1554 - Der Zombie-Mönch
Recorder.
»Ich möchte Ihnen einen kurzen Film zeigen, der Sie bestimmt nicht langweilen wird. Es gibt nur eine Hauptperson, und das ist Germaine. Ich habe ihn zum Mönch gemacht. Ich habe ihm die Kutte gegeben, aber er ist nicht als Mönch zu mir ins Kloster gekommen. Er war ein Mann, der einen anderen Weg ging, der den Teufel suchte, ihn auch fand und danach nicht mehr zurechtkam. Ich nenne ihn den Zombie-Mönch, weil er eigentlich mehr Zombie als Mensch ist, obwohl er nicht aus einem Grab kletterte, um Menschen zu töten. Es gibt durchaus auch andere Wege, um zu dem zu werden, was er ist.«
»Wir sollen uns also das Porträt des Killers anschauen, der Ihre fünf Brüder auf dem Gewissen hat!«
»Sagen Sie nicht Killer. Lassen Sie es beim Bestrafer.«
»Wie Sie wollen.«
Der Abt nickte.
»Gut dann können wir beginnen«, sagte er mit Flüsterstimme und schaltete den DVD-Recorder ein.
Wir saßen still in den Sesseln. Das traf auch für David Hume zu, dem allerdings die Anspannung deutlich anzumerken war. Von seiner Stirn hatten sich Schweißtropfen gelöst und rannen in schmalen Bahnen an seinen Wangen entlang. Er wischte sie nicht weg. Anscheinend traute er sich nicht, auch nur eine Bewegung zu machen.
Der Bildschirm erhellte sich. Zunächst waren nur ein paar helle Streifen zu sehen, bis das Bild erschien.
Es war dunkel im Hintergrund, aber uns interessierte nur die Figur, die deutlich sichtbar im Vordergrund stand.
Es war Germaine, der Zombie-Mönch!
***
»Warten Sie noch«, flüsterte der Abt in die Stille hinein, »es geht gleich los.«
Ich für meinen Teil hatte gar kein Interesse daran, etwas zu sagen. Viel lieber konzentrierte ich mich auf die Gestalt, die angeblich den Dualismus überwunden hatte und jetzt beides war - gut und böse.
Aber konnte das stimmen?
Ich hatte nicht den Eindruck, dass dieses Gesicht einem lebenden Menschen gehörte. Es war so starr. Ich kannte den Ausdruck von zahlreichen Leichen her, und dazu zählten auch die Augen, die so völlig leblos wirkten und einfach nur künstlich aussahen.
Eine Stimme drang aus dem Off. Sie war an den Zombie-Mönch gerichtet.
»Du verhältst dich so wie immer. Zeig mir doch mal, was in dir steckt und wen du besucht hast.«
Durch die starre Gestalt ging ein Ruck, als wäre eine Marionette bewegt worden.
Dann schüttelte Germaine kurz den Kopf, und tief in seiner Kehle entstand ein unheimlich klingendes Geräusch. Er hatte dabei den Kopf leicht gedreht. Jetzt aber wandte er ihn wieder der Kamera zu, und wir schauten in sein Gesicht.
Es hatte sich verändert.
Weg war die Starre.
Dafür entdeckte ich einen anderen Ausdruck in seinen Augen. Er war nur schlecht zu beschreiben, aber man konnte ihn spüren, wenn man die Erfahrungen hatte wie ich. Und mir fiel die zutreffende Beschreibung in den folgenden Sekunden ein.
Es war der Glanz der Hölle!
Auf eine bestimmte Weise konnte man ihn als menschenverachtend bezeichnen.
Jeder, der sich auf diesen Blick einließ, würde vor ihm davonlaufen.
Erneut erklang die Stimme aus dem Off.
»Erzähle, was du erlebt hast, mein Freund. Und wo du gewesen bist.«
Die Antwort erfolgte knapp und klar. »Ich war in der Hölle!«
Basilius lachte. Er schaute mich und Suko an. »Haben Sie es gehört? Er war in der Hölle.«
»Er sprach laut genug«, knurrte Suko.
»Dann bin ich zufrieden.«
Die Stimme aus dem Off sprach dazwischen. Auch sie gehörte dem Abt, und ich musste lauschen, um die Worte verstehen zu können.
»Was hast du dort alles erlebt und gesehen?«
Der Zombie-Mönch zuckte leicht zusammen. Dann sah es so aus, als wollte er nicht antworten, aber über sein Gesicht glitt plötzlich ein Ausdruck, den man entfernt mit einem Lächeln vergleichen konnte. Es war nur kein freundliches, eher ein widerliches und triumphales Lächeln, und der andere Glanz verschwand dabei nicht aus den Augen.
»Ich bin angenommen worden.«
Erneut die Off-Stimme des Abts.
»Ah - und wie machte sich das bemerkbar?«
»Der Teufel kam in meine Nähe, er war der große Schatten, der alles überdeckte. Er hat mich einfach genommen. Er hat mich in die Tiefen geholt, wo ich das Grauen spürte. Die große Angst, den Schrecken, der ewig andauert.«
»Hast du auch das Feuer gesehen?«
»Nein, es gab kein Feuer, keine Flammen, nur diese große Angst. Aber die verschwand dann. Es war alles so wunderbar, als ich geöffnet wurde.«
»Geöffnet?«
»Ja.«
»Erzähl mir mehr darüber.«
»Er war in mir. Es war in mir.
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