1598 - Der Tag des Zorns
zu tun hat."
„Wo ist sie?" fauchte Perry, nun sichtbar wütend.
Ich begriff gar nicht, was er meinte - bis zu jenem Augenblick, als Thora erschien und ihren Arm zart um seine Schultern legte.
Nein - sie erschien nicht in meinem Büro und umarmte Perry, mit dem sie verheiratet war und einen Sohn hatte.
Sie trat neben Atlan und schmiegte sich an ihn, ein wenig verlegen und verschämt, wie es schien, aber dennoch unübersehbar. „Es tut mir leid, Perry", sagte sie sehr leise. „Aber ich konnte nicht anders."
Perry starrte auf den Schirm. Ich sah, wie seine Kiefermuskeln sich anspannten. Er sah Thora an, und der Ausdruck, der in seine Augen trat, ließ Thora erbleichen. „Schalte ab!" befahl Perry mir leise.
Ein Handgriff genügte, die Verbindung zusammenbrechen zu lassen.
Perry öffnete den Mund. Er ließ die Atemluft stoßweise in sich hineinströmen und gab sie wieder von sich, minutenlang. Dann ein letztes tiefes Heben und Senken der Brust, ein kurzes Schließen der Augen, und er hatte sich wieder in der Gewalt. „Was wirst du jetzt tun?" fragte ich erschüttert.
Perry starrte durch mich hindurch, in endlose Weiten, bis hin zum Andromedanebel. „Es ist Zeit, mit Thomas zu reden", sagte er leise, dann drehte er sich um und verließ mein Büro.
Ich sah, wie seine Schultern herabhingen, aber als sich gerade die Tür hinter ihm zu schließen begann, konnte ich auch sehen, wie seine Gestalt sich wieder straffte.
Wir sind noch lange nicht geschlagen.
Er wird sich noch wundern, der ehrenwerte Kristallprinz und neue Imperator des Großen Imperiums von Arkon. Wir Terraner sind nicht ohne.
Die Sache hat allerdings zwei Aspekte. Zum einen die Politik, und da ist der Gedanke, es in Atlan mit einem wirklichen Widersacher zu tun zu haben, nicht ohne einen gewissen Reiz. Der Bursche ist nicht ohne, er wird uns ordentlich zu schaffen machen. Aber das ist nur gut so - die Erfahrung der irdischen Geschichte hat gezeigt, daß jedes System politischer oder gesellschaftlicher Ordnung beinahe automatisch zum Tode verurteilt ist, wenn es ihm gelingt, seine weltanschauliche Opposition unwirksam zu machen. So betrachtet, wird Atlans politische Gegnerschaft dafür sorgen, daß wir gesund und kräftig bleiben.
Eine ganz andere Sache ist der ungeheure persönliche Vertrauensbruch, den der Arkonide begangen hat, als er Thora, Perrys Frau, auf seiner Flucht mitnahm - übrigens ganz offensichtlich nicht gegen ihren Willen.
Allerdings, ich vertraue diesen boshaften Gedanken nur diesem Tagebuch an, wird Atlan an dieser Beute nicht sehr lange mehr seine Freude haben. Perry und seine engsten Mitarbeiter haben vor ein paar Monaten auf Wanderer die Zelldusche empfangen, die ES Arkoniden nach wie vor verweigert, also auch Thora. Atlan braucht sie nicht, er hat dieses seltsame Gerät namens Zellaktivator, aber Thora wird altern. Und sterben
9.
Solares System, Terra 12.5.1174 NGZ (An Bord der EIDOLON) „Zu warten habe ich immer schon gehaßt", sagte der Arkonide versonnen; er lächelte schwach. „Seltsam, dabei habe ich nichts anderes so intensiv und ausdauernd betrieben wie das Warten. Zehn Jahrtausende, es ist nicht zu glauben. Zehntausend Jahre vom Faustkeil bis zur Entwicklung der Raumfahrt."
„Und selbst die hätten wir ohne technische Hilfe aus Arkon so schnell nicht erreicht", bemerkte Perry Rhodan.
Es war ruhig in der Zentrale der EIDOLON. Die Menschen warteten, mehr konnten sie nicht tun. „Zehntausend Jahre, eine lange Zeit", murmelte Reginald Bull. Er warf einen ärgerlichen Blick auf die Kontrollschirme. Kein Lebenszeichen von Wanderer - abgesehen davon, daß sich auf den solaren Planeten das Chaos vergrößerte. „Für andere vergeht die Zeit schneller", schaltete sich Ronald Tekener in das Gespräch ein; er schlürfte einen Kaffee. „Vor allem für unseren Freund."
„Ich wüßte gerne, wie das möglich ist", sagte Reginald Bull. „Ich meine, wie stellt sich das für ES dar? Er ist uns gewissermaßen etliche Jahrtausende zeitlich voraus, das muß er doch merken. Nein? Muß er nicht?"
Atlan, der Arkonide, der länger und wohl auch abenteuerlicher gelebt hatte als jeder andere in der Zentrale der EIDOLON, nickte versonnen. „Nicht unbedingt", sagte er leise. „Es ist eine Frage des Blickwinkels. Ich habe in den letzten Tagen darüber nachgedacht und meditiert und mein Extrahirn befragt, und vielleicht könnte ich ... Hat jemand Interesse?"
„Wozu sollte das gut sein?" warf jemand aus dem Hintergrund
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