1575 - Luzifers Angriff
wobei die Spannung in mir immer weiter wuchs.
Minuten vergingen, in denen nicht nur gesprochen wurde. Immer wieder legte Paula größere Pausen ein, bis schließlich etwas zischte, was sich wie ein Fluch anhörte und den Mönch zurückzucken ließ.
Er drehte sich zu mir um und hörte zugleich meine Frage: »Was ist passiert?«
Er trat vom Bett weg und ging auf mich zu. Ich las in seinem Gesicht, dass er nicht zufrieden war.
»Sie ist unbelehrbar. Zuletzt hat sie mich sogar verflucht. Sie hat mich zum Teufel gewünscht. Der Keim steckt sehr tief in ihr.«
»Dann hat die andere Seite ihr Ziel erreicht.«
»Leider.«
»Kannst du mir Einzelheiten nennen?«
»Ja. Es gab keine große Predigt, bei der sie zugegen war. Dieser Abtrünnige ging viel subtiler vor. Er nahm ihr die Beichte ab.« Stephan schüttelte den Kopf. »Es ist unglaublich, aber sie hat bei ihm gebeichtet, und es ist eine besondere Beichte gewesen, wie du dir vorstellen kannst.«
»Ja«, bestätigte ich nach einer Weile, »das denke ich jetzt auch. Und du meinst, dass es für sie keinen Weg zurück gibt?«
»Ich denke schon.«
»Was können wir überhaupt dagegen tun?« Ich hatte mehr für mich selbst gesprochen, aber ich dachte bereits an eine Lösung oder an einen Weg, der uns weiterbringen konnte.
Stephan verfolgte den gleichen Gedanken wie ich.
»Man könnte es mit dem Kreuz versuchen oder…« Er deutete auf das Bett. »Gebete bringen nichts. Das habe ich versucht, und das Ritual eines Exorzismus ist mir nicht geläufig. Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, John …«
»Davon halte ich auch nichts.«
»Dann bleibt nur dein Kreuz. Seine Reaktion kommt ja einem Exorzismus nahe.«
Da hatte er sich nicht mal geirrt. Ich musste daran denken, wie oft ich mein Kreuz bereits gegen Personen eingesetzt hatte, die auf die andere Seite gewechselt waren. Manche hatte ich befreien können, andere aber, bei denen der Keim sehr tief gesessen hatte, hatten die Konfrontation mit meinem Talisman nicht überlebt.
Daran dachte ich. Den Tod der Frau wollte ich nicht. Andererseits - was für ein Leben führte sie?
Das verdiente den Namen nicht mehr. Die Hölle hatte sie gezeichnet. Sie hatte ihre Macht demonstriert. Als Dienerin oder Verbündete würde eine Person wie Paula niemals eingesetzt werden. Nicht in dem Zustand, in dem sie sich befand.
Stephan Kowalski bemerkte meine Zweifel und meinte: »Wir können auch alles so belassen.«
»Und dann?«
Er hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob die andere Seite noch etwas mit ihr vorhat. Vorstellen kann ich es mir eigentlich nicht. Aber wer kann sich schon in die Gedanken des Teufels hineinversetzen? Für mich wäre ein Sterben eine Erlösung. Diese Geschwüre auf dem Körper sind ja der reine Wahnsinn.«
Es traf alles zu, was er gesagt hatte. Trotzdem hatte ich meine Zweifel.
Die Vorstellung, einen Menschen in den Tod zu schicken, quälte mich schon. Aber sie weiter so vegetieren zu lassen war auch keine Lösung, denn eine normale Chance zur Heilung gab es nicht.
»Hast du dich entschieden, John?«
»Ja. Ich werde es mit dem Kreuz versuchen.«
Stephan atmete tief durch.
»Okay. Man kann Paula nicht in diesem Zustand lassen. Sie würde mit der Zeit elendig eingehen.«
»Das sehe ich auch so.«
Ich holte mein Kreuz hervor und hielt es noch verdeckt in meiner Hand, als ich mich erneut dem Bett näherte. Dort lag Paula auf dem Rücken und stöhnte leise vor sich hin. Die Geschwüre mussten ihr höllische Schmerzen bereiten. Sie würden brennen, sie würden jucken, und Paula war zu schwach, um sich zu kratzen.
Das gelbe Licht der Lampe hatte sich auch in ihren Augen gefangen. Ich sah dies sehr deutlich, aber mir fiel dabei auch etwas anderes auf. Der Blick dieser Frau war nicht normal. Er war so kalt und abweisend. Wenn sie Schmerzen empfand, hätte sich das auch in ihren Blicken widerspiegeln müssen. Das war hier nicht der Fall. Auf mich wirkte der Blick eisig und irgendwie auch gnadenlos.
Paula schien zu spüren, dass ich etwas mit ihr vorhatte. Sie sagte sogar etwas zu mir. Was es war, verstand ich nicht, aber es hörte sich an wie Flüche oder Verwünschungen. Als Freund betrachtete sie mich nicht gerade.
Ich sprach sie an. Es waren normale Worte, aber sie schüttelte den Kopf und zeigte mir so, was sie von mir hielt.
Noch hielt ich mein Kreuz in der Hand verborgen, was ich in den folgenden Sekunden änderte.
Ich öffnete meine Faust, und da musste sie das Kreuz auf
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