Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
156 - Auf dem roten Planeten

156 - Auf dem roten Planeten

Titel: 156 - Auf dem roten Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
den Weg zu euerm Baumsprecher und dem Erdmann erklären.« Der Mann in Schwarz deutete mit ausgestrecktem Arm auf die Schwestern und Brüder, die Morgenblüte deckten. »Wenn nicht, fangen wir an, eure Wohnbäume zu fällen.« Totenstille herrschte auf einmal, keiner sagte noch ein Wort. Hoch über ihnen prasselten die Flammen und raschelte Laub.
    »Wir wissen es nicht, du Narr!«, rief Rotbeer. Sie lag noch immer im Unterholz. »Wir wissen einfach nicht, was du von uns willst.«
    »Wie ihr meint, Wurzelfresser.« Der Präsidentenberater deutete auf Windtänzers Baum. »Mit dem fangt an.«
    Zwei seiner Begleiter huschten zu einem der Schwebegleiter, öffneten eine Luke am Heck und kehrten mit einer roten Maschine zurück, ein langes, an der Spitze rohrförmiges Ding, so schwer und sperrig, dass beide Städter es tragen mussten. »Aus dem Weg!«, brüllten sie Felsspalter an. Doch der hielt seine Geisel fest und rührte sich nicht von der Stelle.
    Die beiden Silbernen hoben das Rohrding. Plötzlich zischte daraus ein gleißender Strahl hervor und bohrte sich zwei Meter über Felsspalter in den Stamm. Rauch stieg auf, Flammen sprühten. Felsspalter warf sich ins Unterholz und riss seine Geisel mit zu Boden. »Hört auf…!«
    Der Mann in Schwarz rannte los. »Und du kommst mit uns, Rosen!«
    Er kannte ihren Namen! Für einen Moment fühlte sie sich wie gelähmt. Irgendwo, am oberen Rand ihres Blickfeldes, sah sie einen roten Haarschopf im Unterholz verschwinden. Die Schwestern und Brüder aber rannten los und machten Anstalten, sich auf die Städter zu stürzen. Rosen fuhr herum und sprang in den Baum. »Schießt!«, hörte sie den Mann in Schwarz schreien.
    So schnell ihre Glieder gehorchten, kletterte Rosen der Krone entgegen. Auf der Hälfte der Strecke hörte sie das hässliche Knirschen und Splittern. Während sie immer weiter hinaufstieg, sah sie über die Schulter zurück und nach unten: Der Korallenbaum, auf dem sie mit Windtänzer lebte, neigte sich zur Seite und krachte in die Krone des Nachbarbaums. Die Erde zitterte, der Baum, in dem sie hing, bebte. Tief unter ihr flohen drei oder vier Schwestern und Brüder ins Dickicht, zwanzig oder dreißig andere lagen reglos auf dem Moos und im Unterholz. Käfer krochen aus dem Unterholz und griffen die Städter an, ein Schwarm Buschgeller sank wie eine bunte Wolke aus dem Geäst und stürzte sich auf die Städter.
    Felsspalter wälzte sich mit dem Mann in Schwarz am Fuß des Stammes und schlug auf ihn ein.
    »Jetzt den hier!«, schrie der große Städter mit dem grauen Stoppelhaar. Die beiden Männer, die den Baum getötet hatten, richteten ihre schreckliche Maschine auf den Stamm, an dem Rosen nach oben kletterte. Der Strahl fuhr zwanzig Meter unter ihr ins Holz. Die Rinde verglühte, Hitze und Rauch stieg zu ihr herauf, und sie schrie Windtänzers Namen, als sie endlich die Krone erreichte…
    ***
    Endlich der Bergkamm! Matt Drax sank ins Gras und atmete schwer. Mörderisch, so ein Marsch unter Hochgebirgsbedingungen. Und das ohne Training und nach knapp drei Monaten Kälteschlaf! Er drehte die Sauerstoffzufuhr vorübergehend auf über sechzig Prozent und atmete ein paar Mal tief durch. Zwanzig Schritte rechts von ihm sank Chandra ins Gras.
    Die Waldmänner merkten, dass der Erdmann und die Städterin eine Pause brauchten. Schwarzstein setzte sich zu Drax, Windtänzer und Aquarius suchten den Boden nach irgendwelchen Kräutern ab.
    Ein Dutzende von Kilometern durchmessender Talkessel breitete sich vor ihnen aus. Kreisrund zog der Kraterkamm zu beiden Seiten ihres Rastplatzes dem Horizont im Nordosten entgegen. Dahinter verschwammen weitere, höhere Kraterwälle und Bergrücken mit dem Abendhimmel. Die ferne Kegelspitze eines Vulkans sah aus, als würde sie im Abendrot schweben. Eine optische Täuschung, die dadurch entstand, dass Wolkenbänke und Zwielicht den Bergrücken unterhalb des Gipfels verdeckten. Matt vermutete, dass es der Elysium Mons war, den er Hunderte Kilometer entfernt im Abendhimmel hängen sah.
    Der Wald war hier auf der Innenseite des Kraters ziemlich licht. Ein Hang voller rot und gelb blühender Gräser fiel sanft ab und ging etwa sechshundert Höhenmeter tiefer in Buschland über. Zwei- oder dreitausend Meter weiter rahmte hohes Gras das Ufer eines kleinen Sees ein. Von fern hörte man einen Wasserfall rauschen. Etwas weiter östlich, außerhalb von Matts Blickfeld, schoss der Fluss aus der Kraterwand. Schon nach weniger als einem Kilometer

Weitere Kostenlose Bücher