1576 - Die Leichengasse
anhalten müssen.
Und dann waren sie wie Kastenteufel aus dem Lieferwagen gesprungen.
Sie hatten sich in dem Fahrzeug versteckt gehalten und den richtigen Moment abgewartet.
Und jetzt? Was war jetzt?
Ein Überfall!, dachte Penn wieder. Ein verdammter Überfall.
Die Typen waren eine besondere Art von Straßenräubern gewesen und hatten kein Pardon gekannt.
Er tastete sich noch im Liegen ab und wunderte sich darüber, dass seine Brieftasche noch vorhanden war. Auch das Kleingeld steckte noch in der rechten Hosentasche, was ihn schon verwunderte. Warum waren er und sein Kollege dann überfallen worden?
Starke Schmerzen breiteten sich in seinem Kopf aus, und sie wurden noch intensiver, als er sich aufrichtete, die Hände gegen die Schläfen presste und erst mal sitzen blieb. Er wollte warten, bis die Stiche ein wenig abgeebbt waren.
Penn dachte auch an seinen Kollegen. Ihn musste es ebenfalls erwischt haben, aber er hörte nichts von ihm. Da gab es kein Stöhnen, kein Flüstern, es war eine für ihn schlimme Stille.
Er dachte plötzlich daran, dass sein Kollege nicht mehr am Leben sein könnte. Dieser schreckliche Gedanke ließ ihn seine Schmerzen vergessen. Er wusste jetzt, dass er auf die Beine kommen musste, um nach Jack zu suchen.
Für Brian Penn war es nicht leicht, aufzustehen. Und als er endlich stand, da schwankte er wie das berühmte Rohr im Wind und war froh, nicht wieder zu fallen.
Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Transporter verschwunden war. Wenn er nach vorn blickte, sah er nur den Leichenwagen, bei dem sogar noch die Scheinwerfer brannten, die ihm ihr Licht entgegenschickten.
Die Straße war ansonsten leer. Brian hatte gedacht, seinen Kollegen dort liegen zu sehen, doch das war nicht der Fall.
Aber irgendwo musste Jack sein, und dieser Gedanke trieb ihn voran. Er schwankte stark beim Gehen, geriet in das Licht der Scheinwerfer und atmete auf, als er den Leichenwagen erreicht hatte und sich nach vorn fallen lassen konnte, sodass er eine Stütze auf der Motorhaube des Daimlers fand.
Er musste eine Weile pausieren. Wenn er Luft holte, hörte es sich schon schlimm an. Die Motorhaube unter seinen Händen schien hin und her zu schwanken, wie auch die übrige Welt um ihn herum.
Irgendwann war der Zeitpunkt da, wo es ihm etwas besser ging und er sich wieder auf sein Vorhaben konzentrieren konnte, seinen Kollegen zu suchen. Er glaubte nicht, dass die schattenhaften Typen ihn mitgenommen hatten. Da musste es noch etwas geben, das konnte nicht alles sein.
Mit diesem Gedanken setzte er seinen Weg fort.
Er schob sich an der Beifahrerseite des Leichenwagens entlang. Er stützte sich dort ab, um nicht zu fallen. Sein Blick war noch nicht richtig klar, und doch sah er, was da am Boden lag.
Ein Mensch…
Er lag neben dem Hinterrad, und er sah aus, als hätte er sich dort zum Schlafen hingelegt.
Das konnte es nicht sein.
Dass es Jack Benson war, wusste Brian.
Zugleich war das Gefühl der Angst in ihm hochgeschossen, denn Jack lag wie ein Toter auf der Straße.
Kein Zucken, keine Bewegung.
Die Angst um seinen Kollegen baute sich als gewaltiger Druck in ihm auf.
Mit unsicheren Schritten ging er auf Jack zu.
Neben ihm hielt er an. Er ging langsam in die Knie, und es war für ihn schlimm, dass er in der nächtlichen Stille keinen Atem hörte.
Sollte Jack es wirklich nicht überstanden haben?
Sein Blick fiel in Bensons Gesicht, denn der Kollege lag auf dem Rücken. Geschlossene Augen, ein offener Mund. Aber es war kein Atmen zu hören.
Obwohl Penn sich selbst mehr als mies fühlte und seine Reaktionen auch nicht normal waren, wollte er nachfühlen und legte deshalb einen Finger auf die Halsschlagader des Liegenden. Wenn er dort etwas spürte, dann…
Nicht mehr denken. Nur noch handeln.
Seine Fingerkuppe fuhr über die linke Seite hinweg, und er spürte tatsächlich etwas.
Sein Kollege lebte!
Er lag nur in einer tiefen Bewusstlosigkeit.
Brian wollte lachen, doch aus seinem Mund lösten sich nur krächzende Geräusche. Aber die, Erleichterung war da, und der Leichenwagen stand auch in der Nähe. So konnte er Brian wieder als Stütze beim Hochkommen dienen.
Er stand auf den Füßen. Wacklig zwar, aber immerhin, und er sah erst jetzt, dass die hintere Tür des Daimlers weit offen stand.
Sie hatten das nicht getan.
Das mussten die Typen gewesen sein, die sie überfallen hatten.
Die wenigen Schritte legte er auch noch zurück, um in den Wagen schauen zu können.
Der Sarg stand noch da.
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