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1576 - Die Leichengasse

1576 - Die Leichengasse

Titel: 1576 - Die Leichengasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Verlies fiel und den schmutzigen Boden erhellte.
    Der Mann betrat das Verlies. Grell war das Licht, das er in Janes Gesicht schickte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Geräusche.
    Sie hörte den Mann heftig atmen. Dann stellte er etwas ab.
    »Darf ich dich etwas fragen?«, fragte Jane.
    »Nein!«
    Jane gab nicht auf. »Warum nicht?«
    »Weil ich es nicht will.«
    »Du darfst nicht. Dein Chef hat es dir verboten, oder?«
    »Halt dein Maul.«
    Nach dieser sehr deftigen Antwort geschah etwas, was Jane verwunderte. Der Mann fing an zu lachen. Das hörte sich sogar sehr echt an und nicht gekünstelt.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Das wirst du noch erleben.«
    »Wieso?«
    Das Licht schwankte, blieb aber auf ihrem Gesicht.
    »Finde es selbst heraus.«
    Nach dieser etwas nebulösen Antwort, zog sich der Mann wieder zurück und ließ Jane allein.
    Eine derartige Unterhaltung hatte es zwischen ihr und ihrem Entführer bisher noch nicht gegeben. Sie merkte auch, dass etwas anders war als sonst. Wenn zuvor ihr Bewacher das Gefängnis wieder verlassen hatte, dann war der Riegel wieder vorgeschoben worden. Das war mit einem bestimmten Geräusch verbunden, und genau das vermisste Jane diesmal, sodass sie sich die Frage stellte, ob sie die Tür öffnen konnte.
    Der Gedanke daran ließ ihr Herz schneller klopfen. Sie verspürte auch ein inneres Zittern, das auf ihre Anspannung zurückzuführen war.
    Eigentlich hätte sie eine Chance für sich sehen müssen, nur wollte sie daran nicht so recht glauben.
    Und doch war es einen Versuch wert. So ging Jane Collins auf die Tür zu, die sie nicht sah, von der sie allerdings wusste, wo sie sich befand.
    Auch die Nahrung wurde immer wieder am selben Platz abgestellt, und es bereitete Jane keine Probleme, ihn zu umgehen, um wenig später mit den ausgestreckten Händen gegen das leicht feuchte Holz der Tür zu stoßen.
    Auch wenn sie nicht verriegelt sein sollte, Jane glaubte nicht daran, dass es der Weg in die Freiheit war.
    Das Gefühl, vor einer wichtigen Entscheidung zu stehen, wollte nicht von ihr weichen. Sie fand einen breiten Metallgriff und umklammerte ihn mit beiden Händen. Um die Tür zu öffnen, benötigte sie eine gewisse Kraft, und es gab kein langes Überlegen mehr.
    Jane zog die Tür auf.
    Im ersten Moment wunderte sie sich darüber, wie schnell das passierte.
    Und es gab niemanden, der auf der anderen Seite gewartet hätte, um sie aufzuhalten.
    Der Blick nach vorn. Dann trat die Detektivin ins Freie…
    ***
    Jane konnte es auch nach dem ersten Schritt nicht fassen, dass sie niemand erwartete und aufhielt. Man ließ sie in Ruhe, und so konnte sie sich mit der neuen Umgebung vertraut machen.
    Was hat das zu bedeuten? Wo bin ich?
    Diese zwei Fragen beschäftigten Jane.
    Es war düster in ihrer Umgebung, aber nicht finster wie in dem hinter ihr liegenden Verlies. Wenn sie den Kopf nach rechts drehte, dann sah sie zunächst nichts. Ihr war nur klar, dass sie am Ende einer schmalen Straße stand, die an der rechten Seite tatsächlich in einem Nichts endete, in dem sich die Dunkelheit zusammenballte.
    Als sie den Blick in die andere Richtung schwenkte, sah sie eine Gasse vor sich. An beiden Seiten befanden sich niedrige Häuserzeilen.
    Zwischen den einzelnen Gebäuden gab es keine Lücken, soviel sie erkannte.
    Es war auch nicht dunkel. Etwas Licht fiel aus den Fenstern der Häuser.
    Niemals viel, immer nur ein schwacher Schein, der sich als Flecken auf dem Boden wiederfand.
    Um sie herum war die Stille. Nichts bewegte sich. Sie sah auch keinen ihrer Entführer. Jane stand inmitten einer Atmosphäre, in der man sich nur verlassen fühlen konnte, weil sie einfach nichts Positives sah, das sie hätte aufheitern können.
    Hier war alles anders, eine Welt für sich, die an Tod und Sterben erinnerte.
    Jane Collins rann bei dem Gedanken eine Gänsehaut über den Rücken.
    Zwar war sie nicht mehr gefangen, doch sie ahnte, dass sie noch längst nicht gerettet war, denn einen normalen Ausweg sah sie nicht.
    Es gab in dieser Gasse keinen Anfang und kein Ende. Nirgendwo sah sie Anzeichen von Leben. Und doch musste es hier Menschen geben.
    Schließlich hatte man ihr die Nahrung gebracht, und das hatte ein normaler Mensch getan.
    Warum bin ich frei?, fragte sie sich. Was hat man mit mir vor? Welche Reaktion erwartet man von mir?
    Es war ihr unmöglich, darauf eine Antwort zu finden. Sie war sich sicher, dass es eine gab, aber die musste sie erst einmal finden.
    Und so ging

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