16 Science Fiction Stories
aus.
Der alte Mann mit den schwachen Augen, der sie durch das Teleobjektiv der Waffe betrachtete, murmelte wütend ein paar Worte und zog das Gewehr ein. Er schlurfte durch das Haus, um nach einem Fenster zu suchen, von dem aus er das Mädchen deutlich genug sah, um einen sicheren Schuß abgeben zu können.
In dem großen Haus befand sich noch jemand. Unbemerkt von dem alten Mann trat ein hochgewachsener Junge auf die Stufen vor dem Haus und winkte dem Mädchen zu, deutete ihr an, näher zu kommen.
Sie sah nur den Jungen, nicht den alten Mann. Zögernd trat sie noch ein wenig näher auf das Haus zu. Dann blieb sie stehen und wühlte die Zehen in die weiche Erde des kurzgeschorenen grünen Rasens. Außerhalb der Mauer gab es kein Gras, nur Sand und Büsche, Meer und Dschungel und mit Palmzweigen abgedichtete Ziegelhäuser an beiden Seiten der Straße, die sich in die Berge schlängelte. Das Haus vor ihr unterschied sich von allen anderen, die sie kannte. Sein Eigentümer trug einen richtigen Anzug und sprach nur Englisch; nur einmal im Monat kam er hinter seiner Mauer hervor, um Lebensmittel zu kaufen und Arbeiter für seine Felder anzuheuern. Man hielt ihn für wahnsinnig, und als in einem Jahr einmal drei Menschen verschwanden, gingen furchterweckende Gerüchte um, was er ihnen angetan hatte. Aber auf dieser Seite der Berge besaß er das einzige Gewehr, und deshalb waren die Dorfbewohner zu ihm höflich und zuvorkommend und zuckten nur die Achseln. Selbst wenn die Gerüchte stimmten, brauchte man sich nicht aufzuregen. Der alte Mann würde sowieso bald an Altersschwäche sterben.
An all dies erinnerte sich das Mädchen. Die Gerüchte beruhten wahrscheinlich auf Lügen. Wenn man an einem langweiligen Abend während der Regenzeit zusammensaß, wurden viele Lügen gesponnen, nur um die Zuhörer zu ängstigen oder zu amüsieren. Sie glaubte nicht an sie, aber jetzt war ihr doch ein wenig unheimlich zumute. Unruhig blickte sie um sich, als könnte jeden Augenblick ein wildes Tier auftauchen.
Wieder deutete ihr der Junge an, näherzukommen, aber sie schüttelte den Kopf und wartete. Endlich wurde er ungeduldig und kam über den Rasen auf sie zu. Er war ein großer, schlaksiger Junge, zu groß für seine fünfzehn Jahre; er trug ein langärmeliges weißes Hemd, Hosen und Schuhe, hatte helle Haut und braunes, glattgekämmtes Haar – alles in allem eine seltsame Erscheinung, wie die der Nordamerikaner, bevor der Strahlentod kam. »Was tust du hier?« fragte er, als er näher gekommen war. »Mein Vater ist sehr böse, weil du schon gestern hier warst.« Der Junge warf einen kurzen Blick zu dem Haus, er schien nervös. »Ich glaube, er schläft. Er kann uns von den Fenstern aus nicht sehen, wenn wir uns auf dem Vorbau unterhalten.«
»Nein«, sagte sie mit fester Stimme. »Weiter gehe ich nicht.« Sie sprach Englisch, worüber er sehr erstaunt war. Über die Steinmauer, die seine Welt umschloß, beugten sich Palmen, und das Donnern der Brandung war stets sehr nah – dies alles glich nicht den Bildern der Länder, in denen man Englisch sprach. Besorgt blickten sie zum Haus. In der dicken Steinwand der Vorderseite waren Fenster eingelassen, ohne Glas und halb bedeckt von Schatten; die Dunkelheit des Hausinnern wirkte wie die schwarze Pupille eines Auges. Der Junge betrachtete jetzt wieder das Mädchen. Sie war auch erst vierzehn oder fünfzehn, sehr klein, braun und hübsch; sie trug ein blaugrünes Kleid, das die eine Brust freiließ. Ihre Haut war braun, weich und sauber, ihr Haar schwarz, ihre Augen blau.
»Was willst du hier?« fragte er.
Sie blickte ihm in die Augen und musterte dann mit offensichtlicher Verwunderung sein Hemd. »Warum bleibst du immer hinter der Mauer? Wir feiern heute abend ein Fest im Dschungel. Wir nehmen Brot und Käse mit. Wir vergnügen uns.« Ihre Stimme klang etwas schrill. »Seit vielen Jahren schon sehe ich dich in den Fenstern deines Hauses und hinter der Mauer. Mein Name ist Narine. Du bist jetzt erwachsen. Du kannst herauskommen.«
»Mein Vater wünscht nicht, daß ich mit den Dorfbewohnern verkehre«, erklärte der Junge.
Der alte Mann im Haus versuchte, das Mädchen gut ins Visier zu bekommen. Sie stand jetzt näher und gab ein größeres Ziel ab, aber ihr blaugrünes Kleid stimmte zu gut mit dem Blau und Grün der Mauer und der Büsche hinter ihr überein. Seine Augen begannen zu tränen, und seine Hand zitterte; und in der Schußlinie stand das weiße Hemd seines Sohnes, der
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