1583 - Assungas tödlicher Liebling
Breite Katzengesichter und kalt schimmernde Augen. Zwei prächtige und schöne Raubkatzen, die eine tödliche Gefahr darstellen konnten. Sie fühlten sich wohl gestört, und die Hexe glaubte nicht daran, dass sie guter Laune waren.
Die Spitzen der Waffen waren immer noch auf Rosalie gerichtet, aber das störte sie nicht mehr. Sie sprach die Wiedergänger an und sagte dabei mit halblauter Stimme: »Ich denke, ihr werdet gleich Probleme bekommen.«
»Wir?«, krächzte einer.
»Ja, ihr. Oder habe ich mich so undeutlich ausgedrückt?«
»Und du willst uns diese Probleme bereiten?«
»Nein«, erwiderte Rosalie gelassen.
»Nicht ich.«
»Ach, und wer dann?«
»Dreht euch mal um!«
Sie zögerten.
»Los, macht schon, bevor es zu spät ist!«
Nur einer drehte sich um. Der Zweite behielt die Hexe weiterhin unter Kontrolle. Aber dann hörte er den gezischten Fluch seines Artgenossen und war alarmiert.
Er fuhr herum.
Zwei ausgewachsene Tiger standen sprungbereit vor den beiden Blutsaugern. Mächtige Körper, die leicht zitterten. Kalte Blicke. Zungen, die über das Maul leckten, als freuten sie sich darauf, Menschenfleisch zwischen die Zähne zu bekommen.
Rosalie konnte nicht anders. Sie musste lachen. Zudem war sie froh, etwas weiter von den Tigern entfernt zu stehen. Sie konnte dadurch Zeit gewinnen.
Aber sie fragte sich auch, ob die Raubkatzen überhaupt Vampire angriffen, die nicht nach normalen Menschen rochen. Sie konnten durchaus etwas ausströmen, was die beiden Tiere von einem Angriff abhielt. So genau war das nicht einzuschätzen.
Aber es trat das ein, was sie sich gewünscht hatte. Die Blutsauger waren abgelenkt worden. Ihr Instinkt sagte ihnen, dass die Tiger sie als Ziel ausgesucht hatten.
Kamen sie? Schlichen sie heran? Oder wollten sie springen?
In diesen Augenblicken lag alles in der Schwebe. Viele Alternativen gab es nicht, und als die beiden Katzen ihre Mäuler öffneten, sah es aus wie ein Startsignal.
Der erste Tiger stieß sich ab. So schwer sein Körper auch war, in ihm steckte eine gewaltige Sprungkraft, mit der er die Entfernung zu seiner Beute locker überwinden konnte.
Geschmeidig sah es aus, als der Körper durch die Luft flog, begleitet von einem wilden Fauchen, das anzeigte, wie wenig Gnade das Tier kannte.
Der Vampir blieb einfach stehen. Er riss nur seine Stichwaffe hoch, aber de war die große Katze bereits über ihm.
Die Hexe war bis an den Felsen zurückgewichen. Sie beobachtete, was geschah, doch sie sah nicht, ob die Waffe tatsächlich getroffen und das glänzende Fell durchbohrt hatte.
Der Vampir wurde von der Wucht des Anpralls zurückgeschleudert. Er prallte rücklings auf den Boden, und plötzlich war der schwere Körper über ihm. Er war so breit und lang, dass der Blutsauger darunter verschwand.
Ein Knurren war zu hören. Danach sah Rosalie die Bewegungen des Kopfes. Dabei war das Maul nicht geschlossen. Scharfe Zähne blitzten, als wären sie poliert worden. Im nächsten Augenblick hörte sie ein schreckliches Geräusch, als der Tiger zugebissen hatte.
Kein Schrei brandete auf. Der Vampir schaffte es auch nicht, sich zu wehren. Er musste den Biss hinnehmen, der ihm die ganze Kehle aufriss. Haut und Sehnen hingen in der Schnauze des Raubtiers.
Das alles hatte nur Sekunden gedauert. Der zweite Tiger hatte sich noch zurückgehalten und die Szene nur beobachtet, ebenso wie der zweite Vampir.
Das blieb nicht so, denn auch das zweite Tier wollte seine Beute haben und sprang.
Wäre der Wiedergänger durch die Vorgänge nicht abgelenkt gewesen, er hätte vielleicht ausweichen können. Doch das war ihm auf die Schnelle nicht mehr möglich. Zu nahe stand ihm das Raubtier.
Zu mächtig und auch zielsicher war dessen Sprung, und so rammte der schwere Körper gegen die Gestalt des Blutsaugers.
Auch er flog nach hinten. Es gab keinen Halt für ihn in der Nähe. Auch er landete am Boden und rutschte dort weiter, sodass die Zähne des Tigers seine Kehle verfehlten.
Stattdessen verbiss sich die Raubkatze in der Mitte des blutleeren Körpers. Der mächtige Kopf zuckte noch mal, damit das Gebiss tiefer beißen konnte. Es wühlte sich förmlich in den Körper hinein und riss etwas aus der großen Wunde hervor, das wie Eingeweide aussah.
Rosalie stand da und staunte. Sie konnte sich nicht mal bewegen. Was die Tiere da taten, war kaum zu begreifen. Sie schienen einen riesigen Hunger zu haben.
Und Rosalie schaute zu. Sie wollte eigentlich den Kopf abwenden, doch das brachte sie
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