1585 - Eine Leiche nach Akkartil
antwortete Sellash in seiner offenen, unkomplizierten Art. „Sie wird untersucht, nehme ich an.
Man bringt sie in ein Labor, das Paunaro für sich mit Beschlag belegt hat."
„Werden wir mit Paunaro sprechen können?"
„Vorerst sicherlich nicht", sagte der geklonte Unither. „Er ist mit Balinors sterblichen Überresten beschäftigt."
Durch die kleine Schleuse führte der Weg in einen Antigravschacht, der abwärts gepolt war.
Diesen Bereich des im Innern des Berges gelegenen Stützpunkts kannte Sato Ambush nicht. Auch der kleine Raumhafen, auf dem die TABATINGA gelandet war, war offenbar erst vor kurzem angelegt worden. Als sie den Antigravschacht verließen, nachdem sie etwa achtzig Meter in die Tiefe gesunken waren, führte Sellash sie durch eine Reihe von verwinkelten Felskorridoren, bis sie endlich in eine Gegend gelangten, die der Pararealist wiedererkannte. Hier war sein Labor, hier war seine Unterkunft gewesen.
Sellash bezeichnete vier nebeneinander liegende Türen. „Dort ist das Quartier für euch gerichtet", erklärte er. „Wo bleibst du?" fragte Nikki Frickel. „In der Nähe", antwortete Sellash. „Ich stehe zu euren Diensten. Wenn ihr Wünsche habt, braucht ihr mich nur über Interkom zu benachrichtigen. Ich melde mich dann sofort."
„Sind wir in unserer Bewegungsfreiheit Einschränkungen unterworfen?" wollte Sato Ambush wissen. „Das kann ich nicht sagen", erklärte der Unither. „Danach müßt ihr Paunaro fragen. Warum erkundigst du dich danach?"
„Ich suche nach einem Gerät, das ich angefertigt habe, als ich mich hier mehrere Monate lang aufhielt", sagte der Pararealist.
Sellash, der vermeintlich Unbedarfte, überraschte ihn mit der Gegenfrage: „Sprichst du vom Paranakk?"
„Ja!" bestätigte Sato Ambush. „Ich fürchte, er ist nicht mehr dort, wo du ihn zusammengebaut hast", antwortete der Klon. „Die Nakken haben ihn auseinandergenommen und woandershin gebracht."
„Warum?"
„Das weiß ich nicht."
„Ich möchte jetzt, noch bevor ich meine Unterkunft betrete, meinen ersten Wunsch äußern", erklärte Sato Ambush.
Sellash grinste ihn an. „Um eure Wünsche zu erfüllen, dazu bin ich da", strahlte er. „Was willst du haben?"
„Ich brauche ein Gespräch mit Paunaro, und zwar so schnell wie möglich."
Da fiel zum erstenmal ein Schatten über Sellashs sonst so heitere und unbekümmerte Miene. „Ich weiß nicht, ob ich dir in dieser Hinsicht dienlich sein kann", antwortete der Unither. „Ich habe freie Hand in allem. Aber was eure Verbindung mit den Nakken angeht ..." Der Rüssel schwenkte hin und her. Das war soviel wie ein menschliches Schulterzucken. „Ich nehme an, ihr wißt selbst, wie das ist. Es fallt einem schwer, sie anzusprechen und ihnen Wünsche zu verdeutlichen, die sie nicht verstehen wollen."
Sato Ambush blieb freundlich. „Tu mir einen Gefallen und versuche es trotzdem", bat er. „Es ist wichtig - und zwar für beide Seiten! -, daß ich mit Paunaro spreche. Und jetzt zeig mir das Quartier, in dem ich unterkommen soll."
*
Die Unterkunft kannte er. Er hatte monatelang hier gewohnt. Es waren zusätzliche Annehmlichkeiten eingebaut worden, zum Beispiel eine Servierautomatik, die erstklassige, auf den Gaumen und den Metabolismus des Terraners abgestimmte Speisen und Getränke produzierte.
Von Sato Ambushs Unterkunft waren es nur ein paar Schritte bis zu dem Labor, in dem er damals gearbeitet hatte. Der Raum war kahl. Nicht einmal ein einziges Stück der ursprünglichen Ausstattung war mehr vorhanden. Nackte Wände starrten ihn an. Von dem Paranakk, den er hier zusammengebaut hatte, fehlte jede Spur. Kommunikationsgeräte, die früher zur selbstverständlichen Einrichtung eines jeden Raumes gehört hatten, waren ebenfalls abwesend. Er kehrte in sein Quartier zurück. Von dort aus versuchte er, den Kontakt mit Paunaro herzustellen. Das mißlang. Das Verständigungssystem, nach der Art eines terranischen Interkoms ausgelegt, sprach auf seine Bemühungen nicht an. Es reagierte, als sei nirgendwo auf Akkartil ein Wesen namens Paunaro bekannt.
Er rief nach Sellash. Der Biont erschien Augenblicke später. Nein, auch er hatte mit seinen Versuchen, eine Verbindung mit Paunaro herzustellen, keinen Erfolg gehabt. Er hatte sich ehrlich bemüht, das merkte man seinen Worten an. Für überzeugendes Lügen reichte sein Intellekt nicht aus. Sato Ambush dankte ihm mit lobenden Worten. Er war überzeugt, daß Sellash in seiner Naivität ihm noch von großem
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