1589 - Der steinerne Templer
Platte. »Wie machen wir es? Was meinst du?«
»Erst mal anheben.«
»Klar, das habe ich auch nicht gemeint. Wer steigt zuerst in die Tiefe? Du oder ich?«
»Ich mache den Anfang.«
Voltaire schluckte. Dann nickte er. »Ist gut. Zuerst mal müssen wir das Ding hier zur Seite schieben. Leicht ist es nicht.«
»Das weiß ich.«
Nach einem knappen Nicken bückten wir uns.
»Fertig, John?«, fragte Voltaire.
»Ja.«
»Dann los!«
Zugleich setzten wir unsere Kräfte ein. Bei mir war es der Versuch, und ich musste zugeben, dass die Eisenplatte tatsächlich ihr Gewicht hatte.
Da brauchte man schon zwei kräftige Männer, um sie anzuheben.
Von den Seiten her hörten wir ein schwappendes Geräusch. Kurze Zeit später glitt die Eisenplatte tatsächlich in die Höhe.
Keiner von uns schaute in die Tiefe. Wir zogen sie so weit wie möglich hoch und drehten sie dann zur Seite.
Das viereckige Loch lag vor uns.
Wir erhoben uns und stießen scharf die Luft aus. Als hätten wir uns abgesprochen, huschte über unsere Lippen ein Lächeln.
Der letzte Teil des Wegs zu Armand de Valois lag offen vor uns.
Wir schauten hinein.
Es gab schon einen Vorteil für uns. Direkt unter der Luke begann die nach unten führende Leiter. Wo sie genau endete, war nicht zu sehen.
Sie schier ins Leere zu führen.
Das allerdings änderte sich, als ich den Strahl aus der Leuchte nach unten schickte. Der Kreis malte sich auf dem Grund ab, aber er brachte nichts zutage, was uns hätte weiterhelfen können. Auch dann nicht, als ich die Lampe leicht drehte und so einen größeren Ausschnitt ausleuchtete.
»Merde«, flüsterte Voltaire.
»Das ist erst der Anfang«, beruhigte ich ihn.
»Sicher.«
»Ich gehe zuerst«, sagte ich.
Er schlug mir auf die Schulter. Es war sein Zeichen, uns Glück zu wünschen.
Die Leuchte klemmte ich mir in den Gürtel, bevor ich mich umdrehte und dann versuchte, den Abstieg mit dem Gesicht zur Schachtwand zu beginnen.
Ich fand die erste Stufe.
Von nun an gab es nur noch einen Weg - den nach unten…
***
Die einzelnen Stufen waren zwar glatt, aber einen Halt fand ich immer.
Die Glätte brachte mich zudem auf den Gedanken, dass ich nicht der Erste war, der diesen Weg in der letzten Zeit gegangen war. Ob es Armand de Valois selbst gewesen war, wer konnte das schon wissen.
Ich hoffte nur, dass ich ihm bald gegenüberstehen würde. Furcht hatte ich davor nicht. Es war mehr eine Anspannung, die mich erfasst hatte.
Im Laufe der Zeit war ich meinem Vorgänger Hector de Valois schon begegnet. Es war zu einer Reise in die Vergangenheit gekommen, und wenn ich daran dachte, bekam ich noch heute Herzklopfen.
In diesem Fall war es anders. Ich hätte gern darauf verzichtet, jemanden aus der Vergangenheit zu treffen. Sicher konnte ich nicht sein, aber die Vorzeichen deuteten auf das für viele Menschen Unmögliche hin.
Wann ich die Hälfte der Strecke hinter mich gebracht hatte, war nicht zu sehen. Ich stieg einfach nur weiter in das Dunkle und Unbekannte hinein.
Wenn ich den Kopf zurücklegte und in die Höhe schaute, zeichnete sich über mir das Viereck des Einstiegs ab. Am rechten Rand sah ich das Gesicht des Kommissars, der meinen Weg verfolgte.
Ich hielt an. Eine Hand brauchte ich zum Festhalten. Mit der anderen zog ich die Lampe aus dem Gürtel, drehte sie, schaute schräg nach unten und war zufrieden. Soviel ich erkannte, hatte ich die Hälfte der Strecke bereits geschafft.
Der Kommissar hatte mich beobachtet.
»Was ist?«, rief er. »Ich bin bald unten.«
»Gut.«
Lange musste ich nicht mehr warten. Ich zählte genau vier Stufen, dann konnte ich mein Bein lang machen und mit der Schuhsohle den Untergrund berühren.
Wenige Augenblicke später stand ich neben der Leiter und leuchtete den Untergrund in meiner Umgebung ab. Er war feucht, und ich erkannte, dass er aus einer Mischung aus Lehm und Steinen bestand. Pfützen gab es keine. Ich sah auch keine Fallen, die mich hätten ins Stolpern bringen können. Es war nur die tiefe Dunkelheit, die mich störte. Der alte, modrige Geruch, der hier unten herrschte, störte mich nicht weiter.
»Probleme?«, rief mir der Kommissar von oben her zu.
»Nein.«
»Dann kann ich kommen?«
Ich überlegte mir die Antwort. Auf keinen Fall würde uns etwas Normales erwarten. Für mich stand fest, dass in der Tiefe und in der Dunkelheit eine Gefahr lauerte, die sich erst später zeigen würde. Ich besaß andere Waffen als der Kommissar und konnte mich wehren.
»He, warum
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