1572 - Der Menschenzoo
sich streckte, langsam und unauffällig ...
Seine Zehen konnten den rot leuchtenden, großen Knopf unter dem Projektor erreichen, wenn er sich ganz lang machte.
Die Projektormündung zeigte ungefähr auf den Außerirdischen, der sich jetzt kalt lächelnd weiter über ihn beugte und das Messer ansetzte, knapp unter dem linken Schlüsselbein.
Alavan prägte sich den roten Knopf ein, bevor er die Augen schloß und scheinbar apathisch auf das wartete, was sie mit ihm vorhatten.
Vor seinem geistigen Auge blinkte der Knopf, und sein Körper streckte sich wie der einer Schlange, nur unendlich langsam.
Ein brennender Schmerz über der linken Brust ließ ihn schrill aufschreien.
Er zwang sich, die Augen geschlossen zu halten, und unterdrückte ein Würgen, als er die Tefroder lachen hörte.
Alavans Unterbewußtsein kanalisierte seinen ganzen Schmerz, seine Wut und seine Verzweiflung in eine einzige Richtung.
Als die Klinge zum drittenmal in seinen Körper eindrang, traf der große Zeh des rechten Fußes den Auslöseknopf des Lasergeräts.
Alavan riß die Augen auf, als er den erstickten Schrei des tefrodischen Chirurgen hörte.
Regelrecht in Stücke geschnitten, brach der Tefroder neben dem Liegegestell zusammen.
Alavan überwand sein Grauen und schwenkte den Laser mit einem Stoß seines Fußes herum, dorthin, wo die beiden anderen Außerirdischen standen.
Einer von ihnen entkam aus dem Raum, schreiend und torkelnd.
Was Alavan danach tat, geschah nicht mehr nach willentlicher Kalkulation, sondern rein automatisch.
Er riskierte es, vom Laserstrahl zerschnitten zu werden, als er den Projektor mit nie für möglich gehaltener Genauigkeit auf seine Fesseln richtete und sie verbrennen ließ.
Dann rollte er sich von dem Gestell und tauchte unter dem grellen Lichtfinger hinweg, der das Bett in Brand setzte und tiefe Löcher in die Wände schmolz.
Er drehte das Gerät so, daß der Strahl die Tür zum Gang durchschlug und eine tödliche Barriere für jeden war, der herangelaufen kam und hier nach dem Rechten sehen wollte.
Alavan warf sich auf den Boden und kroch unter dem Strahl aus der Folterkammer der Chirurgen. Er lag blutend auf dem Gang und wußte nicht, in welche Richtung er sich wenden sollte.
War es nicht völlig egal?
Der Tag war da. Die Erlösung.
Aber etwas geschah mit Alavan, das ihn aufpeitschte wie eine seiner längst vergessenen Drogen.
Er war auf einmal wie ausgewechselt.
Er hatte die Trägheit, die ihn nach der Ankunft hier auf dem fremden: Planeten befallen hatte, eigentlich nie als solche empfunden.
Jetzt plötzlich kam er sich vor wie jemand, der sein ganzes Leben verschlafen hatte und alles in einer Stunde nachholen wollte.
Er rannte einfach los, egal wohin. Er wollte nur am Leben bleiben, so längs wie möglich.
Alavan konnte nicht wissen, daß vor wenigen Minuten der Kommandant der tefrodischen Station die Antwort der Meister der Insel auf seine Meldung erhalten und daraufhin befehlsgemäß das Zellaktivierungsfeld ausgeschaltet hatte - ein für allemal.
Bevor das große Sterben begann, wirkte sich erst einmal das plötzliche Fehlen der Trägheit erzeugenden Strahlung auf die entführten Menschen aus.
Oben am Land brachen neue Kriege aus, schlimmer und heftiger als jemals zuvor. Und hier unten, in der Station ...
Da befand sich nur ein einziger entführter Erdenmensch, und der lief Amok.
Er tötete einen Tefroder, der ihm aus einem Seitengang entgegenkam, und nahm dessen Strahler an sich.
Alavan war nicht mehr bei sich, als er wieder losrannte, während in der ganzen Station wieder der Alarm gellte, und schlug die Richtung ein, aus der er Tumult hörte.
Dort wurde gekämpft, und das war genau das, was er jetzt, nach einer Ewigkeit des sinnlosen Daseins und der Enttäuschungen, wirklich nötig hatte.
14.
9. April 2404, History
23.
April 1173 NGZ, History Diesmal hatten sie mehr Glück, was das Materialisieren in der Unterwasserstation betraf. Gucky war besser vorbereitet als beim erstenmal und brachte sie in einen Lagerraum für selten gebrauchte Versorgungsgüter.
Kein Tefroder war da, um sie zu bemerken.
Weniger glücklich war der Zeitpunkt ihres Eintreffens. Sie hatten so lange wie möglich gezögert, um einer vorzeitigen Entdeckung zu entgehen, aber gehofft, noch etwas Zeit zu haben, bis die Abschaltung des Zellaktivierungsfeldes erfolgte. „Ich habe den Kommandanten der Station aufgespürt", erklärte Gucky. „Aus seinen Gedanken geht hervor, daß er
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