1575 - Luzifers Angriff
bereitete.
Als er dann schwieg und sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn wischte, sprach ich ihn an.
»Kennst du diese Paula?«
»Ja, ich habe sie schon gesehen.«
»Und?«
»Lass dich überraschen. Die Begegnung mit Matthias hat Spuren bei ihr hinterlassen, wobei ich jetzt darüber nachdenke, ob es sich überhaupt um Matthias gehandelt hat.«
»Warum nicht?«
»Vielleicht ist sie von derselben Macht angegriffen worden wie wir.«
»Das werden wir feststellen.«
»Gesagt hat sie jedenfalls nichts. Die Menschen in ihrer Umgebung sind davon überzeugt, dass es nur der Teufel oder die Hölle gewesen sein können.«
Ich ließ das Thema fallen, weil ich nicht weiter in ihn dringen wollte. Es gab andere Dinge zu tun, denn ich sah bereits den kleinen Ort vor mir.
Das heißt, uns begrüßte eine Kirchturmspitze, und irgendwie sah ich das als gutes Zeichen an.
»Das sieht ja nicht schlecht aus.«
Stephan hob nur die Schultern. Er fuhr auf einer Straße, die sich verbreiterte, als wir uns dem Dort näherten. Man hatte hier viel Platz gehabt beim Bau der Häuser. Zwischen ihnen gab es freie Räume, die von den Leuten als Garten genutzt wurden. Hier baute jeder sein Obst oder Gemüse an, und auch die typischen Holzlattenzäune fielen mir ins Auge.
Manche standen schief und wiesen auch Lücken auf, durch die Hühner auf die Straße gelaufen waren.
Autos fielen mir auch auf. Es waren nicht eben die neuesten Modelle.
Viele von ihnen zeigten Rostflecken. Wer hier lebte, der war nicht eben mit Reichtum gesegnet.
Die Leute, die sich im Freien aufhielten, kannten Stephan Kowalski oder zumindest sein Auto, denn hin und wieder wurde uns von Erwachsenen und Kindern zu gewunken.
Ich musste lächeln, als ich auf einer umzäunten Wiese zwischen den Häusern fette Schweine sah, die sich im Dreck suhlten.
»Das hier ist noch ein Leben, John. Den Leuten geht es nicht schlecht, weil sie fast alles selbst anbauen oder in den Ställen haben, was sie zum Leben brauchen.«
»Das sehe ich. Aber was ist mit dieser Paula? Lebt sie allein oder bei ihrer Familie?«
»Sie lebt allein. Sie ist Witwe. Ihre Kinder sind aus dem Haus und wohnen in der Großstadt. Aber die Nachbarn haben sich um Paula gekümmert, hat man mir gesagt. Und dann hat es sie erwischt. Es war falsch, die Kirche zu besuchen.«
»Diese hier im Ort?«
»Ja, denn da hat Matthias gepredigt. Oder ist einfach hergekommen. Niemand hat ihn gerufen.«
»Was ist mit dem echten Pfarrer passiert?«
Stephan winkte ab. »Den gibt es hier schon länger nicht mehr. Er ist krank. Ein Schlaganfall hat ihn ans Bett gefesselt. Jetzt liegt er in einem Heim und wird Tag und Nacht betreut.«
»Verstehe.«
Wir fuhren an der Kirche vorbei. Ich sah, dass in ihrer unmittelbaren Nähe ein hohes Steinkreuz stand. Es sah aus wie ein Wachtposten, hatte aber das Erscheinen des falschen Priesters nicht verhindern können.
Wir fuhren von der Hauptstraße ab in eine schmale Gasse. Dort stand das Haus, das wir aufsuchen wollten. Es lag etwas zurück. Im Vorgarten schimmerten in einem hellen Gelb die Sonnenblumen. Das Haus war klein. Das Dach war vorgezogen, und so lagen auch die kleinen Fenster im Schatten. Neben dem Eingang stand eine alte Holzbank, auf der jedoch niemand saß und das Wetter genoss.
Wir stiegen aus. Dabei waren wir gesehen worden. Vom Haus gegenüber kam ein älterer Mann, der eine flache Mütze auf dem Kopf trug und eine Harke in der Hand hielt.
Als er Stephan sah, hellte sich sein Gesicht auf. Mich nahm er nicht zur Kenntnis.
Beide sprachen Polnisch. Ich stand daneben und begriff nichts. Erst als der Mann wieder zu seinem Haus ging, erhielt ich eine Erklärung.
»Er hat mich erkannt und ist froh, dass wir hier sind.«
»Hat er auch etwas von Paula gesagt?«
»Ja, das hat er. Es geht ihr wie immer. Sie wird versorgt, aber das ist auch alles. Eine Verbesserung ihres Zustands ist bei ihr noch nicht eingetreten. Die Menschen sehen es auch nicht als eine normale Krankheit an. Sie sind der Meinung, dass der Leibhaftige sein Zeichen gesetzt hat.«
»Können wir ins Haus?«
»Klar. Hier schließt niemand ab.«
»Hast du dem Mann auch gesagt, wer ich bin?«
Stephan grinste. »Sicher. Ich musste ihn schließlich beruhigen. Du bist nicht nur fremd, du siehst auch fremd aus. Da ist man hier schon misstrauisch.«
»Danke, ich habe verstanden«, erwiderte ich lächelnd.
Stephan Kowalski kannte sich aus und ging deshalb als Erster auf das Haus zu. Beide mussten wir uns
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