1553 - Der Feind aus dem Dunkeln
müssen. Wie ein kleiner Junge, der nur noch Angst hat. Diese schwarzen Schlangen sind für mich ein Trauma. Sie versinnbildlichen das Böse. Die Schlange ist das Böse schon seit alters her. Das hat sich nicht geändert. In El Shadds Körper lebten die Schlangen. Also ist er schlecht, böse, abgrundtief verdorben. Man kann ihn auch als den Teufel bezeichnen.«
»Der Teufel hat viele Namen, das stimmt schon. Warum sollte er nicht als El Shadd auftreten? Einer wie der Höllenherrscher versteckt sich hinter unzähligen Masken. Aber El Shadd kann auch ein Dämon sein, der in einem hohen Rang in der Hierarchie der Hölle steht. Die Mächte der Finsternis sind unzählig. Das habe ich mal von John Sinclair gehört.«
»Womit er leider recht hat.«
»Klar.«
Sophie lächelte. »Aber wir sind dazu ausersehen, gegen sie anzukämpfen. Und darüber freue ich mich schon, wenn ich ehrlich sein soll. Und ich bin ein wenig stolz darauf.«
»Das kannst du auch, Sophie.«
»Und du ebenfalls.«
Godwin lächelte. Es hatte ihm gut getan, diese Aufmunterung zu hören, denn seine Stimmung hatte sich im Keller befunden. Eine Konfrontation mit diesem Teil seiner Vergangenheit war nicht so leicht zu verkraften.
»Er ist da, Sophie, wir wissen es. Wir wissen nur nicht, wo er sich aufhält. Und das ist die Tragik. Ich habe ihn nicht stellen können. Er spielt mit uns, und wir müssen uns dieses Spiel aufzwingen lassen.«
»Wie meinst du das?«
Der Templer drehte sich um, damit er seine Frau anschauen konnte. »Ja, so sehe ich das. Er zeigte sich uns. Er wollte damit sagen, dass man ihm nichts anhaben kann. Dass er sich rächen wird. Dass er nicht vergessen hat, was damals in Damaskus geschah. Ich bin ihm nahe gekommen. Ich habe ihm mein Schwert in den Leib gerammt. Glaubst du denn, dass er so etwas je vergessen hat?«
»Nein.«
»Das glaube ich auch nicht. Und deshalb ist er hier. So wird es in seinem Kopf nur einen einzigen Plan geben. Er wird Rache nehmen, und das nicht nur an uns, sondern auch an den Menschen, die um uns herum sind.«
Sophie erwiderte zunächst nichts. Sie hing ihren Gedanken nach. Sie wollte von einer Theorie sprechen, aber das kam ihr nicht über die Lippen. Wie leicht hätte aus der Theorie Wirklichkeit werden können. Dazu brauchte es nur einen kleinen Schritt. Und sie lebten nicht allein in diesem Kloster. Sie trugen die Verantwortung für zahlreiche Menschen, die hier eine Heimat gefunden hatten und so etwas wie ein Bollwerk gegen das Böse bildeten.
Von feindlichen Bollwerken hatten auch die Kreuzritter gesprochen. Sie hatten sie zertrümmern müssen. Dabei hatte es zahlreiche Tote gegeben, und wenn El Shadd Gleiches mit Gleichem vergelten wollte, dann konnte man von ihm keine Rücksicht erwarten.
»Woran denkst du, Godwin?«
Er seufzte. »Eigentlich an so vieles.«
»Nein, du denkst an etwas Konkretes.«
»Stimmt. Ich habe darüber nachgedacht, ob es nicht besser ist, wenn wir das Kloster räumen.«
Ihre Augen weiteten sich. »Und dann?«, hauchte sie.
»Sind unsere Freunde außer Gefahr. Es wird El Shadd nicht nur um uns gehen, er wird auch unsere Freunde nicht in Ruhe lassen. Auch wir haben damals seine Verbündeten aus dem Weg geräumt, und wir sind dabei nicht zimperlich gewesen. Das hat er nicht vergessen und wird entsprechend handeln. Ich gehe davon aus, dass es sehr bald sein wird. Er hat sich nicht grundlos gezeigt.« Godwin verengte die Augen. »Er wird sich rächen. Er wird uns Leben für Leben zurückzahlen, und so weit will ich es nicht kommen lassen.«
»Was hast du vor?«
Godwin schaute seine Frau an. Er holte durch die Nase tief Luft. »Ich kann es dir genau sagen, auch wenn es mir schwer fällt. Ich werde versuchen, ihn zu locken. Ich werde ihm klarmachen, dass die Verantwortung einzig und allein an mir liegt und an keinem anderen. Dann werden wir den Kampf fortführen, den wir in der Vergangenheit begonnen haben, und es wird kein Zurück mehr geben.«
»Du allein?«
»Ja!«
Sophie schüttelte den Kopf. »Nein, Godwin, das wird nicht klappen. Ich werde dabei sein. Außerdem hast du John Sinclair Bescheid gesagt. Da sind wir schon mal zu dritt und…«
»Sorry, aber ich werde nicht so lange warten.« Er deutete auf das Fenster. »Ich werde hinausgehen und ihn in der Dunkelheit erwarten. Noch in dieser Nacht. So ergibt sich vielleicht eine Möglichkeit, unsere Freunde und das Kloster zu retten.«
»Falsch, Godwin, völlig falsch. Ich werde alles tun, um dich davon
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