156 - Auf dem roten Planeten
Schreckliches ernten«, fuhr der Städtebauer fort.
»Es ist wieder etwas geschehen, ich höre es deiner Stimme an, Fedor. Warum rufst du an?«
»Windtänzer und Maddrax – sie müssen irgendein ratseigenes Fahrzeug an den südwestlichen Elysium-Seen benutzt haben. Man hat sie angepeilt.«
»Ich verstehe nicht…«
»Diese Fahrzeuge sind serienmäßig mit einem Peilsender ausgestattet, das weißt du doch. Und Chandra weiß es auch. Carter Loy Tsuyoshi unterbricht in diesen Minuten das Verhör des gefangenen Waldmannes, um sich auf den Weg zu machen.«
»O nein…!« Maya legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Nomi hob den Kopf und sah sie aus roten, nassen Augen an.
»Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte Fedor Lux. »Ich glaube zu wissen, an welchem Seeufer sie sind. Wir müssen sie warnen.«
»Ich gehe«, flüsterte Maya.
»Zu gefährlich. Zu gefährlich für uns alle. Du verlässt mein Haus nicht. Ich habe Thor Leonas um den Botengang gebeten. Er ist einverstanden.«
»Wenn Carter Loy bereits aufbricht, ist es doch sowieso zu spät…«
»Nicht, wenn Thor Leonas meinen Privatgleiter nimmt.«
***
Eine uralte Wohnanlage dreißig Meter unter dem Marsboden.
Sie erstreckte sich über mehrere Etagen und schien endlos.
Chandra und Schwarzstein gingen voran. Beide leuchteten den Weg mit Stablampen aus, die sie im Kombirover gefunden hatten. Windtänzer mit der alten Schiffslampe ging am Schluss der kleinen Kolonne. Nach einer knappen halbe Stunde ließen sie die Außenbezirke hinter sich und erreichten einen Hauptgang. Die Linguistin und Historikerin aus dem Hause Tsuyoshi ließ sich Zeit.
»Die Ausgrabungen in dieser Anlage sind vor drei Jahren beendet worden«, sagte sie. »Ich spreche von Marsjahren.« Das grünliche Gestein war zerklüftet und zerspalten. An manchen Stellen ging es in Geröllhaufen über. Dennoch waren die Formen von Wänden, Torbögen und Kuppeldecken noch deutlich zu erkennen. »Sie ist bis jetzt einzigartig in ihrer Art«, fuhr Chandra fort. »Seit ihrer Entdeckung und Erforschung sind sich unsere Urzeithistoriker weitgehend einig: Die Alten sind nicht einfach degeneriert und infolge dessen ausgestorben. Sie haben sich auch nicht gegenseitig durch einen großen Krieg ausgerottet, wie es auf Ihrem Planeten üblich war und ist, Maddrax – auch wenn sie Waffen besaßen. Wir sind uns ziemlich sicher, dass ihre Kultur schlicht und einfach einer globalen Katastrophe zum Opfer gefallen ist.«
»Jetzt bin ich gespannt«, sagte Matt Drax. Der Mann von der Erde hörte nur mit einem Ohr zu. Die rätselhafte Anlage schlug ihn in ihren Bann. Sie passierten die Reste zweier Rundtürme und betraten einen gut acht Meter hohen Kuppelraum.
»Zur Zeit der Alten war der Mars eine Wasserwelt«, dozierte Chandra. »Das beweisen ausgespülte Strukturen und Muschelreste in den Gesteinsschichten. Aber irgendwann – genauer: vor dreieinhalb Milliarden Jahren – verflüchtigte sich die Atmosphäre des Mars ins All. Die extremer werdenden Temperaturen ließen das Wasser verdunsten oder zu Eis erstarren, während die Alten langsam erstickten.«
Sie verließen den Kuppelraum und gelangten über einen spiralartig gewundenen Gang auf eine Art Brücke, die links und rechts von gewundenen Säulen und Torbögen gesäumt wurde. Schwarzstein und Chandra ließen die Lichtkegel ihrer Lampen über den Boden und die Säulen wandern.
An einigen Stellen erkannte Matt Drax regelmäßig geformte Erhebungen und Abdrücke, kreis- und spiralförmige zumeist, aber auch solche, die ihn an Raubtiergebisse, an gewundene Schlangen oder an Brustskelette von Säugetieren erinnerten; die meisten nicht viel größer als der Nagel eines kleinen Fingers, manche jedoch von Ausmaßen eines menschlichen Körpers.
Die Brücke führte in eine knapp sechs Meter durchmessende Röhre. Matt hatte den Eindruck, dass die Anlage umso besser erhalten war, je weiter sie vordrangen. Runde Öffnungen durchbrachen die Röhre auf einer Seite. Chandra richtete den Strahl ihrer Lampe auf eine davon. Das Licht fiel in eine über hundert Meter breite und sicher dreißig Meter hohe Kuppelhalle.
»Das hier ist der Mittelpunkt der Anlage.« Chandra lehnte sich in eines der Rundfenster. »Schauen Sie sich das an, Maddrax…« Der Mann von der Erde registrierte beiläufig, dass der Zauber des uralten Bauwerks auch seine einstige Bewacherin noch zu fesseln vermochte. Sie und Schwarzstein leuchteten die Halle aus. »Ist das nicht
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