1575 - Der Gesang des Lebens
Stalker. Wir sind keine Freunde. Zunächst würde mich interessieren, ob du nicht ein Mörder bist."
Stalker sprang auf, als habe er sich an der Bank verbrannt. Doch Salaam Siin wich um keinen Zentimeter vor der mächtigen Gestalt zurück. „Wie kannst du mich einen Mörder nennen? Mich, der ich intelligentes Leben höher als alles andere achte?"
„Wenn du nur den Mund öffnest und das Wort Achtung aussprichst, klingt es wie Hohn", sang der Ophaler abfällig. „Ich frage mich, woran das liegt."
„Ich kann dir keine Antwort geben", meinte Stalker treuherzig. „Aber ich. Du hast versucht, ins Archiv einzubrechen. Ich weiß auch, daß dein Ziel die Speicherkristalle des Planeten Leenaia waren. Dieses Interesse habe ich schon auf Zaatur bemerkt ... Ein Sotho Tal Ker unternimmt nichts ohne Grund. Deshalb ließ ich durch meinen Diener Vogan Dool die Kristalle für die Öffentlichkeit sperren. Ich habe gehofft, daß du dich verraten würdest."
„Also dir habe ich das hier zu verdanken." Stalkers Geste umfaßte den kahlen Raum. Seine Stimme klang bitter, niedergeschlagen. „Ich könnte dich mit einem Schlag töten, weißt du das? Es würde mich keine Sekunde kosten. Die Roboter wären viel zu langsam. Nun, keine Angst, das verbessert meine Lage auch nicht. Aber dennoch: Dir verdanke ich es, wenn ich Etustar nie erreichen werde."
Salaam Siin schwankte unter einem plötzlichen Schwächeanfall. Er streckte ein paar seiner Arme zur Wand aus und stützte sich so. „Nein", korrigierte er den Sotho, „deine Lage verdankst du dir selbst und deinen ewigen Intrigenspielen. Was war wirklich auf Leenaia? Du hast die Singschule angreifen und vernichten lassen, nicht wahr?
Du warst es, der an meinen Artgenossen zum Mörder geworden ist. Und heute wolltest du die Spuren deines Verbrechens beseitigen! Dabei war all das längst vergessen. Du hast einen Fehler gemacht."
Stalker sah aus, als wolle er gegen seine Versicherung den Sänger töten. Kein Zweifel, es wäre ihm ein leichtes gewesen; doch Salaam Siin hatte die Angst vor dem Tod verloren. „Du irrst vollkommen, Sänger! Ich bin für die Toten von Leenaia nicht verantwortlich!"
„Aber was wolltest du dann mit den Kristallen?"
Stalker schwieg eine Weile. „Sie vernichten", antwortete er dann. „Warum?"
„Das sage ich dir nicht."
„Du vergißt, daß ich mir die Aufzeichnungen nur ansehen muß, schon weiß ich alles. Ich will es aber von dir hören, Stalker. Sage mir die volle Wahrheit; und wenn sich erweist, daß du unschuldig bist, will ich dafür sorgen, daß du doch noch irgendwie nach Etustar kommst."
Mit neuer Hoffnung hob der Pterus-Klon den Kopf. „Du meinst ... das würdest du tun? Aber warum sprichst du nur von mir? Heißt das, du willst mich nicht mehr begleiten?"
„Genau das", sang Salaam Siin mit ein paar düsteren Akkorden. „Aber frage mich nicht nach dem Warum. Du wirst keine Antwort erhalten. Ich bleibe auf Mardakaan, wir sehen uns niemals wieder. Und nun berichte!
Denke an eines: Eine einzige Luge noch, dann werde ich dich in dieser Zelle verfaulen lassen!"
Stalker berichtet: „Ich habe dir schon einmal von meiner Zeit in den zwölf Galaxien berichtet, Sänger. Und das meiste dessen, was du erfahren hast, ist wahr. Jedenfalls gilt das für den ersten Teil. Ich war es, der Ijarkor vorschob und aus dem Hintergrund die Entscheidungen traf. Und ich war es auch, der Ijarkor dazu brachte, in Muun ophalische Singschulen aufzubauen.
Die Pterus sind meine Artgenossen. Ich fühlte eine Verpflichtung ihnen gegenüber. So unendlich schwer fiel es ihnen, der Lehre vom Permanenten Konflikt abzuschwören; und doch war es unumgänglich.
Jedenfalls dann, wenn ich das Volk der Pterus retten wollte. So also kamen die Ophaler in die Galaxis Muun, als Helfende, auf meine Initiative hin.
Die Verlorenen Geschenke der Hesperiden waren unser größtes Machtmittel. Mit ihrer Hilfe begann der Wiederaufbau der zwölf Galaxien. Ich lernte, die Geschenke für meine Zwecke zu nutzen; doch meine Zwecke und das Wohl Estartus, das war immer eins zu dieser Zeit.
Das schwöre ich dir, Salaam Siin. Zweifle nicht daran.
Nach Ijarkors Tod wuchsen die Spannungen zwischen dem Desotho und mir immer mehr an. Er vertraute mir nicht, ich fühlte mich dadurch herausgefordert. Ich wollte derjenige sein, durch dessen Mund ESTARTU mit den Volkern kommunizierte, ihr Sprachrohr, ihr Vermittler. Doch das alles war nicht genug. Ich erkannte, daß ich eine Machtbasis benötigte. Die
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