158 - Die Seele aus dem Zwischenreich
schleuderte die beiden Torflügel zu, und Ginny sank mir zitternd in die Arme. Ich sagte ihr, was geplant war. Wir kehrten um, und sobald sie wieder angezogen war, verließen wir das Gebäude, in dem schon etliche unglückliche Seelen ihr Leben verloren hatten.
Ich sorgte dafür, daß Shavenaar wieder unsichtbar wurde, und eilte mit dem Mädchen durch das Camp.
Vor uns tauchten plötzlich zwei Männer auf. Buchstäblich aus dem Nichts waren sie gekommen. Ihr Erscheinen stoppte uns, und Ginny klammerte sich ängstlich an mich, denn die Schergen zielten mit Armbrüsten auf uns. Wenn sie abdrückten, waren wir erledigt. Ich hätte es nicht geschafft, mit Shavenaar an sie heranzukommen. Die Entfernung war zu groß, ich konnte sie nicht überbrücken. Der Pfeil wäre auf jeden Fall schneller gewesen.
»Nun sind wir doch verloren«, flüsterte Ginny verzweifelt. »Ich hätte wissen müssen, daß es keine Rettung gibt.«
Die beiden Männer brachten uns zu Jachedran, der alle Gefangenen aus den Hütten holen ließ. In Gruppen mußten sie antreten, um zu hören, was der Campleiter vorhatte.
Zwei von jeder Gruppe sollten freiwillig vortreten und stellvertretend für die anderen bestraft werden.
Ich war beeindruckt, als ich sah, daß nicht nur zwei, sondern jeweils die ganze Gruppe vortrat. Die verlorenen Seelen hielten wie Pech und Schwefel zusammen.
Da sich keine zwei Freiwillige fanden, bestimmte Jachedran die Opfer.
Ich kannte nur die aus meiner Hütte: Velda Hunnicutt und Roy Del Kidd.
Ben Rudnik wollte Veldas Platz einnehmen, doch Jachedran peitschte ihn zurück.
Wir wurden vor den Campleiter gestoßen. Niemand brauchte ihn zu informieren. Er sah Ginny und wußte Bescheid. Sein Blick durchbohrte mich, »Du hast dieses Mädchen dem Feuer vorenthalten. Warum hast du das getan? Ginny ist auf jeden Fall verloren - wie ihr alle. Du kannst ihren Tod nicht verhindern, hast ihn nur aufgeschoben. Ich werde sie persönlich den Flammen übergeben, und dir lasse ich die Freude zuteil werden, dabei zuzusehen. Du wirst aus nächster Nähe mit ansehen, wie das Feuer dieses Mädchen frißt, und anschließend wirst auch du in den Flammen umkommen. Wie ist dein Name?«
»Tony Ballard,«
»Auf die Knie, Tony Ballard!« verlangte Jachedran.
Ich blieb stehen.
Um zu zeigen, daß er der Stärkere war, mußte er mir seinen Willen aufzwingen. Er wollte es mit der Peitsche tun. Das Leder zischte durch die Luft, und im selben Moment wurde Shavenaaar in meiner Hand sichtbar. Als die Peitsche das Höllenschwert traf, geschah etwas Verblüffendes: Das Leder brannte plötzlich wie eine Zündschnur, jedoch viel schneller. Eine fauchende weiße Flamme raste auf Jachedrans Hand zu und verletzte ihn, ehe er den Knauf loslassen konnte.
Die Schergen waren so verwirrt, daß sie zu reagieren vergaßen, und auch Jachedran war verstört. Diese Gelegenheit durfte ich nicht ungenützt lassen. Gedankenschnell schlug ich mit dem Schwert zu und verletzte den Campleiter geringfügig. Alle sollten sehen, daß mir eine Waffe zur Verfügung stand, mit der ich Jachedran töten konnte.
Ehe sich die Schergen geistig gesammelt hatten, befand sich Jachedran in meiner Gewalt. Die Spitze des Höllenschwerts saß an seiner Kehle, und ich ließ keine Zweifel daran, daß ich zustoßen würde, wenn nicht geschah, was ich wollte.
»Deine Männer sollen die Waffen ablegen!« sagte ich zu Jachedran.
»Tut, was er sagt!« knirschte der Campleiter. »Legt eure Waffen ab!«
Zögernd kamen sie seiner Aufforderung nach. Danach mußten sie das Lagertor für uns aufmachen, und als ich Befehl zum Abmarsch gab, stießen die Gefangenen begeisterte Jubelschreie aus.
»Das wirst du teuer bezahlen, Tony Ballard!« fauchte Jachedran wütend.
»Deine Männer bleiben im Camp!« sagte ich schneidend. »Wenn sie uns folgen, verlierst du dein Leben.«
»Yotephat wird dich bestrafen! Er wird dich vernichten!«
Ein unbeschreibliches Gefühl erfüllte mich, als wir das Camp der verlorenen Seelen verließen. Wir hatten plötzlich wieder eine Zukunft, Qual und Seelenpein waren zu Ende. All die vielen Seelen um mich herum würde Yotephat nicht bekommen, ihre Energie würde ihn nicht kräftigen. Er mußte ohne diese Opfer auskommen.
Ich war entschlossen, Jachedran ins Diesseits mitzunehmen, als Faustpfand, damit es auf dem letzten Stück Weg nicht noch zu einer unerfreulichen Überraschung kam, doch meine Geisel wollte das Jenseits um keinen Preis verlassen.
Als wir in den Nebel
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