1585 - Eine Leiche nach Akkartil
Galway. „Der Rollstuhl-Unither?" fragte Nikki Frickel. „Genau den meine ich", bestätigte Galway. „Er weiß hier Bescheid. Er wußte zum Beispiel, daß der Paranakk auseinandergenommen und woandershin gebracht worden war. Vermutlich ist er über diese beiden Raumschiffe bestens informiert. Und, wie gesagt: Er mißtraut uns nicht."
„Gute Idee", lobte Nikki Frickel. Für Sato Ambushs Begriffe ging die Unterhaltung um völlig uninteressante Themen. Er dachte an das, was Prentice Galway ihm über die effizientere Methode einer Suche nach dem Paranakk gesagt hatte. „Habt ihr schon eine Spur des Geräts gefunden?" wollte er wissen. „Welches Geräts?" fragte Nikki Frickel. „Des Paranakks. Worum sonst sollte es gehen?"
Die Kommandantin der TABATINGA machte eine abwehrende Geste. „Zu deinem Paranakk kommen wir noch, kleiner Mann", sagte sie im Tonfall einer Lehrerin, die auf einen aufsässigen Schüler einspricht. „Zuerst will ich mal sehen, wer hier auf Akkartil zu Besuch kommt."
An den Seiten der beiden gelandeten Raumschiffe hatten sich inzwischen die Schleusen geöffnet.
Aus dem näher der Felswand gelegenen Fahrzeug kamen drei Nakken zum Vorschein, aus dem anderen zwei. Auf ihren Gleitpods schwebten sie in Richtung des Tores, durch das unmittelbar nach der Landung der TABATINGA die Roboter gekommen waren. Sekunden später waren sie aus dem Blickfeld entschwunden. „Wer waren sie?" fragte Nikki Frickel. „Kannst du Nakken identifizieren?" erkundigte sich Sato Ambush. „Nein. Also halten wir uns an unseren Rollstuhl-Unither."
„Wie ist das jetzt mit dem Paranakk ...?"
„Einen Augenblick." Nikki Frickel hatte sich umgewandt und sah den Pararealisten an. Sie wirkte ungewöhnlich ernst. „Damit wir uns richtig verstehen: Wir haben diese Kommunikationsstelle erst vor kurzer Zeit gefunden. Ich meine, daß wir von hier aus mit guter Aussicht auf Erfolg nach deiner Maschine suchen können. Aber wir haben mit der Suche noch nicht begonnen. Wir mußten uns erst mit dem System vertraut machen. Dabei sind wir auf eine Sache gestoßen, die du dir ansehen solltest."
Sie nickte Galla Campos zu. Galla machte sich von neuem an den Kontrollen des Kommunikationssystems zu schaffen. Verworrene Bilder huschten über das Videofeld. Ein paar Sekunden später wurde die Wiedergabe stabil. Sato Ambush blickte in eine weite, spärlich erleuchtete Halle, die unmittelbar aus dem Felsen im Innern des Berges gehauen war. Der Blick, den das Aufnahmegerät vermittelte, ging auf eine hohe Wand, vor der reihen- und stapelweise gläserne Behältnisse aufgebaut waren, nicht unähnlich dem Glassitsarg, in dem sich Balinors sterbliche Überreste befanden.
Die Augen des Pararealisten weiteten sich vor Staunen und Entsetzen. In den gläsernen Behältern lagen Leiber von humanoiden Wesen, viele davon durchaus menschlich wirkend, andere wiederum verunstaltet - nicht etwa durch äußere Verletzungen, sondern durch genetische Manipulationen, die vor Eintritt der biologischen Existenz vorgenommen worden waren. Kreaturen mit zwei Köpfen waren zu sehen und solche, denen die Arme oder die Beine fehlten. Es gab Gesichter, die einem Menschen gehört haben könnten, aber mit drei oder vier Augen ausgestattet waren, und es gab Körper, denen der Schädel seitwärts aus der Hüfte wuchs oder gänzlich abhanden gekommen war.
So hatte noch niemand Sato Ambush gesehen. Die Kinnlade war herabgesunken. Die Augen drohten aus den Höhlen zu quellen. Der sonst so deutlich ausgeprägte Teint der Gesichtshaut war grau geworden. „Bei allen Göttern des himmlischen Reiches!" ächzte er. „Was ist das?"
„Auf terranisch würde man sagen, ein Friedhof", antwortete Nikki Frickel ungerührt. „Offenbar experimentieren die Nakken auf Akkartil mit Bionten, ihren Hyperraum-Scouts."
Unwillkürlich verfiel der Pararealist in die Sprache seiner Vorfahren. „Korewa nanda onanto yukododa!" stieß er hervor. „Und das sind die ... die ..."
„Die Abfälle", kam ihm Nikki Frickel zu Hilfe. „Der Ausschuß, der das Experimentieren nicht überlebt hat."
Sato Ambush schüttelte den Kopf. Es war eine Geste, die Abscheu ausdrückte. „So geht man nicht mit intelligentem Leben um", sagte er mit dumpfer Stimme. „Was willst du? Es sind deine Freunde, die Nakken."
„Nein, nicht meine Freunde", verteidigte er sich. „Ich habe versucht, sie zu verstehen. Ich habe versucht, von ihnen zu lernen. Mit einem Nakken kann man nicht Freund sein. Der Begriff
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