1576 - Die Leichengasse
suchen sollen. Es lag zu vieles in einem dichten Nebel.
»Mehr kann ich Ihnen wirklich nicht sagen«, flüsterte sie, »und bitte, verraten Sie mich nicht.«
»Keine Sorge. Ihr Chef wird nicht erfahren, woher wir unsere Informationen haben.« Suko lächelte sie an. »Wollen Sie noch irgendwohin gebracht werden?«
Mrs. Parker schaute auf die Uhr. »Nein, nein, um Himmels willen. Meine Pause ist bereits überschritten. Ich muss zurück, sonst bekomme ich wieder Ärger.«
»Dann wünschen wir Ihnen viel Glück. Und wenn Ihnen noch etwas einfällt…«
»… werde ich mich bei Ihnen melden. Den Satz kenne ich aus zahlreichen Krimis.«
Die Tür öffnete sie selbst.
Wir schauten ihr nach, bis sie in die schmale Alleestraße einbog. Wir konnten nur die Schultern anheben. Wir dachten dabei an Jane Collins und damit zwangsläufig an die Leichengasse.
Suko fragte: »Kennst du eine Leichengasse?«
»Nein. Aber wir werden sie finden müssen.«
»Und Jane?«
»Daran will ich gar nicht erst denken…«
***
Jane Collins hatte überlegt, ob sie den Auftrag überhaupt annehmen sollte. Sie war ja einiges gewohnt, aber Leichenräuber zu stellen, das war ihr neu. Schließlich hatte sie sich dafür entschieden, denn so ein Job reizte sie. Jane hatte auch mit dem Gedanken gespielt, ihren Freund John Sinclair einzuweihen, doch den Gedanken hatte sie hintangestellt.
Erst wollte sie herausfinden, ob dieser Fall kein Finte war.
Aber Aaron Grant hatte recht überzeugend gewirkt, obwohl er auf sie nicht eben einen sympathischen Eindruck gemacht hatte. Aber er hatte Jane freie Hand gegeben, und sie tat das, was auf der Hand lag.
Da die Leichen in der Nacht gestohlen worden waren, wollte sie sich auf die Lauer legen. Dabei wunderte sie sich darüber, dass der Bestatter selbst nicht längst auf die Idee gekommen war. Er hätte eine Wachmannschaft engagieren und den Dingen selbst auf den Grund gehen können.
Jane hatte ihn auch darauf angesprochen. Angeblich war dieses Personal zu teuer. Zudem wollte Grant jedes Aufsehen vermeiden, das seinem Geschäft schaden konnte.
Also legte sich Jane auf die Lauer und hoffte, dass sie Glück haben würde. Ihr Platz war gut gewählt. Von dort aus hatte sie den gesamten Hof im Blickfeld und damit auch die Gebäude, die zur Firma gehörten.
Warten war immer so eine Sache. Die meisten Menschen hassten es.
Da machte auch Jane Collins keine Ausnahme. In diesem Fall blieb ihr keine andere Wahl. Es gab nur diese eine Möglichkeit.
Jane Collins dachte nach, und sie behielt dadurch ihre innere Spannung.
Sie machte sich Gedanken darüber, was die Diebe mit den gestohlenen Leichen anstellten. Da gab es einige Möglichkeiten. Man benötigte Leichen für medizinische Zwecke, aber auch das genaue Gegenteil war möglich. Es gab genügend Perverse auf der Weit, die mit Toten gewisse Bedürfnisse befriedigten.
Es gab auch noch eine dritte Möglichkeit. Leichen als Nahrung. Zum Beispiel für die widerlichste Art von niederen Dämonen. Ghouls, die sich von Toten ernährten. Damit hatte Jane Collins im Laufe ihres Lebens einige Erfahrungen sammeln können.
Überhaupt war ihr bisheriges Dasein sehr turbulent gewesen. Erlebt hatte sie alles. Den Himmel und auch die Hölle, die es mal geschafft hatte, sie auf ihre Seite zu ziehen und sie zu einer Hexe zu machen.
Wobei in ihrem Innern noch gewisse Kräfte zurückgeblieben waren.
Letztendlich war es ihr mithilfe ihrer Freunde gelungen, sie wieder zu einem normalen Menschen zu machen, sodass sie ihrem alten Job nachgehen konnte, wobei sie immer wieder mit ungewöhnlichen Fällen konfrontiert wurde.
Jetzt deutete alles darauf hin, dass es wieder mal so sein würde.
Gestohlene Leichen, das war nicht normal.
Sie dachte auch darüber nach, ob es nicht doch besser war, die Polizei einzuschalten, denn was Aaron Grant ihr berichtet hatte - die Bestattungen von mit Steinen gefüllten Särgen -, war nicht unbedingt ein leichtes Vergehen.
Die Dunkelheit drückte wie eine schwere Last auf die Umgebung. Der Tag war heiß gewesen. Es hatte auch ein kurzes Gewitter gegeben.
Jetzt war die Hitze der Schwüle gewichen. Die Temperaturen hatten sich kaum gesenkt. In der Luft hing eine Feuchtigkeit, die gewisse Gerüche intensivierte, die in Janes Nase drangen. Es war eine Mischung aus Erdgeruch und dem, den die nahen Bäume abgaben. Sie glaubte, die feuchte Rinde zu riechen.
Mitternacht.
Jane gähnte. Sie hoffte, dass in der Nacht etwas passieren würde und sie nicht zu
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