hoffte ich, dass die nicht vollständig geschlossene
Weitere Kostenlose Bücher