1573 - Grauen im Geisterschloss
Urlaubs.«
»Das glaube ich weniger. Kann sein, dass du wieder auf Reisen geschickt wirst.«
»Im Moment habe ich keine Lust. Aber es kommt natürlich darauf an, wohin die Reise geht.«
Dass sie in den Norden, nach Schottland, gehen würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Wir hatten noch etwas Zeit, und ich berichtete Suko von meinen Erlebnissen. Zum einen von dem Riesenvogel und zum anderen von einem Menschen, der alles in sich hatte vereinigen wollen. Das Männliche, das Weibliche und das Neutrale. Und das mit Hilfe meiner schwarzmagischen Freunde, die ihn dann allerdings regelrecht zerrissen hatten, als er einer Niederlage entgegengeschlittert war.
Suko gab zu, dass es ihm nichts ausgemacht hatte, in der Stadt zu bleiben. Hier war es nur warm und schwül gewesen aber jetzt hatte sich die Luft nach einigen Gewittern abgekühlt.
»Sir James hat auch dir nichts über einen neuen Einsatz gesagt, oder?«
Suko schüttelte den Kopf. »Nein, John. Außerdem will er dich ja allein sprechen. Kann durchaus eine heiße Sache werden.«
Ich hob nur die Schultern und streckte die Beine aus. Sich im Büro zu entspannen tat wirklich gut, und ich dachte daran, dass dies eigentlich so bleiben konnte.
Aber die Zeit verging schnell. Noch vor der vereinbarten Zeit rief Sir James an und bat mich, zu ihm zu kommen.
»Allein, Sir? Oder soll ich Suko…«
»Nein, nein, kommen Sie allein.«
»Okay.«
Mein Freund und Kollege nickte mir zu und lächelte dabei.
»Dann wünsche ich dir viel Spaß.«
»Ja, du mich auch.«
Das Gleiche wünschte mir auch Glenda Perkins, an der ich vorbeigehen musste.
»Vielleicht wird es ja wieder ein Urlaub«, meinte sie noch.
»Klar, und dann nehme ich dich mit.«
»Würde mir sogar gefallen.«
»Wir werden sehen…«
***
Sir James saß tatsächlich nicht allein in seinem Büro. Er hatte Besuch bekommen, und der überraschte mich schon, denn ihm gegenüber saß eine junge Frau.
Schon beim ersten Hinschauen wusste ich, wie ich sie einzuschätzen hatte. Sie war der Typ Frau, der genau wusste, was er wollte.
Braunes Haar, kurz und fransig geschnitten, eine schlanke Figur, die ein beigefarbener Hosenanzug umschloss, ein Gesicht, bei dem die hoch stehenden Wangenknochen auffielen, eine gerade Nase und ein Mund, der dem Gesicht einen weichen Zug gab.
Die dunklen Augen musterten mich kurz, aber intensiv.
Obwohl die Frau noch kein Wort gesprochen hatte, wusste ich, wie ihre Stimme klingen würde.
Sir James stellte uns vor.
Seine Besucherin hieß Jenny Holland. Der Name war nicht alles. Ich erfuhr, dass sie für den Geheimdienst arbeitete und bekam ein leichtes Magendrücken, denn mit dem Secret Service hatte ich nicht die besten Erfahrungen gemacht. Aber ich stellte mein Vorurteil zurück, reichte ihr die Hand und freute mich über ihren kräftigen Händedruck.
»Dann nehmen Sie mal Platz, John.« Sir James nickte mir zu und lächelte.
Mir gefiel das Lächeln nicht so recht. Es war irgendwie zu wissend. Er wusste ja, was auf mich zukam, während ich noch im Ungewissen schmorte.
Ich rechnete damit, dass ich eine Aktion des Geheimdienstes unterstützen sollte, wurde aber angenehm enttäuscht, denn Sir James sprach davon, dass es um eine private Sache Jenny Hollands ging, mit der sie ihre Probleme hatte.
Als ich sie daraufhin fragend anschaute, nickte sie.
»Ja, Mr. Sinclair, Ihr Chef hat recht.«
Ich lächelte, denn das dunkle Timbre ihrer Stimme war genau das, was ich zu hören gehofft hatte.
»Dann höre ich gern zu.«
»Es geht um meinen Vater. Um meinen toten Vater, der vor einigen Tagen auf eine schreckliche Weise ums Leben gekommen ist.«
Sie schluckte, und ich sah plötzlich kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn.
So hart, wie ich sie eingeschätzt hatte, war sie wohl doch nicht.
»Mein Vater starb in einem Krankenhaus, und zwar deshalb, weil man ihm den Kopf zu einer blutigen Masse zertrümmert hat.«
Ich sagte nichts und brachte nach einer Weile ein »Tut mir leid« hervor.
»Ja, es war schlimm«, bestätigte sie.
»Man hat den oder die Täter wohl nicht gefunden, nehme ich an?«
»So ist es. Aber ich gehe davon aus, dass es kein normaler Mord gewesen ist, denn vor seinem Tod hat mein Vater mich vom Krankenbett aus noch angerufen.«
»Hatte er eine Ahnung?«
Jenny Holland legte den Kopf zurück Und lachte bitter.
»Ich weiß nicht, ob er eine Ahnung von seinem Tod gehabt hat. Es kann sein. Jedenfalls ist ihm etwas passiert, das ich als ungeheuerlich und auch
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