16 - Geheimagent Lennet läßt die Bombe platzen
bereits während eines früheren Auftrages als Koch gearbeitet.
Nach dem Essen zogen sich alle in die Schlafkajüten zurück.
Auch der junge Geheimagent legte sich hin, doch er schlief nicht. Er wartete.
Zwei Stunden später verließ er die Kajüte und kletterte an Deck und weiter zum Brückenhaus, wo die Offiziere Wache hielten und sich alle vier Stunden abwechselten. Durch die Scheibe sah Lennet den jungen Ägypter Nasri, ein Buch in der Hand, in seinem Sessel sitzen. Nasri liebte phantastische Abenteuergeschichten, vor allem, wenn sie von wilden Korsaren und Seeräubern handelten. Die automatische Steuerung hielt den Riesentanker auf Kurs oder, besser gesagt, auf der Spur, denn die Superschiffe mußten sich an eine bestimmte Fahrrinne halten. Der Kommandostand sah schäbig und nackt aus in dem kalten Neonlicht. Weder alte Schränke aus kostbaren Hölzern noch Ledersessel noch Messingkanten oder knöpfe erinnerten an alte Schiffstradition. Die Ölfarbe blätterte von den Wänden, und von dem grünen Plastiksessel, auf dem Nasri saß, hingen bereits die Fetzen herunter.
Lennet hielt sich im Schatten. Er wartete. Der zweite Offizier las nicht sehr lange in seinem Abenteuerbuch. Er begann zu blinzeln. Die Augen fielen ihm immer wieder zu. Das war nicht weiter erstaunlich, denn für den Schiffsjungen, der beim Essen bediente, war es ein leichtes gewesen, in den Kaffee ein Schlafmittel zu mischen.
Erst als das Schnarchen des Offiziers mit dem Brummen der Maschine wetteiferte, trat Lennet ein. Die anderen Matrosen wären von seinem Verhalten äußerst überrascht gewesen. Nichts schien übriggeblieben von dem linkischen Schiffsjungen, nichts von dem pfiffigen und sympathischen Schafhirten aus Avila - Lennet war wieder in seine wahre Haut geschlüpft: ein Geheimagent durch und durch.
Aus der einen Tasche zog er sein Einbrecherwerkzeug und machte sich unverzüglich an dem großen Metallschrank zu schaffen, in dem sämtliche wichtige Papiere und Karten aufbewahrt wurden. Schon nach wenigen Sekunden gab das Sicherheitsschloß nach, und Lennet öffnete die Schubladen. In der obersten befand sich das Logbuch, und der junge Geheimagent fand sehr rasch die Eintragung über den Schaden, der den Aufenthalt in Cadiz verursacht hatte. Mit der Miniatur-Spezialkamera aus der anderen Tasche lichtete er unverzüglich die Seite ab. Er wollte zu einem späteren Zeitpunkt das Geschriebene überprüfen. In seinem Seesack befand sich auch eine Lupe, mit der er die Sofortbild-Mini-Fotos unschwer entziffern konnte.
In der zweiten Schublade lagen Frachtbriefe und die notwendigen Papiere für die Zollbehörde. Sie waren uninteressant.
Die dritte Schublade enthielt die Versicherungspolicen des Ölriesen. Mehrere Briefe einer Firma Transseguros, in einer für Laien nur schwer verständlichen Sprache abgefaßt, machten deutlich, daß die Oleo III weder gegen Sabotage noch gegen Schäden versichert war, die auf menschliches Versagen zurückgingen. Im Falle einer Ölpest waren Schäden, die Dritten entstünden, nicht gedeckt: das hieß, wenn die Oleo III zum Beispiel an der bretonischen Küste eine Ölpest verursachte, hatten die Fischer dort und die Hotelbesitzer keine Entschädigung von der Transseguros zu erwarten. Zur Sicherheit fotografierte Lennet auch zwei dieser Versicherungspolicen, falls er sie später noch einmal brauchen würde.
Die unterste Schublade enthielt das, wonach der Geheimagent des FND eigentlich gesucht hatte: die Mannschaftsliste. Jeder der an Bord befindlichen Matrosen und Offiziere war hier festgehalten mit Vor- und Nachname, Geburtsort und -jahr, früheren Beschäftigungen. Sicher war der eine oder andere Name ähnlich erfunden wie der von Carlito Sanchez und Angelo Medina, dennoch konnte der FND aufgrund dieser Daten mit der Überprüfung der Personen beginnen. So lichtete Lennet die gesamte Liste ab, und er vergaß auch nicht, die durchgestrichenen Angaben über Pablo Cellar zu entziffern und festzuhalten.
Der junge Geheimagent verschwand so lautlos, wie er gekommen war. Er überließ Nasri weiterhin seinen Träumen von wilden Piratenschlachten, von fliehenden Handelsschiffen, von den Schätzen auf den Inseln der Winde...
Lennet schlich zurück in die Mannschaftskajüte und holte aus seinem Seesack einen kleinen Apparat, der aussah wie ein Transistorradio: In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um einen Sender und Empfänger, mit dem er über UKW die nächstliegende FND-Station erreichen konnte. Außerdem
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