1593 - Taurecs Geschenk
Stolz der Somer nicht zu verletzen, wenn sie deren bisherige Arbeit kontrollierte. „Versucht euer Glück", antwortete der Tormeister. „Diese Zentrale steht euch zur Verfügung. Ich bitte allerdings darum, über alles informiert zu werden, was ihr hier tut."
„Sie wird es erklären", beruhigte Tekener ihn. „Schließlich möchte ich es auch wissen, und ich bin mehr Laie als du."
Die Plophoserin lachte trocken und begab sich mit einem Teil ihrer Gruppe zu einer Reihe von Bildschirmen und Konsolen. Zwei Somer machten mit provozierender Langsamkeit die Plätze davor frei. Es sah grotesk aus, denn die bis zu zwei Meter hohen Vogelähnlichen bewegten sich sonst eher hektisch auf ihren beiden kräftigen Beinen.
Borea setzte sich. Ihre Finger glitten über Tastaturen. Sie versuchte, sich mit dem Syntronverbund des Heraldischen Tores vertraut zu machen. „Zuerst will ich eine Fernabfrage", erklärte sie. „Ich gehe davon aus, daß jeder Hypertrop einen Selbsttest durchführen kann, bis hin zu den Subsystemen."
„Das ist richtig", bestätigte Nardir. „Wir haben ebenfalls als erstes davon Gebrauch gemacht. Die Kommunikationsleitungen zum ausgefallenen Hyperraumzapfer sind völlig intakt."
Borea Amtox konnte nicht damit rechnen, andere Informationen zu erhalten als vor ihr die Somer oder andere Schlüsse ziehen zu können. Sie machte die Fernabfrage dennoch und bekam eine Viertelstunde lang Daten auf ihren Schirm. Es ging ihr vor allem darum, in das System „hineinzukommen" und verstehen zu lernen, was es vom Tor aus an Einflußnahmemöglichkeiten gab. „Es müßte eigentlich einwandfrei arbeiten", stellte die Wissenschaftlerin fest. „Alle Systeme sind in Ordnung, aber das Ding zapft nicht." Sie drehte sich zu Tekener um. „Ist das so einfach genug für euch Laien?"
„Der Hypertrop ist in Ordnung, aber er zapft nicht", wiederholte der Smiler sarkastisch. „Natürlich. Und warum nicht?"
„Das", sagte Borea, „müssen wir eben herausfinden. Können wir weiter hier arbeiten, Nardir?"
„Unter unserer Aufsicht, ja. Ich sagte es doch."
Sie nickte ihm dankend zu und kündigte dann laut an, was sie jetzt zu tun gedachte. Das meiste bestand aus Fachausdrücken, aus denen wahrscheinlich nicht einmal ihre Kollegen klug wurden.
Das brauchten sie auch nicht.
Borea Amtox war davon überzeugt, von hier aus auch in Monaten kein positives Ergebnis zu erzielen.
Was sie jetzt tun würde, sollte Ronald Tekener, Dao-Lin-H’ay und den Spezialisten die Gelegenheit verschaffen, sich in dem Heraldischen Tor umzusehen und danach zu forschen, was die Nakken mit dem Versagen des Hypertrops zu tun haben konnten. Sie hatte die Somer, die ihr über die Schulter schauten, bald so verwirrt, daß sie gar nicht bemerkten, was sie über die Tastatur eingab. Nach zwei Stunden atmete sie auf. Bis hierhin war alles nach dem vorher festgelegten Plan gegangen. „Und?" fragte Nardir, nachdem sie aufgestanden war und ihre steif gewordenen Glieder dehnte. „Weißt du schon etwas?"
„Gut Ding braucht Weile, sagt man auf Terra", erhielt er zur Antwort. „Es ist eine härtere Nuß, als ich annahm."
Borea sah Tekeners fragenden Blick und gab ihm mit den Augen ein Zeichen.
Er lächelte.
*
Der Alarm wurde drei Stunden nach Boreas Manipulation ausgelöst. Das Programm, das sie vor den Augen der ahnungslosen Somer geschrieben und zum Hypertrop hinübergeschickt hatte, bewirkte nach der von Borea vorgegebenen zeitlichen Verzögerung das, was den Somern wie das beginnende Inferno vorkommen mußte.
Es war harmlos, jedenfalls hoffte sie das. Aber das wußten die Somer nicht. Sie sollten so in Panik geraten, daß sie die Galaktiker in ihrem Tor für eine Weile vergaßen.
Die Vogelähnlichen hatten auch nicht mitbekommen können, daß das Programm nicht an den ausgefallenen Hypertrop gesendet wurde, sondern an einen der beiden anderen. Es bewirkte nichts anderes, als daß der Hyperraumzapfer durch einen spontanen Aufladevorgang für Nanosekunden in einen Zustand der energetischen Überladung geriet und die überschüssigen 5-D-Energien erst danach mit einem Schlag in den Weltraum abgab.
Eine direkte Abgabe an das Heraldische Tor hätte dieses zerstört. Es war wie mit einem Ventil, das sich erst im letzten Moment öffnete, wenn ein Überdruck schon fast zur Explosion führte - aber nur fast.
Borea wußte, mit welchem Risiko sie spielte, und war vorsichtig gewesen.
Die winzige Zeitspanne der Überladung und blitzschnellen Abgabe
Weitere Kostenlose Bücher