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156 - Auf dem roten Planeten

156 - Auf dem roten Planeten

Titel: 156 - Auf dem roten Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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der Technik der Alten veränderte sie. Ein mysteriöser Einfluss; ihre Ausstrahlung wurde unerträglich. Hast du sie nie gespürt, Erdmann…?«
    »Und euch haben die Käfer und die Bäume verändert!«, warf Chandra ein. »Dieses Sekret, dieses tägliche Rauschen des Laubes – es ist euch in den Geist gekrochen und hat ihn zersetzt…!«
    »Hör auf!« Aquarius zog die Schultern hoch und hielt sich die Ohren zu. »Aufhören!«
    »… wir mussten etwas dagegen unternehmen, der Konflikt wurde unausweichlich…!«
    Sie stritten herum, sie schrien, sie gestikulierten wild.
    Niemand konnte dem Erdmann wirklich erklären, warum es zum Bruderkrieg gekommen war. Und eigentlich musste es ihm auch niemand erklären – er hatte ja Augen und Ohren im Kopf, er sah und hörte ja, was sich hier abspielte.
    Es war irrational, ganz und gar irrational! Wahrscheinlich konnten diese Menschen sich selbst nicht erklären, was damals in ihre Urgroßväter und -mütter gefahren war. Und genauso wenig würden sie sich wahrscheinlich erklären können, warum sie sich jetzt anbrüllten und einander mit den Fäusten bedrohten.
    Irgendwann, als Aquarius auf den Knien flehte, den Streit endlich zu beenden, hörten sie auf und senkten betreten die Köpfe.
    Später arbeiteten sie sich wieder durch das Unterholz. Lange Zeit wurde kein Wort gesprochen. Der Waldhang wollte nicht aufhören anzusteigen, und Matt Drax musste seine Sauerstoffkapsel auf achtzig Prozent auf drehen. »Warum gehen wir eigentlich nicht in eure Siedlung?«, wollte er wissen.
    »Der verehrte Meister hat davor gewarnt«, beschied Windtänzer ihm knapp.
    »Und warum?«
    »Wir hoffen nicht, dass sie uns mit deiner Flucht in Zusammenhange bringen«, erklärte Schwarzstein. »Falls aber doch, werden sie dich zuerst in unserer Siedlung suchen.«
    Sie erreichten einen Bergkamm. Auf seiner Ostseite ergoss sich ein Wasserfall in schwindelnde Tiefe. Der Fluss schlängelte sich durch den Wald und strömte ein paar Kilometer weiter in eine Schlucht.
    »Jenseits der Schneise fließt er in den westlichsten der Elysium-Seen«, sagte Schwarzstein. »Dort gibt es eine Ausgrabungsstelle.« Besorgt blickte er auf den keuchenden Erdmann hinunter. »Hoffentlich finden wir ein Fahrzeug. In drei Stunden sind wir da.«
    ***
    »Sie kommen!« Felsspalter zog den Ast noch ein Stück weiter nach unten, sodass auch die anderen die beiden Fluggeräte sehen konnten. »Schwebegleiter. Sie steuern unsere Bäume an, kein gutes Zeichen.«
    »Also wissen sie Bescheid.« Rosen biss sich auf die Unterlippe. »Sie haben uns in der Stadt im Luftschiff gesehen und eins und eins zusammengezählt. Ich habe es befürchtet.«
    Die Vögel hatten sie gewarnt. Auf allen Wohnbäumen saßen jetzt Späher und hielten nach den Fluggeräten der Städter Ausschau. Rosen, Felsspalter und ein paar Halbwüchsige hingen im Wipfelgezweig des Baumes, in dem Windtänzer mit seinen Frauen, seiner Tochter Morgenblüte und seinem Schwager Felsspalter lebte.
    »Lass sie ruhig kommen«, sagte Felsspalter. »Was soll schon geschehen? Weder Windtänzer, noch die weißhaarige Städterin oder der Erdmann sind hier. Sie werden die Baumhäuser durchsuchen und wieder abziehen.«
    »Vielleicht hast du Recht, vielleicht auch nicht.« Rosen wandte sich nach den Halbwüchsigen um. »Geh und warne deine Mutter und die anderen«, sagte sie zu Morgenblüte. »Sie sollen die Städter freundlich empfangen. Kein Wort über Windtänzer und den Erdmann!«
    Das Mädchen nickte. Gemeinsam mit den anderen Halbwüchsigen machte es sich an den Abstieg. Felsspalter und ihr Zwillingsbruder beobachteten, wie die Fluggeräte heran flogen. Tiefer und tiefer sanken sie. Als sie knapp zweihundert Schritte entfernt zwischen den Wipfeln und damit aus ihrem Blickfeld verschwanden, kletterten auch Rosen und Felsspalter zurück zum Stamm und in die Wendelstiege hinein.
    Ihr Zwillingsbruder stieg weiter Richtung Waldboden hinunter, Rosen jedoch machte am Haupthaus ihres Mannes Halt. Sie holte Windtänzers alten Ledertornister aus der Nische an der Stammwand und füllte ihn mit persönlichen Habseligkeiten, von denen sie wusste, dass sie unverzichtbar für den Baumsprecher waren: ein Dutzend voll geschriebener Notizbücher; einige mit Kräutern und Pulver gefüllte Ledersäckchen; zwei Messer, die sein Vater ihm hinterlassen hatte; einen alten PAC, auf dem wichtige Notizen gespeichert waren; drei uralte Bücher; der Schädel seiner Mutter, der Wildledermantel seines Vaters.
    In

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