1569 - Finale für Taurec
erstaunlich, wie sich Taurec ihm gegenüber auch in intimsten Angelegenheiten immer wieder öffnete. „Ich müßte befürchten, daß sie mich ablehnt, und das würde alles nur noch schlimmer machen. Gesil ist das Wertvollste, was ich besitze. Ich möchte diese Beziehung nicht zerstören."
Quartein glaubte zu verstehen, wie Taurec das meinte. Vielleicht war es eine Selbstlüge, wenn Taurec annahm, daß es genügte, Wenn er Gesil grenzenlose Verehrung entgegenbrachte, die ja schlief und sich gegen eine solche Verehrung nicht wehren konnte. „Du denkst, ich bin ein schwacher Geist, Quartein. Recht hast du! Ich bin schwach im Geist!"
„Hast du vor, diesen Zustand bis in alle Ewigkeit aufrechtzuerhalten?" fragte Quartein. „Diese Frage impliziert, daß Gesil mir nie vergeben könnte", sagte Taurec. „Nun, damit muß ich mich abfinden. Aber so grausam will ich nicht sein. Ich werde Gesil von hier fortbringen, sobald Calior und seine Nakken die Raum-Zeit-Falte fertiggestellt haben. Dort darf sie erwachen und leben, bis die Zeit reif ist und ich mich ihr zeigen kann."
„Und das ist alles?" wunderte sich Quartein. „Mehr hast du mit Gesil nicht vor?"
„Du gehst zu weit, mein Freund", stellte Taurec ohne Groll fest. „Ein paar Geheimnisse möchte ich mir auch vor meinem Intimus bewahren."
*
Die nächsten Monate vergingen für Quartein wie im Fluge. Er war in dieser Zeit in verschiedenen diplomatischen Missionen unterwegs, von denen ihn eine auch zu seiner Heimatwelt Prizza führte. Wie nicht anders zu erwarten, wurde er von der Imperatrice nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen.
Schließlich erkannte sie ihn in seinem genormten Körper nicht auf Anhieb als ihresgleichen.
Aber eine Demonstration der technischen Überlegenheit seines Muschelschiffs gegenüber den Muschelschiffen der Prizappa brachte sie dazu, ihm ihr Ohr zu leihen. Und als die Große Mutter Nongarine seine Pläne über eine Vorrangstellung der Prizappa in Truillau und das Versprechen für großzügige Unterstützung mit allgemeiner High-Tech und in waffentechnischer Hinsicht vernahm, da war der Pakt mit dem „Bewahrer von Truillau" perfekt.
Quartein war stolz darauf, dies im Alleingang geschafft zu haben und nicht erst Taurec bemüht haben zu müssen. Taurec konnte sich voll und ganz Gesil widmen; Quartein war bemüht, ihn nicht zu stören, und hatte in dieser Zeit kaum Kontakt mit ihm.
Im Mai 448 erschien endlich der Nakk Calior auf Meliserad, und da wußte Quartein, daß dies der Abschied von Gesil war. Noch einmal durfte er Taurec in die Gen-Fabrik begleiten. Und diesmal kam auch Calior mit. Als sie zu dritt vor Gesils Schlaftank aus Formenergie standen, sagte Taurec zu dem Nakken: „Ist es dir möglich, von hier aus einen Zugang in die Raum-Zeit-Falte zu schaffen, Calior?" fragte Taurec. „Von hier aus und von jedem beliebigen Ort - und so viele Zugänge, wie du wünschst", antwortete der Blau-Nakk über seinen Synthesizer. „Das ist kein Problem."
Calior setzte sich im Zickzack in Bewegung und machte einige Verrenkungen, wie Quartein sie bei Nakken noch nie beobachtet hatte - und nach wenigen Metern war er verschwunden. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Calior wieder zurückkam. „Wenn du mir nun folgst, gelangst du geradewegs nach Uxbataan", sagte Calior.
Quartein war dieser Ausdruck unbekannt; ohne danach gefragt zu haben, erklärte ihm Taurec von sich aus: „Uxbataan bedeutet soviel wie Gefängnis. Es ist der Name der Welt, in der Gesil in nächster Zeit leben wird."
Taurec hantierte an Gesils Schlaftank, bis der Behälter frei in der Luft schwebte und er ihn vor sich her schieben konnte. Als Calior durch die unsichtbare Lücke in der Raum-Zeit-Falte verschwand, hielt Taurec geradewegs auf diese Stelle zu. Quartein hatte den Eindruck, daß sich der Schlaftank mit Gesil beim Durchgang wie durch Lichtkrümmung leicht verzerrte. Und auch Taurecs Gestalt schien sich für einen Moment mehrfach zu brechen, als er die Schleuse passierte.
Dieser Effekt war jedoch mit keiner körperlichen Beeinträchtigung verbunden, wie Quartein gleich darauf feststellen konnte. Es bedurfte nur eines einzigen Schritts, um aus der Gen-Fabrik in eine fremde Landschaft zu gelangen. Quartein wandte sich um, aber auch von dieser Seite war nichts von der Lücke in der Raum-Zeit-Falte zu entdecken.
Jetzt erst betrachtete Quartein die fremde Umgebung.
Sie befanden sich auf einer grasbewachsenen Ebene, in der lediglich einige Bauminseln
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