1597 - Die Köpferin
wurde mutiger.
Es gefiel mir nicht, so lange ohne Deckung vor dem dichten Wald zu stehen. Und diesmal setzte ich auf volles Risiko, denn ich holte meine Leuchte hervor.
Zwei, drei Sekunden lang hielt ich sie in der Hand. Danach hob ich den linken Arm an und schaltete sie ein.
Der Strahl war auf höchste Helligkeit gestellt, und die schickte ich in den Wald hinein und genau zwischen die Bäume.
Ein kaltes Licht, das auch die Natur kalt aussehen ließ. Auf den feuchten Blättern am Erdboden schimmerte es kurz, dann wanderte der Strahl in die Höhe und huschte durch das Geäst der Bäume.
Ich schickte den Lichtschein in die Runde. Wenn jemand in der Nähe lauerte, musste er durch die Helligkeit aufgeschreckt werden. Er musste vielleicht sogar davon ausgehen, entdeckt worden zu sein.
Doch es rührte sich nichts.
Ich ging etwas tiefer in den Wald hinein und bewegte den Lichtstrahl von oben nach unten. Ich wollte einfach nicht glauben, dass ich den Weg umsonst gemacht hatte. Ein Knacken!
Es war genau das Geräusch, auf das ich gewartet hatte. Es klang fremd, als wäre jemand auf einen Zweig getreten und hätte ihn zerbrochen.
Leider hatte ich nicht herausfinden können, aus welcher Richtung das Geräusch aufgeklungen war.
Einen Moment später wusste ich Bescheid, aber da erwischte es mich schon voll.
Etwas fiel von oben herab. Leider nicht direkt vor mir, sondern seitlich versetzt und auch halb hinter mir.
Ich wirbelte herum und wollte mich zur Seite werfen, als ein schwerer Gegenstand meine rechte Schulte traf und mich zu Boden schleuderte.
Zum Glück fiel ich weich und stieß auch nicht mit dem Kopf oder der Schulter an einen Ast.
Der Schlag hatte mich im Nacken erwischt. Für einen Moment war ich außer Gefecht gesetzt worden, und das reichte der Person aus.
Ich sah sie nicht genau. Ich musste mich mit einem Schatten zufrieden geben, der vor mir stand und blitzschnell zutrat, als ich versuchte, mich aufzurichten.
Zum Glück sah ich den Schuh rechtzeitig. Ich riss meinen Kopf zurück, sodass mich der Tritt nur am Kinn streifte.
Ich landete auf dem Rücken im Laub, das unter mir nachgab.
Es war eine Ironie des Schicksals, dass ich die Lampe nicht losgelassen hatte und sie so hielt, dass sie nach oben strahlte.
Das Licht traf eine mir unbekannte Gestalt.
Ich hatte jedoch genug gesehen, um zu wissen, dass vor mir die Köpferin Loretta stand…
***
Ich sah nicht, ob es sich bei ihr um eine Blutsaugerin handelte. Das hatte weder mit der Entfernung zwischen uns oder mit den Lichtverhältnissen zu tun, es lag einfach daran, dass sie den Mund geschlossen hielt.
Aber ich sah eine Waffe, die aussah wie ein Samuraischwert. Mit ihr konnte man einem Menschen den Kopf abschlagen.
Ich hatte mir zuvor kein Bild von dieser Loretta gemacht. Jetzt sah ich sie und war mehr als überrascht, denn irgendwie hatte ich eine Person in Kampf kleidung erwartet.
Das traf nicht zu. Sie steckte in einer Art Korsage, die einen tiefen Ausschnitt hatte und bis zur Taille eng geschnürt war. Darunter trug sie einen langen Hosenrock, der ihr genügend Bewegungsfreiheit erlaubte.
Die Arme waren hoch bis zu den nackten Schultern von langen Ärmeln bedeckt, die mit einer kleinen Schlaufe am Mittelfinger befestigt waren.
Das Gesicht war nicht genau zu sehen, sondern lag im Schatten. Mir kam es vor wie ein blasser Fleck, über dem sich ein Turban aufbaute, denn sie hatte ihre vollen Haare zu einem Turm aufgesteckt.
Ja, und dann gab es noch dieses Schwert. Ich konnte meinen Blick von der schimmernden Klinge nicht lösen und dachte daran, dass sie drei Köpfe von den Körpern getrennt hatte.
Sie sagte nichts.
Ich schwieg ebenfalls. Aber ich wusste genau, dass sie mich anstarrte, auch wenn ich ihre Augen nicht sah.
Es war nicht zu erkennen, ob und wann sie mich angreifen wollte, aber Freunde würden wir nicht werden, das war mir klar.
Mir kam auch in den Sinn, welch ein Glück ich gehabt hatte, dass sie mich beim Herabfallen nicht voll getroffen hatte. Zwar fühlte ich mich leicht angeschlagen, aber nicht wehrlos.
Loretta hatte sich nicht bewegt, bis plötzlich ihr rechter Arm in die Höhe zuckte. Die Klinge, die bisher nach unten gewiesen hatte, schnellte hoch, und das war genau die Position, um kampfbereit zu sein.
Was konnte ich tun?
Es war schon ein Vorteil für mich, dass sie noch abgewartet hatte. So blieb mir noch eine kleine Chance, wenn ich schnell genug war.
Und es war für mich ein Vorteil, dass ich die Lampe in der
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