1575 - Luzifers Angriff
umschauen konnte. Er betrachtete den Schmutz an den Wänden und die Flecken auf dem ebenfalls nicht gerade sauberen Fußboden. Er wusste, was sie waren, und bei diesem Gedanken stieg ihm das Blut in den Kopf.
Eingetrocknetes Blut der Opfer.
Niemand hatte es entfernt, und er hatte das Gefühl, das Blut riechen zu können, wobei es ihm noch kälter wurde.
Er stöhnte auf. Es würde eine schwere Aufgabe für ihn werden, das sah er jetzt ein. Mit jeder Faser seines Körpers spürte er das Andere und Böse, das hier lauerte.
Mit beiden Händen umklammerte er sein Metallkreuz vor der Brust. Es war kalt, als hätte es zuvor in einem Eisfach gelegen. Auch das war ihm neu.
Schnell faltete Matthias die Hände und sprach ein Stoßgebet.
Jemand lachte!
Direkt nach dem Gebet, als wollte man ihm klarmachen, wie wenig ihm das hier helfen würde.
Matthias nahm eine noch starrere Haltung an. Ihm war kalt geworden. Er fühlte sich plötzlich wie ein Gefangener, umringt von unsichtbaren Feinden.
Dieser erste Eindruck sagte ihm, dass in diesem Haus das Böse mit seiner ganzen Urkraft lauerte und er wohl große Probleme bekommen würde.
»Wo soll ich beginnen?«, sprach er leise zu sich selbst.
Seit er das verfluchte Haus betreten hatte, war er von einer Unsicherheit erfasst worden, die er sonst nicht an sich kannte. Es musste an der anderen Macht liegen, die so stark war, wie er sich es vorher nicht hatte vorstellen können.
Zu sehen war nichts.
Er ging zu einem der Fenster, schaute hinaus und sah die leere Landschaft. Am Himmel zogen erste Schatten heran, die sich bald verdichten würden.
Danach ging er wieder zurück in die Zimmermitte und faltete die Hände um ein weiteres Gebet zu sprechen, weil er Kraft für seine nächsten Aufgaben brauchte.
Er flüsterte die Worte, die ihm einfielen und bekam eine Gänsehaut, als er erleben musste, was geschah. Jedes Wort erhielt plötzlich ein Echo, das allerdings böse und abwertend klang. Und das in einer Umgebung, in der es eigentlich kein Echo geben durfte.
Mitten im Text hörte er auf.
Es wurde wieder still.
Matthias stöhnte auf. Er hatte durch diese Echos den Beweis erhalten, dass er nicht mehr allein war. Es gab unsichtbare Wesen, die um ihn herum lauerten, und das machte ihm Angst.
Er sprach kein Gebet mehr, um nicht weitere Enttäuschungen zu erleben. Stattdessen griff er in die Tasche und holte den mit Weihwasser gefüllten Sprengel hervor. Eine Kugel mit Griff. Die Kugel selbst war mit Öffnungen versehen, die er noch freischieben musste, was in der nächsten Sekunde passierte. Er bewegte den Sprengel. Erste Tropfen lösten sich aus den Löchern und benetzten seinen Handrücken.
Dabei glaubte er, ein leises Zischen zu hören, achtete aber nicht weiter darauf.
Bevor er einige Bannsprüche flüsterte, wollte er das geweihte Wasser verspritzen. Er hob seinen rechten Arm an, bewegte ihn dann einige Male rauf und runter, damit das geweihte Wasser aus den Löchern spritzen konnte.
Bei dieser Aktion drehte er sich um sich selbst, weil er das Wasser in alle Richtungen verteilen wollte.
Es klappte auch, doch dann traf es ihn wie ein brutaler Hammerschlag.
Das Wasser verließ sein rundes Gefäß. Er sah die blitzenden Tropfen und auch das Ergebnis, das ihn erschütterte.
Die Wassertropfen zischten plötzlich auf, verwandelten sich für Sekundenbruchteile in kleine Nebelwolken, bevor sie verschwanden.
Nicht ein Tropfen Weihwasser erreichte den Boden.
Matthias war geschockt. Er hatte das Gefühl, völlig allein auf der Welt zu stehen. Verlassen von allem, was ihm lieb Und teuer war und woran er bisher geglaubt hatte.
Hier hauste das Böse.
Hier hatte er keine Chance mehr. Eine andere Seite, die einfach zu stark war, und er kam sich plötzlich so klein und unwichtig vor.
Einige Tropfen verließen noch die Löcher. Sie fanden ihren Weg nach unten. Diesmal schlugen sie auf den Boden und hinterließen ein leises Zischen.
Das Böse war überall. Es hatte sich hier eingenistet. Es gab keine Chance, ihm zu entgehen, und das bedrückende Gefühl des Verlassenseins verstärkte sich bei Matthias immer mehr.
Für einen Moment dachte er sogar an Flucht. Doch den Gedanken verwarf er sehr schnell wieder.
Nein, nicht kneifen. Nicht vor dem Bösen kapitulieren. Das war nicht seine Art.
»Gut«, flüsterte er, »ich werde kämpfen. Ich werde es euch zeigen! Die Macht des Himmels ist stärker! Hölle, wo ist dein Stachel?«
Es war schon eine fast provozierende Frage, die er
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