1569 - Carlottas Todesangst
nicht?«
»Es liegt an dir. In dieser Nacht musst du sterben. Du hattest drei Tag Zeit und auch drei Nächte, aber man hat dich im Stich gelassen. Das ist dein Problem!«
»Woher wissen Sie das?«
»Was?«
»Dass mich jemand im Stich gelassen hat.«
Irina Smith war jetzt durcheinander. »Wie soll ich das denn verstehen?«
»Ganz einfach. Vielleicht gibt es gar keine Person, die mich hätte im Stich lassen können. Möglicherweise existiert sie gar nicht. Es könnte ja sein, dass Sie sie sich nur eingebildet haben. Sie haben niemanden gesehen, Sie haben nur auf irgendwelche vagen Hinweise vertraut, die sich damit beschäftigen, dass es einen Menschen mit extremen Körperteilen geben soll. Das ist alles irgendwie falsch. Vielleicht hat man Sie mit dieser Aufgabe betraut, weil man von vornherein wusste, dass Sie daran scheitern würden. Vielleicht will man Sie auch loswerden.«
»Hör auf!« Irina bewegte sich nicht mehr. Sie stand auf dem Sprung wie jemand, der im nächsten Moment seinem Gegenüber an die Kehle gehen wollte.
Nach einigen Sekunden entspannte sie sich.
»Gut gesprochen, aber glaube nur nicht, dass du damit bei mir durchkommst.«
»Ich wollte nur, dass Sie ein wenig nachdenken.«
»Schon gut. Komm mit!«
Maxine weigerte sich. Sie versteifte sich und fragte: »Zur Hinrichtungsstätte?«
»Das wäre doch was - oder?«
»Ja, nur kann ich darauf gut und gern verzichten. Warum denken Sie nicht mal näher darüber nach, was ich Ihnen gesagt habe?«
»Dazu hatte ich Zeit genug.«
Irina Smith hatte sich nun einmal etwas in den Kopf gesetzt. Dabei blieb sie auch. Sie würde um keinen Deut von ihren Plänen abweichen, und als sich die Tür öffnete, da stand ein weiterer ihrer Freunde auf der Schwelle.
Es war Lee Cobb.
Diesmal brachte er kein Essen. Vielmehr erinnerte er Maxine an einen Henker.
Die Smith streckte ihren rechten Arm aus und legte ihre Hand auf Maxines Schulter.
»Schau dir mal den guten Lee Cobb an. Er ist wirklich ein absoluter Fachmann. Man kann sich auf ihn verlassen. Ich habe ihn ebenfalls zu deiner Praxis geschickt.«
»Da hat er dann wohl niemanden gefunden.«
»Darauf würde ich nicht wetten.«
»Ach…«
»Ja, das ist so. Lee fuhr zu deiner Praxis. Er hatte den Auftrag, dort nach relevanten Unterlagen zu suchen. Er hat gedacht, allein zu sein, aber das ist nicht der Fall gewesen. Jemand war dort, und obwohl er keinen Menschen gesehen hat, hat es ihn erwischt. Jetzt frage ich dich, wer das wohl gewesen sein kann.«
»Keine Ahnung.«
Die Smith lachte bitter.
»Weißt du das wirklich nicht? Könnte nicht jemand nach deiner Entführung ins Haus zurückgekehrt sein?«
»Wer denn?«
»Das frage ich dich.«
»Nein. Ich war allein, als deine Leute kamen. Tut mir leid. Ich hätte gern einen Helfer an meiner Seite gehabt, aber…«
»Jetzt ist es zu spät«, vollendete Irina den Satz, packte jetzt Maxines linken Arm und führte sie kurzerhand mit sich.
Die Tierärztin hielt sich zwar schon länger im Haus auf, doch gesehen hatte sie bisher nicht viel davon.
Das Haus war zwar nicht ständig bewohnt, es sah trotzdem nicht unbewohnt aus. Es konnten Tagungen abgehalten werden, und wer wollte, dem wurde auch entsprechendes Personal zur Verfügung gestellt.
Darauf hatten Irina Smith und ihre Leute verzichtet.
Es waren außer dem Mann, der Maxine das Essen gebracht hatte, noch weitere hier, deren Stimmen sie aus einem Raum hörte.
Rauch wehte durch einen Seitenflur, in den Irina sie geführt hatte. Nicht lange, und sie blieben vor einer Tür stehen, die noch geschlossen war.
Einer knappen Handbewegung seiner Chefin folgend, drückte Lee Cobb sie nach innen.
Den Raum kannte Maxine Wells noch nicht. Er war recht groß und war eingerichtet wie ein Tagungsraum. Eine Schulungstafel stand in einer Ecke.
Die letzten Mieter hatten nicht mal das oberste Blatt des Blocks abgerissen.
Jemand hatte in großen Buchstaben etwas auf das Papier geschrieben.
WELCOME MAXINE!
Die Tierärztin zuckte zusammen. Sie kannte die Schrift, denn so schrieb nur eine.
Carlotta!
***
Die drei so unterschiedlichen Personen standen da, als hätten sie den Befehl erhalten, sich nicht vom Fleck zu rühren.
Maxine warf der anderen Frau einen schnellen Seitenblick zu und stellte fest, dass die Smith wie versteinert wirkte.
Selbst im langsam blasser werdenden Tageslicht war die Schrift zu sehen, und mit einer blitzschnell ausgeführten Drehung nach links wandte sich Irina Smith an Lee Cobb.
»Bist du
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