16 - Geheimagent Lennet läßt die Bombe platzen
von Walli und Ali zu durchsuchen, die ja beide mit auf der Oleo II gewesen waren. Doch er fand nichts Verdächtiges.
In Wallis Seesack steckten Briefe und Fotos eines Mädchens namens Judy Belch. Sie sah kugelrund und freundlich aus. Ali korrespondierte mit einer bezaubernden Schönheit namens Fatma Djaouich. Allerdings konnte Lennet nichts über den Inhalt dieser Briefe sagen - sie waren in arabischer Schrift verfaßt.
Eines allerdings kam ihm seltsam vor. Er wußte genau, daß er alle Dinge wieder an den richtigen Platz gelegt hatte. Sorgfalt gehörte zu seinem Beruf. Und doch fluchte und schimpfte Walli beim Abendessen auf den Unbekannten, der sich erlaubt hatte, seine Briefe zu lesen. »Wenn ich den Kerl erwische, dann kann er sofort sein Testament machen!« brüllte der Matrose, rot vor Zorn.
Wenig später begann auch der Chinese Li zu schimpfen. Bei seinen Sachen befand sich nämlich ein Haarzopf, den er, als Abkömmling eines vornehmen Mandarin-Geschlechtes, sonntags und feiertags trug. Dieser Zopf war entrollt und anschließend in der verkehrten Richtung wiederaufgerollt worden. Das verhieß dem Besitzer Unglück! Es gab also noch eine zweite Person an Bord, die sich für die privaten Besitztümer der Mannschaft interessierte. Jemand, der nicht durch die harte Schulung des FND gegangen war! Bloß wer konnte das sein? Der angebliche Journalist Miguel Ramirez schlich, seinen Notizblock in der Hand, überall auf dem Schiff herum. Von der Brücke bis zum Maschinenraum. Anschließend hörte man ihn in seiner Kabine schreiben. An Artikeln für die Zeitung, oder schrieb er einen Bericht? Nasri, der am Funkgerät saß, mußte die Texte weitergeben. Ramirez ließ sich keine Gelegenheit entgehen, mit den Matrosen zu plaudern und sie auszuhorchen.
Er erkundigte sich nach ihrer Vergangenheit, nach ihren Familien, nach ihren Interessen, nach ihren Lieblingssängern.
»Das wollen unsere Leser wissen!« sagte er entschuldigend mit seiner sanften Stimme.
»Ich will ihm ja auch gerne jede Einzelheit erzählen", brummte Pepe. »Doch weshalb fragt er mich dreimal hintereinander nach meinem Geburtsdatum? Das ist doch Quatsch!«
»Hast du's ihm gesagt?« erkundigte sich Walli.
»Na klar! Weshalb denn nicht?« Pepe schüttelte den Kopf.
»Und du hast ihm dreimal dasselbe Datum genannt?«
»Was glaubst du, an wieviel verschiedenen Tagen ich geboren wurde?« Jetzt grinste Pepe, und Walli lachte laut auf. Er hätte Pepe vor Freude beinah niedergeschlagen, wenn dieser nicht noch rechtzeitig aus der Reichweite von Wallis Armen verschwunden wäre. Er rutschte nämlich auf einer Bananenschale aus.
Doch nicht nur Ramirez hielt seine Eindrücke fest. Auch Carlito sammelte Informationen. Er übersah nicht die Ratten, die überall herumhuschten, nicht die schadhaften Installationen, die kaum noch funktionierten, ihm entging nicht der teuflische Gestank und nicht das Ungeziefer in den Schlafstellen. »Ich weiß schon, was ich mit dem reizenden Pagan machen werde", vertraute Carlito seinem Freund Angelo an. Entweder verschwindet er auf der Stelle, oder er putzt höchstpersönlich die Oleo III von oben bis unten. Ganz allein, mit seinen eigenen Händen, und mit nichts als einer winzigen Zahnbürste!«
»Da braucht er ja mindestens zehn Jahre", wandte Angelo ein.
»Klar. Aber er hat es nicht anders verdient. Und schließlich braucht er ja auch einen Job.«
Carlito kam mit den Matrosen sehr gut zurecht. Kein Streit kam auf, keine üble Hänselei, die Lennet gezwungen hätte, einzugreifen. So geriet weder sein Auftrag in Gefahr, noch mußte er seinen besten »Kumpel" verraten. Der kleine Carlito schien so zerbrechlich und verhielt sich gleichzeitig so klug, daß die anderen Matrosen ihn einfach gern hatten. Ihr anfängliches Mißtrauen war verschwunden, nachdem Carlito seine Sonderstellung auf dem Schiff in keinster Weise ausnutzte. Klar, er hatte keine spezielle Aufgabe auf dem Tanker zu erfüllen, doch er war jederzeit bereit zuzugreifen, wenn Not am Mann war. Sogar die übelsten Arbeiten übernahm er, ohne zu murren - und wenn er nicht die Kraft besaß, schwere Lasten zu heben, dann konnte er ja nichts dafür. Er war einer der ihren, einer, den sie mochten, mit dem sie ein bißchen Mitleid hatten: der Kleine mit den Stoppelhaaren und seinen ewig schmutzigen Händen.
»Du solltest dich wenigstens ab und zu mal waschen!« mahnte Li freundlich. Aber dabei blieb es auch.
Die Sonne lachte vom Himmel, und es schien alles nach Plan zu
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