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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wär ich von ihm erschossen oder erschlagen, und er befand sich bereits in Sicherheit, bevor meine erschrockenen Gefährten an eine Verfolgung des Mörders denken konnten.
    Das war freilich alles ganz hübsch ausgedacht, aber die Rechnung hatte nicht meine Genehmigung, und um einen Strich durch dieselbe zu machen, hatte ich bereits während der letzten zwei Minuten mein Lasso aufgerollt.
    Diese Waffe, welche in der Hand eines Geübten dem Gegner so furchtbar werden kann, ist nicht, wie viele meinen, ausschließlich eine amerikanische. Alle Nomadenvölker, welche Herdenbesitzer sind, bedienen sich derselben in verschiedenartig abgeänderter Gestalt und in der ihnen eigenen Art und Weise. Der ungarische Czikos bedient sich der Leine oder des Fangriemens ebenso wie der russische Tabuntschik. Die Turkmenen haben ihren langen, geschmeidigen Kaji ebenso, wie die Mongolen, Ostjaken, Tungusen und Kirgisen sich mit der Wurfschlinge die einzelnen Tiere aus den Herden holen.
    Darum war es gar nicht etwa ein lächerlicher Gedanke von mir gewesen, das Lasso mit auf die Reise zu nehmen. Ich war ja vorzugsweise mit Nomaden in Berührung gekommen, und mein geflochtener, dreißig Fuß langer Riemen hatte mir mehrere Male ganz vortreffliche Dienste geleistet. Man weiß freilich, daß derselbe vor kurzem von mir zerschnitten und verbraucht worden war, und ich muß daher erwähnen, daß ich mir dann aus Riemen einen neuen, freilich weniger guten, zusammengeflochten hatte.
    Ich befestigte jetzt das obere Ende desselben an dem Ring der vorderen Sattellehne. Ich wollte den Miriditen fangen. Er hatte wohl noch nie ein Lasso gesehen und besaß sicherlich keine Ahnung, auf welche Weise man sich desselben erwehren kann. Um ihn nicht vorzeitig auf meine Absicht aufmerksam zu machen, legte ich die Schlingen nicht in den Arm, sondern hing sie über den Sattelknopf. Dagegen aber nahm ich den Bärentöter zur Hand. Er war die einzige Waffe, mit welcher ich das Beil parieren konnte, übrigens ein Kunststück, welches nur derjenige versuchen darf, welcher sich wohlgeübt hat, einen auf ihn geschleuderten Tomahawk mit dem Lauf des Gewehres von sich abzuhalten, so daß das Beil zur Seite fliegt, ohne eine jener starken und gefährlichen Verletzungen hervorzubringen, welche stets die Folge eines unsicheren Parierens sind. Es gilt nicht nur, dem Beil während des Fluges anzusehen, auf welche Stelle es treffen will, sondern man muß auch trotz der großen Schnelligkeit der in kreisförmigem Wirbel heransausenden Waffe genau zwischen Stiel und Helm unterscheiden, sonst schlägt das Beil um den Gewehrlauf herum und trifft doch das Ziel. Vor allen Dingen muß man das parierende Gewehr mit beiden Händen halten, weil der Anprall ein ganz gewaltiger ist, sonst bekommt man Beil und Gewehr ins Gesicht, und sodann muß das letztere eine schiefe Richtung haben, damit das Beil in einen spitzen Winkel aufschlägt und im stumpfen Winkel auswärts abgleitet. Körperkraft, Übung und ein sehr scharfes Auge, das ist's, was dazu gehört.
    Die Situation war jetzt folgende: Ich hielt so auf dem Pferd, daß ich die Richtung, in welcher ich die Gefährten wußte, grad vor mir hatte. Links von mir befand sich der Miridit. Ich hielt den Blick nach ihm gerichtet und erkannte, daß er sich anstrengte, die Reiter zu sehen.
    Eine hastige unwillige Bewegung von ihm verriet mir seinen Ärger darüber, daß Suef nicht die ihm durch die Zweige angewiesene Richtung eingeschlagen hatte. Hätte ich Halef nicht weiter nach rechts gewiesen, so wären sie viel näher an dem Miriditen vorüber gekommen. So aber bewegten sie sich am Rand der freien Ebene dahin, was dem Auflauernden ganz besonders unlieb sein mußte.
    Jetzt sah ich sie kommen. Auch er mußte sie erblicken. Die hier und dort stehenden Büsche machten es ihm aber unmöglich, die einzelnen Reiter zu unterscheiden. Er konnte sich also nicht überzeugen, ob ich auch wirklich bei ihnen sei. Da er dies aber mit voller Sicherheit erwarten mußte, so setzte er sich jetzt in Bewegung, erst langsam und dann schneller, bis sein Pferd in raschen Trab überging.
    Ich folgte ihm, die Büchse in der Rechten, und sorgte dafür, daß sich stets ein Strauchwerk zwischen ihm und mir befand. Das war wohl überflüssig, denn seine Aufmerksamkeit war so ausschließlich nach vorn gerichtet, daß es ihm gar nicht einfiel, hinter sich zu blicken.
    Der weiche Boden dämpfte den Hufschlag meines Rappen, und überdies mußte das Geräusch, welches sein

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