1564 - Report der Unsterblichkeit
nicht kapiert?"
„Machte er den Eindruck?" wiederholte Atlan seine Frage. „Vielleicht... ich meine, eher..."
„Also nicht", faßte Theta das Gestammel zusammen. „Ich stelle mir das folgendermaßen vor: Garvan hatte bei all seinen dunklen Geschäften -oder gerade deswegen - nach außen hin auf einen Ruf als integrer Bürger des Imperiums und würdiger Angehöriger des arkonidischen Adels zu achten. Zum Image des Adels zählte schon immer die Beschäftigung mit der Kunst.
Garvan wird einfach einige Leute, die er beeindrucken wollte, in dieses Museum geführt haben, das seinen geistigen Horizont nicht allzusehr überforderte."
„Oder umgekehrt", meinte Kassian. „Er wurde selbst Opfer einer solchen Bildungsdemonstration."
Atlan nickte. „So kann es gewesen sein. Während dieses Besuchs machte er dann, vermutlich durch Zufall, eine Entdekkung, die so sensationell gewesen sein muß, daß er seine wohltätige Ader erkannte. Genausogut kann ihm ein anderer von etwas berichtet haben, das dieser selbst vorher gefunden hatte, gegen entsprechende Bezahlung." Atlan nickte dem Direktor zu. „Wie auch immer, Garvan wußte von etwas in diesem Bauwerk, das ihn veranlaßte, sich durch sein Mäzenatentum gewisse Vorrechte zu verschaffen, so zum Beispiel ungehinderten Eintritt und Aufenthalt in jeder beliebigen Abteilung, wann immer er wollte. War das so?"
Nach dem gewohnten Sichwinden mußte der Direktor es zugeben. „Nach seinem ersten Besuch kam er regelmäßig. Er besaß einen Sonderausweis, der ihm Zutritt auch in die Abteilungen gewährte, die noch in der Erforschung standen und dem normalen Publikumsverkehr nicht zugänglich waren."
Das konnte es sein.
Atlan ging zur Tür und machte eine einladende Geste. „Zeige uns diese Abteilungen", sagte er, und seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu. „Zeige uns die Räume, in denen sich Garvan bevorzugt aufhielt."
Es waren, wie von Atlan nicht anders erwartet, Räume in der Epetran-Abteilung. Was ihn überraschte, war, daß es keine separierten, dem Alltagspublikum verwehrten Zonen des Museums waren, sondern solche, die Atlan bereits gesehen hatte. Auch die Spezialisten hatten sie geprüft, ohne auf etwas Ungewöhnliches zu stoßen.
An Stellwänden aus Formenergie, die beliebig positioniert werden konnten, hingen 3-D-Bilder des Wissenschaftlers, in verschiedenen Stadien seines Lebens und zusammen mit Arkoniden, die zu Epetrans Zeit eine Rolle gespielt hatten. Die Mächtigen hatten sich schon immer gerne mit bewunderten Wissenschaftlern gezeigt. Das war heute so wie damals und auf Arkon nicht anders als auf Terra oder tausend anderen Planeten.
Das in ihm gespeicherte Wissen um jene Zeit hatte der Robotregent mit sich genommen. Die hier ausgestellten Zeugnisse nicht.
Zu ihnen gehörten die schon gesehenen Nachbildungen technischer Artefakte, die auf Epetran zurückgingen, und die auf pultähnlichen, überall in den Räumen verteilten Sockeln aufgeschlagen liegenden Bücher, deren Seiten von Epetran selbst mit der bloßen Hand beschriftet worden waren.
Offenbar hatte sich Epetran wie viele Genies die Freiheit bewahren wollen, seine Finger noch selbst für das zu gebrauchen, wofür sie - unter anderem - einem intelligenten Wesen gegeben waren: zum Schreiben. „Hier hatte sich Garvan oft regelrecht vergraben", erklärte der Direktor. „Viele Stunden vergingen, bevor er diese Räume wieder verließ. Momeron ärgerte sich immer darüber, daß die kostbaren Seiten der Bücher geknickt oder durch fettige Finger beschmutzt waren."
„Welche Bücher waren das?" fragte Theta.
Der Direktor zeigte sie ihr, offenbar zu der Einsicht gelangt, daß er diese Gäste um so eher wieder los wurde, je früher sie etwas fanden, das sie zufriedenstellte.
Theta blätterte in den Aufzeichnungen, ohne etwas zu finden, das man nicht bereits gesehen hatte. Sie wollte schon aufgeben und den Direktor von seinen Ängsten erlösen, sie könnte ebenfalls Fettspuren von ihren Fingerkuppen hinterlassen, als sie plötzlich eine Hand auf der ihren spürte. „Diese Seite hier", sagte Atlan, der unbemerkt zu ihr getreten war. „Sie interessiert mich."
Er riß die Seite kurzerhand heraus, was den Direktor in Ohnmacht fallen ließ, und hielt sie gegen die nächste Lichtquelle.
Er nickte, als hätte er die Bestätigung für etwas bekommen.
Dann sah Theta, wie er einen winzigen Wärmestrahler aus einer Tasche zog und ihn unter das Blatt hielt, das sich nach wenigen Sekunden wie durch Geisterhand
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