Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
16 Uhr 50 ab Paddington

16 Uhr 50 ab Paddington

Titel: 16 Uhr 50 ab Paddington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Ausland», sagte Cedric. «Und die Polizei ist dahinter gekommen. Wir stehen also alle unter Verdacht.»
    «Wenn Emma nicht gewesen wäre –»
    «Nun fang doch nicht wieder von vorn an, Harold», rief Emma.
    Dr. Quimper kam aus dem Arbeitszimmer, wohin er sich mit dem alten Mr. Crackenthorpe zurückgezogen hatte. Sein Blick fiel auf den Krug in Lucys Hand.
    «Was ist denn das? Gibt es etwas zu feiern?»
    «Das ist eher Öl auf die Wogen. Da drinnen fliegen die Fetzen.»
    «Beschuldigungen?»
    «Hauptsächlich hacken sie auf Emma rum.»
    Dr. Quimper zog die Augenbrauen hoch.
    «Ach ja?» Er nahm Lucy den Krug ab, öffnete die Tür zur Bibliothek und ging hinein.
    «Guten Abend.»
    «Ah, Dr. Quimper, ich hätte noch ein Wörtchen mit Ihnen zu reden.» Das war Harolds Stimme, laut und gereizt. «Ich wüsste gern, wie Sie dazu kommen, sich in private Familienangelegenheiten einzumischen und meiner Schwester nahe zu legen, sich an Scotland Yard zu wenden.»
    Dr. Quimper sagte ruhig und bestimmt:
    «Miss Crackenthorpe hat mich um Rat gebeten. Ich habe ihn ihr gegeben. Meiner Meinung nach hat sie das einzig Richtige getan.»
    «Wollen Sie damit sagen –»
    «Mädchen!»
    Die inzwischen vertraute Anrede des alten Mr. Crackenthorpe. Er spähte direkt hinter Lucy aus der Tür des Arbeitszimmers.
    Lucy drehte sich widerwillig um.
    «Ja, Mr. Crackenthorpe?»
    «Was gibt es heute zum Abendessen? Ich möchte Curry. Ihr Curry ist sehr gut. Es ist eine Ewigkeit her, seit wir das letzte Mal Curry gegessen haben.»
    «Die Jungen mögen Curry nicht besonders, darum.»
    «Die Jungen – die Jungen. Seit wann zählen hier die Jungen? Ich bin es, der zählt. Außerdem sind die Jungen verschwunden – und ich weine ihnen keine Träne nach. Ich will einen schönen scharfen Curry, haben Sie verstanden?»
    «Ja, Mr. Crackenthorpe, Sie sollen ihn haben.»
    «So ist’s recht. Sie sind ein gutes Mädchen, Lucy. Sie kümmern sich um mich, und ich kümmere mich um Sie.»
    Lucy kehrte in die Küche zurück. Sie räumte die Zutaten für das geplante Hühnerfrikassee weg und begann mit den Vorbereitungen für einen Curry. Die Haustür schlug zu, und durch das Küchenfenster sah sie Dr. Quimper, der verärgert vom Haus zum Wagen ging und fortfuhr.
    Lucy seufzte. Ihr fehlten die Jungen. Und irgendwie fehlte ihr auch Bryan.
    Sei’s drum. Sie setzte sich und fing an, Pilze zu putzen.
    Wenigstens würde sie der Familie ein gutes Essen kochen.
    Fütterung der Raubtiere!
     
    III
     
    Gegen drei Uhr früh fuhr Dr. Quimper seinen Wagen in die Garage, schloss ab, ging todmüde ins Haus und zog die Eingangstür hinter sich ins Schloss. So, Mrs. Josh Simpkins konnte ihrer bisher achtköpfigen Familie ein gesundes Paar Zwillinge hinzufügen. Mr. Simpkins war über deren Ankunft nicht gerade in Begeisterungsstürme ausgebrochen.
    «Zwillinge», hatte er bedrückt gesagt. «Was sind die denn gut für? Vierlinge, da lässt sich was mit anfangen. Kriegt man alle möglichen Sachen geschickt, die Presse rennt einem das Haus ein, man kommt mit Bild in die Zeitung, und es heißt, die Queen schickt einem sogar ein Telegramm. Aber Zwillinge? Muss man bloß zwei Mäuler mehr stopfen. In meiner Familie hat’s noch nie Zwillinge gegeben, und in der von meiner Alten auch nicht. Das ist doch einfach ungerecht.»
    Dr. Quimper stieg die Treppe zu seinem Schlafzimmer hoch und begann sich auszuziehen. Er sah auf die Uhr. Fünf Minuten nach drei. Bei der Entbindung der Zwillinge hatte es unerwartete Komplikationen gegeben, aber insgesamt war alles gut verlaufen. Er gähnte. Er war müde – hundemüde und freute sich auf sein Bett.
    Da klingelte das Telefon.
    Dr. Quimper fluchte und nahm den Hörer ab.
    «Dr. Quimper?»
    «Am Apparat.»
    «Hier ist Lucy Eyelesbarrow aus Rutherford Hall. Ich glaube, Sie sollten herkommen. Plötzlich sind alle krank geworden.»
    «Krank? Wieso? Was für Symptome?»
    Lucy beschrieb sie ihm.
    «Ich komme sofort. Inzwischen…» Er gab ihr knappe, präzise Anweisungen.
    Dann zog er sich schnell wieder an, warf einige zusätzliche Dinge in seine Notarzttasche und eilte zum Wagen.
     
    IV
     
    Gut drei Stunden später saßen Lucy und der Arzt völlig erschöpft am Küchentisch und tranken große Tassen schwarzen Kaffee.
    «Puh.» Dr. Quimper trank aus und stellte die Tasse klirrend auf die Untertasse. «Das war nötig. So, Miss Eyelesbarrow, kommen wir zur Sache.»
    Lucy sah ihn an. Die Müdigkeit hatte sich tief in sein Gesicht eingegraben und

Weitere Kostenlose Bücher