1575 - Luzifers Angriff
ducken, um durch die niedrige Tür zu treten.
Eine völlig andere Atmosphäre umgab uns.
Hier war alles klein. Auch die niedrige Decke passte dazu. Es gab keinen Flur, man geriet direkt in ein Zimmer, das als Küche diente. Die Geräte, die hier standen, sah man woanders im Museum, aber das spielte keine Rolle. Es passte eben zum Gesamtbild. Ein türloser Durchgang führte in einen Nebenraum, und dort gab es nicht mehr die Stille, die wir bei unserem Eintritt erlebt hatten, denn wir hörten ein leises Geräusch, das zunächst undefinierbar war, aber einem Stöhnen glich, das ein Mensch ausstieß, der unter starken Qualen litt.
Vor dem Durchgang blieb Stephan Kowalski stehen. Er nickte mir kurz zu. »Das ist sie.«
Ich räusperte mir die Kehle frei.
»Geht es Paula so schlecht?«
»Leider.«
Ich machte mich auf etwas gefasst, obwohl ich nichts Konkretes gehört hatte. Hinter meinem Begleiter betrat ich den Raum und musste abermals den Kopf einziehen.
Durch die kleinen Fenster fiel nur wenig Helligkeit. Und in diesem Zimmer war sie noch mehr reduziert, weil vor den beiden kleinen Öffnungen noch Vorhänge hingen.
Das Stöhnen kam von rechts. Dort stand ein Bett an der Wand, in dem jemand lag.
»Gibt es hier Licht?«, flüsterte ich.
Als Antwort drehte Stephan einen Schalter um. Es war noch ein alter Drehschalter, der bei der Bewegung knackte.
Die Lampe unter der Decke bestand aus einer Schale, von der ein gelblicher Schein ausging. Er reichte aus, um die Frau im Bett aus dem Halbdunkel zu lösen.
Sie lag auf dem Rücken.
Sie stöhnte weiter durch den offen stehenden Mund.
Stephan winkte mir zu, näher an das Bett heranzutreten, was ich auch tat.
Ich sah die Frau und holte tief Luft. Man hatte mir nichts über ihren Zustand gesagt, jetzt sah ich es selbst, und es war schlimm.
Das gesamte Gesicht war von nässenden Geschwüren bedeckt!
***
Der Klosterbruder stand in meiner Nähe und stellte keine Frage. Er ließ mich selbst schauen, damit ich mir mein eigenes Bild von dieser Person machen konnte.
Ich musste mich zwingen, die Augen offen zu halten. Was man dieser Frau angetan hatte, war einfach furchtbar. Geschwüre wie Pusteln, die aufgeplatzt waren und ihre Flüssigkeit entließen, die zudem noch ekelhaft roch. Die dicken Pusteln hatten alles im Gesicht erfasst. Sogar auf den Lippen klebten sie und schimmerten feucht.
Ich sah die offenen Augen der Frau, doch ich glaubte nicht, dass sie uns sah. Ihr Blick war ohne Leben. Starr war er gegen die Decke gerichtet.
Ob sich die Geschwüre am gesamten Körper ausgebreitet hatten oder nur das Gesicht bedeckten, war mir unbekannt. Deshalb fragte ich Stephan danach.
»Am gesamten Körper bis zu den Beinen hin, John. Willst du es sehen?«
»Nein, nein, schon gut.«
»Niemand kann ihr helfen.«
»War ein Arzt bei ihr?«
Der Agent der Weißen Macht hob die Schultern. »Ja, er war bei ihr. Das hat man mir gesagt. Aber er ist wieder gegangen, nachdem er eine Salbe ausprobiert hat. Du siehst ja selbst, dass sie nicht geholfen hat. Ich bin der Meinung, dass es keine normalen Geschwüre sind, die man konventionell heilen kann. Die hier sind auf eine andere Weise entstanden. Da hat die Macht der Hölle ihre Finger mit ihm Spiel gehabt, das gebe ich dir schriftlich.«
»Dann besteht keine Chance zur Heilung?«
Stephan hob nur die Schultern.
»Willst du mit ihr reden?«, fragte ich ihn.
»Ich kann es ja mal versuchen.«
»Bitte.« Ich ging aus dem Weg, stellte mich aber so hin, dass ich Paula beobachten konnte.
Ihr Verhalten hatte sich nicht verändert. Sie sah noch immer so aus wie bei unserer Ankunft. Der Mund stand offen und das leise Jammern und Stöhnen drang auch weiterhin über die Lippen. An den Geruch hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Es gab keine Chance, ihn loszuwerden, solange die Geschwüre den Körper bedeckten, der bis auf den Kopf unter einem Laken verschwunden war.
Stephan Kowalski sprach sie mit leiser Stimme an. Er wiederholte mehrmals ihren Namen. Was er dann sagte, verstand ich nicht, ich wartete nur gespannt auf eine Antwort und hoffte, dass sie dazu in der Lage war.
Wir mussten beide viel Geduld haben.
Stephan setzte noch einige Male nach, bis die Frau ihm endlich zuhörte, denn das Stöhnen war plötzlich nicht mehr zu hören.
Sie redete. Sehr leise drangen die Worte aus ihrem Mund. Stephan musste sich schon sehr anstrengen, um sie zu verstehen. Er hatte seinen Kopf tiefer gebeugt, und auch ich vernahm die geflüsterten Worte,
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