16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
eine war der Mübarek; in dem einen andern erkannte ich erst später, als es heller geworden war und wir uns bereits unterwegs befanden, Manach el Barscha, den früheren Steuereinnehmer von Uskub. Sie wollten nach Taschköj reisen und fragten mich, ob ich den Weg dorthin genau kenne. Ich bejahte es, und nun baten sie mich, sie dorthin zu führen, und versprachen mir dafür ein Bakschisch, welches wenigstens dreißig Piaster betragen sollte. Herr, ich bin ein armer Mann, und dreißig Piaster verdiene ich mir sonst in einem ganzen Monat kaum. Auch kannte ich den alten Mübarek und hielt ihn für einen Heiligen. Darum war ich mit Freuden bereit, ihnen als Führer zu dienen.“
„Sagten sie, weshalb sie nach Taschköj wollten?“
„Nein, aber das sagten sie, daß sie von vier Skipetaren verfolgt würden, die ja nicht erfahren dürften, wohin ich sie habe führen müssen.“
„Das war eine Lüge.“
„Später habe ich das freilich eingesehen.“
„Wo liegt dieses Taschköj?“
Der Name bedeutet Felsen- oder Steindorf. Darum nahm ich an, daß der Ort wohl oben in den Bergen liegen müsse. Der Korbmacher antwortete:
„Es liegt fast grad im Norden von hier. Es führt nicht einmal von Radowitsch aus eine Straße dorthin, und man muß den Wald und die Berge genau kennen, um sich nicht zu verirren. Das Dorf ist klein und arm und liegt in der Richtung, in welcher man dann nach der Bregalnitza gegen Sbiganzy hin bergabwärts steigt.“
Sbiganzy! Das war ja der Ort, welchen ich von Radowitsch aus nordwärts aufsuchen sollte, um bei dem Fleischer Tschurak nach der Derekuliba zu fragen und dort das Nähere über den Schut zu hören. Wollte etwa der Mübarek auch dorthin reisen? Vielleicht fand man da die ganze saubere Gesellschaft beisammen?
„Und noch bevor ihr von hier aufbracht“, fragte ich weiter, „sagten sie dir, daß du nichts verraten solltest?“
„Ja. Der Mübarek erzählte mir, daß er unterwegs von vier Skipetaren überfallen worden, ihnen aber entronnen sei. Sie hätten eine Blutrache gegen ihn und seine Begleiter und würden ihm wahrscheinlich folgen. Er müsse nach Norden, wolle aber nicht über Radowitsch, weil er dort gesehen werde und die Skipetaren also Auskunft erhalten könnten, wohin er sich gewendet habe. Er beschrieb euch sehr genau, wie ich nun sehe, nur daß du jetzt andere Kleider trägst und nicht auf dem Rappen sitzt. Wenn ihr hier vorüberkommen und nach ihm fragen würdet, sollten wir euch keine Auskunft erteilen. Für diese Verschwiegenheit gab er uns seinen Segen. Dann brachen wir auf. Als es heller wurde, erkannte ich in dem Packpferd das Roß meines Schwagers, glaubte aber, mich zu irren; darum sagte ich nichts.“
„Sahen die Pferde dieser Leute nicht sehr angestrengt aus?“
„Allerdings! Hier vor dem Haus schwitzten sie, und der Schaum troff ihnen von den Mäulern.“
„Das läßt sich denken. Wenn sie so zeitig hier angekommen sind, müssen sie sehr schnell geritten sein, was bei Nacht und bei dieser Art von Weg eine ziemliche Anstrengung bedeutet. Erzähle weiter!“
„Sie ritten alle; ich aber war zu Fuß. Doch blieb ich ihnen immer voran. Da hörte ich denn manches von dem Gespräch, welches sie halblaut führten. Zuerst vernahm ich, daß sie erst nur vier Pferde gehabt hatten. Jeder hatte ein Stück Gepäck bei sich gehabt. Dann aber, als sie nahe an den Weiler kamen, weißt du, wo die Straße über die Brücke geht, waren sie auf zwei Reiter getroffen; diese hatten ihnen gesagt, daß mein Schwager zwei Pferde hinter seinem Hause habe, und unter dem Vordach hänge auch ein Packsattel.“
Ich begann zu ahnen, wer dieser Schwager sei, und sagte:
„Ich bin auch durch diesen Weiler gekommen und habe dort nur ein einziges Haus mit einem Vordach gesehen. Unter demselben hing ein Reitsattel, wenn ich mich recht erinnere. Es war ein Einkehrhaus und lag rechts von der Brücke.“
„Das ist's – das ist's!“
„Also dieser Wirt ist dein Schwager?“
„Ja, er ist der Mann meiner Schwester, welche vor kurzem gestorben ist.“
„Ich bin bei ihm eingekehrt.“
„So hast du ihn gesehen, mit ihm gesprochen?“
„Ja. Also diesen armen Mann haben sie bestohlen! Es befand sich, als ich dort war, ein Pferd hinter dem Hause.“
„Das ist das andere. Er hatte deren zwei. Auch zwei Sättel besaß er, einen zum Reiten und einen zum Gepäck.“
„Haben sie nichts von den beiden Reitern gesagt, mit welchen sie zusammengetroffen waren?“
„Ja, doch ich konnte nicht
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