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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ritt.“
    „Kennst du die Gegend?“
    „Sehr genau. Führen soll ich dich nun einmal, und da ist es mir sehr gleichgültig, ob wir nach Taschköj oder Karbinzy gehen. Auch die Entfernung ist ziemlich dieselbe. Ich kann es so einrichten, daß wir den ungebahnten Wald vermeiden und meist über freie Strecken kommen. Bergauf und bergab wird aber sehr oft miteinander wechseln.“
    „Nun, das ist auszuhalten.“
    „Wann reitest du, Effendi? Kann ich zuvor erst noch einmal heim?“
    „Ja; aber in einer halben Stunde solltest du wieder hier sein. Könntest du dir nicht ein Pferd borgen?“
    „O, der Wirt hier gibt mir sofort eins.“
    „So sprich mit ihm; ich bezahle es.“
    „Du kannst auch das meinige bekommen, welches draußen steht“, erklärte sein Bruder.
    „Nein, das brauchst du selbst; dein Weg nach Hause ist weit.“
    „Ja, und ich wüßte auch nicht, ob es Schritt halten könnte, denn es ist sehr alt. Diese Schufte haben mir das gute Pferd genommen. Ich werde es nie wieder sehen und habe auch kein Geld, mir ein anderes zu kaufen, obgleich ich es so notwendig brauche.“
    „Wie viel war es denn wert?“ fragte ich ihn.
    „Unter Verwandten hundertfünfzig Piaster.“
    „Ich will es dir abkaufen.“
    „Abkaufen?“ fragte er verwundert. „Effendi ist das dein Ernst?“
    „Warum denn nicht?“
    „Weil ich das Pferd nicht habe.“
    „Das tut nichts. Ich werde es mir holen.“
    „Wo denn?“
    „Bei den Dieben. Wenn ich sie ereile, werde ich ihnen auch nebenbei dein Pferd abnehmen.“
    „Und wenn es dir nicht gelingt?“
    „Das ist meine Sorge. Kurz und gut, ich kaufe es dir ab, wenn du überhaupt auf diesen Handel eingehen willst.“
    „Mit Freuden, denn ich bekäme das Tier doch niemals wieder. Aber, Effendi, nimm es mir nicht übel! Du willst das Pferd gewiß erst dann bezahlen, wenn du es wirklich hast?“
    „O nein! Wer weiß, wie lange ich diesen Halunken nachreiten muß und wann ich sie treffe! Wie wollte ich dir dann das Geld zustellen? Ich gebe dir die zweihundert Piaster sofort.“
    „Hundertfünfzig habe ich gesagt.“
    „Nein, zweihundert!“
    „So hast du mich falsch verstanden.“
    „Das ist mein Fehler. Ich habe zweihundert Piaster gedacht und dir erklärt, daß ich es dafür kaufe. Willst du?“
    „Aber es ist zu viel.“
    „Und als Schwanzgeld gebe ich dir noch fünfzig Piaster für deine Kinder mit. Hier hast du also zweihundertfünfzig!“
    Das ergab in Summa kaum fünfzig Mark für das beste Pferd dieses Mannes. Aber in jenen Gegenden hat man für Pferde gewöhnlichen Schlages ganz andere Preise als bei uns daheim. Auf dem Lande besitzt selbst der Arme ein Pferd, denn billige, oft kostenlose Weide gibt es überall. Daß der Korbflechter kein Pferd besaß, war ein sicheres Zeichen seiner großen Armut.
    Trotz der Geringfügigkeit der Summe stiftete ich mit ihr doch eine große Freude. Der Verlust, welchen der brave Mann erlitten hatte, war mehr als ersetzt. Und mir tat ich doch keinen Schaden, denn ich bezahlte das Pferd ja von dem Geld derjenigen, die es gestohlen hatten. Jetzt bedauerte ich, nicht auch die Beutel der beiden Aladschy zu mir gesteckt zu haben. Ich hätte mit dem Inhalt derselben armen und braven Leuten Gutes erweisen können.
    Wir frühstückten und rüsteten uns dann zum Aufbruch. Dabei kam ich wegen meines Fußes in Verlegenheit. Was sollte ich anziehen? Eben dachte ich über diese Frage nach, da trat der Arzt herein.
    „Effendim“, sagte er, „ich komme, um dir meinen Morgenbesuch zu machen und dich zu fragen, wie du geruht hast.“
    Er war ganz so gekleidet, wie gestern abend, und hatte ein Packen in der Hand.
    „Ich danke dir“, antwortete ich. „Meine Ruhe war eine sanfte, und ich wünsche, daß die deinige ebenso gewesen sei.“
    „Allah hat dir deinen Wunsch nicht erfüllt, denn ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich hatte den Kopf so voll des schwefelsauren Kalkes, daß es mir unmöglich war, zu schlafen. Und als ich doch einmal einschlummerte, da träumte mir, das Weltmeer sei voll von Gips und Wasser, der Himmel aber sei lauter Kattun und werde in das Gipsmeer getaucht und dann unaufhörlich um mich herumgewickelt. Dieser entsetzliche Verband hüllte mich endlich so vollständig ein, daß mir der Atem ausging. Ich schrie vor Angst laut auf und – erwachte. Aber ich hatte mich so sehr gegen das Verbinden gewehrt, daß ich von dem Schlafkissen herab und bis in die Mitte der Stube hinüber gerollt war.“
    „So hast du nun wohl

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