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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu lange bei Halef gezögert hatte. Der Braune war ein vortrefflicher Renner, wenn auch für fünfzig solcher Blessen mir mein Schwarzer nicht feil gewesen wäre. Gleichwohl war mir der Miridit gewiß, selbst wenn er die Büsche vor mir erreichte. Aber das brauchte ich ihm gar nicht zu erlauben. Es stand mir ja frei, das Geheimnis meines Rappen in Anwendung zu bringen.
    Er tat bereits schon das Seinige. Er nahm mit drei eleganten Sprüngen so viel Raum hinter sich, wie der Braune mit vier angestrengten Sätzen. Aber der Vorsprung des letzteren war zu groß gewesen; ich konnte ihn nur mit Hilfe des Geheimnisses wieder einholen.
    Wer noch nicht weiß, welche Bewandtnis es mit diesem Geheimnis hat, der darf erfahren, daß ein jeder Araber, welcher sich im Besitz eines echten Vollblutes befindet, diesem ein gewisses Zeichen anlernt, welches der Reiter nur dann in Anwendung bringt, wenn das Pferd seine alleräußersten Kräfte anstrengen soll.
    Der echte arabische Renner spielt in schnellster Karriere nur mit seinen Kräften. Er vermag sich selbst zu übertreffen, wenn dieses Zeichen angewendet wird. Dies geschieht freilich nur ganz ausnahmsweise in größter Gefahr, wenn nur allein die Schnelligkeit zu retten vermag.
    Das sind dann wahre Todesritte. Das Pferd läuft nicht, sondern es fliegt. Man kann kaum die Beine sehen, so groß ist die Schnelligkeit. Jetzt, in diesem Augenblick, wendet der Reiter sein Geheimnis an, und wenige Sekunden später sind Roß und Mann als kleiner Punkt dem Auge des Zuschauers in weiter Ferne entschwunden.
    Dieses Zeichen wird Geheimnis genannt, weil der Besitzer es nie verrät. Selbst seinem Weib, seinem Sohn und einzigen Erben, seinem besten Freund verrät er es nicht. Nur dem Käufer des Rosses teilt er es mit, und auf seinem Sterbebett sagt er es demjenigen, in dessen Besitz das Pferd übergehen wird. Sonst aber kann ihm keine Qual und auch nicht der Tod das Geheimnis entreißen. Es stirbt mit ihm.
    Als ich Rih geschenkt bekam, wurde mir natürlich auch das heimliche Zeichen desselben mitgeteilt. Es bestand darin, ihm die Hand zwischen die Ohren zu legen und dabei seinem Namen ‚Rih‘ auszurufen. Ich war einige Male gezwungen gewesen, das Geheimnis in Anwendung zu bringen, und zwar mit fast unglaublichem Erfolg.
    Jetzt befand ich mich nicht in einer so großen Gefahr, daß es gerechtfertigt gewesen wäre, das Geheimnis zu Hilfe zu nehmen; aber Halef sollte den Rappen als Geschenk bekommen. Derselbe gehörte mir also nur noch wenige Tage, und da war es verzeihlich, wenn ich wünschte, noch ein letztes Mal mit ihm ‚fliegen‘ zu können.
    So legte ich ihm denn die Hand zwischen die kleinen Ohren – „Rih!“
    Er stutzte mitten im Sprung; dann ließ er einen Laut hören, wie ein kurzes, tiefes Husten, und nun ging es vorwärts – was helfen Worte! Es kann eben nicht geschildert werden. Ich saß auf keinem Pferd, sondern es war, als ob ich auf einem Pfeile durch die Luft schnellte. Ich erreichte den Punkt an den Gebüschen, auf welchen der Miridit zusprengte, viel, viel eher als er. Es lagen wohl an die vierzig Pferdelängen zwischen mir und ihm. Er riß also sein Pferd herum und jagte wieder in die Ebene hinein.
    Ich folgte ihm, aber nicht mehr mit dieser Überanstrengung meines Pferdes. Ich gab demselben durch ein beruhigendes, zärtliches Streicheln des glänzenden Halses zu verstehen, daß ich mit ihm zufrieden sei, und daß es nun von dieser höchsten Eile ablassen könne. Es ließ auch nach, aber nur Sekunden dauerte es, so befand ich mich nur um zwei Längen hinter dem Miriditen.
    „Halte an! Ich befehle es!“ rief ich.
    Er drehte sich nach mir um. Er hatte schon seine Pistolen bereit und schoß nach mir. Ich sah am Zielen, daß er mich nicht treffen würde, und schwang die Schleife des Lasso um den Kopf.
    Der Miridit hatte schon vorher sein Pferd mit der Peitsche bearbeitet, um es übermäßig anzutreiben. Jetzt warf er fluchend die Pistolen weg, zog sein Messer und stach es dem Pferd in das Fleisch. Es stöhnte laut und machte einen Versuch schneller zu laufen; aber vergebens.
    Da warf ich die Schlinge. In dem Augenblick, an welchem sie wie ein weiter Ring über den Kopf des Reiters schwebte, hielt ich mein Pferd an und riß es zurück. Ein Ruck, ein Schrei – Rih stand, der Braune rannte weiter, und der Miridit lag am Boden, mit straff zugezogener Schlinge um die Arme und um den Leib. Er war aus dem Sattel gerissen und in weitem Bogen zur Erde geschleudert worden.
    Ich

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