1553 - Der Feind aus dem Dunkeln
nicht eben super ging, und fragte sofort: »Wo drückt der Schuh?«
»Auf allen Zehen.«
»Hört sich nicht gut an.«
»Das ist es auch nicht«, erklärte er. »Man kann es als beschissen bezeichnen.«
»Dann höre ich.«
Ich war jetzt voll wach. Und ich wurde noch wacher, als ich die Geschichte hörte, die hinter dem Anruf steckte.
Manch einer hätte sie als unglaublich abgetan, aber das galt nicht für mich. Ich hörte aufmerksam zu und bekam einen kalten Nacken, als ich von dem Besuch aus der Vergangenheit erfuhr.
»Dieser El Shadd ist also nicht tot?«
»Es sieht so aus. Wobei sich die Frage stellt, wie er es geschafft hat, zu überleben.«
»Ja, das ist die Frage«, gab ich zu. »Aber so, wie es bei dir gewesen ist, kann für ihn wohl nicht zutreffen.«
»Das weiß ich nicht. Aber eine Zeitreise wird er schon hinter sich haben.«
»Und er hat euch nicht angegriffen?«
»Nein. Aber Sophie hat ihn als Erste im Garten stehen sehen. Ich habe dann den Würfel befragt, und der hat ihn mir gezeigt. Es gibt ihn also tatsächlich, und er wird sich nicht damit begnügen, uns zu erschrecken.«
»Okay, ich bin fast schon unterwegs. Was kannst du mir noch über ihn sagen, Godwin?«
»Nicht viel mehr. In der Vergangenheit bin ich vor ihm geflüchtet, was mir noch jetzt sauer aufstößt. Aber es musste so sein, tut mir leid. Jetzt werde ich nicht mehr flüchten. Das Problem muss ein für alle Mal aus der Welt geschafft werden, und das wird wahrscheinlich nur mit deiner Hilfe gehen.«
»Okay, ich komme.«
»Danke, John.«
Ich lachte. »Es wird mal wieder Zeit, dass wir uns sehen. Und wenn es gegen so alte Feinde geht, bin ich gern dabei.«
Kurz nach dieser Antwort war ich bereits auf dem Weg zur Dusche. Von Müdigkeit verspürte ich kaum noch etwas, und den Rest spülte das heiße Wasser weg…
***
»Und?«, fragte Sophie Blanc, die mitgehört hatte.
»John kommt!«
»Super. Und wann?«
»So schnell wie möglich. Ich gehe davon aus, dass er wie immer bis Toulouse fliegt und dort einen Leihwagen nimmt. Dann kann er heute noch vor Einbruch der Dunkelheit hier eintreffen.«
Sophie lächelte. Es tat ihr gut, das zu hören. Da hatte die dunkle Welt wieder einen Lichtschimmer bekommen.
Sie konnte nicht anders handeln, stand auf und umarmte ihren Ehemann.
»Es wird schon alles in Ordnung gehen«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Ich glaube fest daran.«
»Ja, mit Johns Hilfe packen wir es.«
Gedankenverloren streichelte Godwin das Haar seiner Frau. Im Innern spürte er eine Unruhe, die einfach nicht weichen wollte. Er hatte zudem die Erzählungen aus der Vergangenheit noch nicht verkraftet. Die Bilder tauchten immer wieder vor ihm auf, und er dachte auch an die kleinen schwarzen Schlangen, die ihn verfolgt hatten.
Dieser El Shadd war kein Mensch, das stand für ihn fest. Er wusste nicht, wie er ihn bezeichnen sollte. War er ein Monster? War er ein Dämon? Auf jeden Fall kein Mensch und auch kein Magier.
Sophie merkte, was mit ihm los war.
»Du bist nicht locker«, stellte sie fest.
»Stimmt. Mir geht die Erinnerung nicht aus dem Kopf. Es ist alles so furchtbar. Ich habe das Gefühl, es erst gestern erlebt zu haben. Die Vergangenheit kann man nicht töten. Man kann sie für eine Weile vergessen, das ist aber auch alles.«
»Du hast wahrscheinlich das Gefühl, dass da etwas ist, das du noch erledigen musst - oder?«
»Ja, das habe ich. Man hat mir eine Rechnung präsentiert. So und nicht anders ist es.«
»Okay. Stellen wir uns der Vergangenheit. Wir sind ja nicht allein.«
Der Templer stand auf. Er hatte die Worte seiner Frau sehr wohl verstanden. Er hatte auch die entsprechende Antwort darauf.
»Es ist mir nicht angenehm, dass ich John Sinclair bitten musste, zu uns zu kommen.« Heftig schüttelte er den Kopf. »Das kannst du mir glauben. Ich fühle mich wirklich nicht gut dabei.«
»Er ist dein Freund.«
»Trotzdem.«
»Er hat uns schon oft zur Seite gestanden.«
Godwin de Salier nickte. »Ja, ich weiß. Ich weiß es genau. Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt. Ich komme mir selbst fast wie ein Verlierer vor, dass ich so reagiere. Ich muss solche Dinge auch mal allein angehen.«
»Das tust du doch.«
»Nicht immer, Sophie. Auch heute nicht. Aber der Anblick El Shadds hat mich geschockt. Die Erinnerung war weg, jetzt ist sie wieder da, und sie hat mich an eine bittere Niederlage erinnert.«
»Wieso das?«
»Ich habe es nicht geschafft, El Shadd zu vernichten. Ich habe vor ihm fliehen
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