1553 - Der Feind aus dem Dunkeln
hatte.
Während er lief, hämmerte eine Frage in seinem Kopf.
Wie war es möglich, dass jemand lebte, in dessen Körper sich Schlangen angesammelt hatten?
Er war nicht in der Lage, sich darauf eine Antwort zu geben, aber die Rätsel der Welt waren eben groß.
Weiterlaufen!
Ab und zu den Blick über die Schulter werfen, ob die Schlangen schneller waren als er. Bisher war nichts zu sehen. Es bewegten sich durch das Feuer auch zu viele Schatten über den Boden und an den Wänden entlang.
Der Eingang befand sich vor ihm. So konnte er erkennen, wo diese falsche und zuckende Dämmerung endete und das Licht des Tages begann, denn der Türausschnitt war ein hellerer Fleck. Auf den letzten Metern legte Godwin noch an Geschwindigkeit zu und schaffte es tatsächlich, aus dem Haus zu flüchten, bevor die ersten Schlangen ihn erreichten und ihn beißen konnten.
Keuchend und völlig nass geschwitzt stolperte er ins Freie, übersah einen Toten und verlor das Gleichgewicht. Er rollte sich noch ab, bevor er auf dem staubigen Boden liegen blieb. Er hörte Hufgetrappel, richtete sich halb auf und schaute nach vorn.
Dort ritten seine Männer herbei. Eine Gruppe von sechs Rittern. Zwei halfen mit, ihren Anführer auf die Beine zu stellen.
»El Shadd!«, rief einer.
»Was ist mit ihm?«
»Wir sollten ihn vergessen.«
Die Männer wunderten sich, doch niemand wagte es, auch nur eine Frage zu stellen.
Sie brachten Godwin ein Pferd. Er schwang sich auf dessen Rücken und ritt davon.
Einen letzten Blick warf er noch zurück. Er sah das Haus und dachte daran, dass er es nicht geschafft hatte, El Shadd zu vernichten. Dafür hatte er sein Leben retten können.
Vergessen würde er den Magier und Dämon aber nie…
***
Sophie Blanc schaute ihrem Mann aus weit geöffneten Augen ins Gesicht. Das Erstaunen darin war nicht zu übersehen, und sie fragte: »Ist das alles gewesen?«
»Ja, das war alles«, flüsterte Godwin. Er strich mit beiden Händen durch sein Gesicht. Die Erzählung hatte ihn angestrengt, und auch jetzt musste er Schweiß von seinem Gesicht wischen.
»Dann lebt er also.«
De Salier hob die Schultern. »Wir müssen leider davon ausgehen. Du hast ihn gesehen und somit meine verschüttete Erinnerung wieder an die Oberfläche geholt.«
»Das habe ich nicht gewusst«, flüsterte sie und ließ ihre Arme hängen. »Es ist furchtbar, einfach schrecklich, dass sich der Horror über all die Jahrhunderte gehalten hat.«
»Er hat nichts vergessen.« Godwin nickte. »Und er ist zurück, an einem ganz anderen Ort, in einem fremden Land.«
»Aber wer ist er genau?«
»Ich kann es dir nicht sagen.«
»Wie hat er so lange überlebt?«
Godwin breitete die Arme aus. »Ich kann mir nur vorstellen, dass er kein Mensch ist, sondern ein Dämon.«
Sophie runzelte die Stirn. »Also kein Magier?«
»So ist es.«
Es entstand eine Schweigepause, bis Sophie die richtigen Worte gefunden hatte und sie in eine Frage kleidete. »Bist du in der Lage, einen Dämon zu stoppen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Das dachte ich mir, Godwin. Aber es gibt jemanden, der sehr wohl in der Lage ist, das zu tun.«
»John Sinclair, meinst du?«
Sie beugte sich vor. »Bitte, Godwin, ruf ihn an, auch wenn es mitten in der Nacht ist. Aber es ist in unserem aller Interesse. Das steht fest.«
Der Templer nickte. Den Würfel legte er wieder zurück und vertauschte ihn mit dem Telefonhörer…
***
Bei mir klingelte kein Postmann, sondern das Telefon. Und das auch nicht zweimal, sondern öfter. Es war der Nerven tötende Störenfried, der in meinen Schlaf hineinsägte und einfach nicht aufhören wollte. Widerwillig bewegte ich mich in meinem Bett und hob fluchend ab. Dabei fiel mein Blick auf die Uhr.
Die zweite Morgenstunde war gerade angebrochen. Wer mich um diese Zeit störte, musste schon gute Gründe haben. Vielleicht hatte sich auch jemand verwählt, aber daran glaubte ich nicht so recht.
Ich nuschelte etwas, das sich wie »Sinclair« anhörte, und vernahm eine Männerstimme.
»Ich habe dich gestört, nicht?«
»Ja.« Im Moment begriff ich nicht, um wen es sich bei dem Anrufer handelte.
»Tut mir leid, ich…«
Da fiel bei mir die Klappe. »He, du bist es, Godwin! Oder träume ich vielleicht?«
»Nein, du träumst nicht.«
»Und weiter?« Ich richtete mich auf. »Wie ich dich kenne, rufst du nicht zum Spaß an oder willst nur wissen, ob ich fest geschlafen habe.«
»Nein, das nicht.«
Ich hatte schon am Klang der Stimme gehört, dass es ihm
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