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1601 - 10. Januar 1200

Titel: 1601 - 10. Januar 1200 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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großen, ausdrucksvollen Augen und deutlich ausgeprägten Lippen. Sie schüttelte den Kopf. Im Tonfall äußersten Mißfallens stieß sie Worte einer fremden Sprache hervor: „Andrimanitra o! Ratsy kosa izany ka!"
    „Du sagst es, und du hast völlig recht", stimmte Myles Kantor ihr zu.
    Niemand wußte, welcher Sprache sich Kallia Nedrun bediente, wenn sie aufgeregt war. Sie machte aus ihrer Herkunft ein Geheimnis, selbst dem Mann gegenüber, mit dem sie durch einen Ehevertrag verbunden war. Sie war biologisch gesehen eine Terranerin. Aber wo ihre Wiege gestanden hatte und welche Sprache das war, die sie im Zustand der Aufregung verwendete, wußte niemand, auch Myles Kantor nicht.
    Er wandte sich an einen der beiden Mitarbeiter, die bisher schweigend der Szene beigewohnt und mit aufmerksamen Augen die Datenanzeigen auf der Bildfläche verfolgt hatten. „Wie steht's mit der Transitionssonde, Bix?" fragte er.
    Der Angesprochene - Bixby Latimer, ein hochgewachsener, schlanker Mann gesetzten Alters mit grauem Haar und von überaus würdevoller Erscheinung - antwortete: „Startbereit, Myles. Ich dachte, wir warten auf die Ergebnisse, die wir mit dem Linearflug-Projektil erzielen, bevor wir sie auf die Reise schicken."
    Myles Kantor nickte. „Einverstanden. Wir treffen uns in drei Stunden wieder hier. Hoffentlich, um zu hören, daß der Eintritt in den Linearraum planmäßig gelungen ist." Er sah Boris Siankow an. „In der Zwischenzeit wolltest du mir ein paar Überlegungen vorführen, die du auf dem Weg nach Titan angestellt hast."
    „In meinem Quartier", sagte Boris. „Es liegt alles bereit."
    Kallia war mitgekommen. Ihr Fachgebiet war die Hypermathematik. Boris hatte durchblicken lassen, daß er sich ein paar Formeln ausgedacht und dazugehörige Berechnungen angestellt hatte.
    Diese wollte sie sich ansehen. Boris Siankow hatte gegen ihre Begleitung nichts einzuwenden. Er empfand Kallia Nedrun als überaus sympathisch - um der Wahrheit die Ehre zu geben: Er beneidete Myles Kantor ein wenig um das Glück, das er an der Seite der hübschen und liebevollen Frau genoß.
    Sie setzten sich rings um den Tisch, an dem Boris gearbeitet hatte, bis er von Myles zum Start der Linearraumsonde gerufen worden war. Er schob Myles ein paar Stücke Papierfolie zu, die er mit Hand beschrieben hatte. „Gesetzt den Fall, es handelt sich tatsächlich um eine gewisse Trägheit des fünfdimensionalen Gefüges, das uns solche Schwierigkeiten bereitet", sagte Boris, „dann müßte sich das formelmäßig etwa so darstellen lassen." Er klopfte auf das oberste Folienstück. „Das ist das Endergebnis", fuhr er fort. „Wenn du wissen willst, wie ich dorthin gelangt bin, mußt du dir die anderen Blätter auch ansehen."
    „Wie meinst du das mit der Trägheit?" wollte Kallia wissen. „Der Hyperraum sperrt sich gegen unser Eindringen? Er ist zu faul, uns einzulassen?"
    Boris Siankow lächelte. „Nicht ganz so einfach", antwortete er. „Ich spreche von Trägheit, weil ich meine, das Phänomen, von dem hier die Rede ist, ließe sich am besten damit erklären, daß die Zahlenwerte gewisser fünfdimensionaler Naturkonstanten sich verringert haben. Es ist alles ein wenig langsamer, ein wenig energieärmer, ein wenig - nun, eben träger geworden."
    Inzwischen war Myles Kantor mit ausgestrecktem Zeigefinger die beschriebenen Zeilen der Folie nachgefahren. „Das kann nicht sein", sagte er. „So was gibt es nicht!"
    „Dir ist es also auch aufgefallen", bemerkte Boris Siankow mit unüberhörbarer Genugtuung. „Was ist ihm aufgefallen?" erkundigte sich Kallia wißbegierig. „Unter gewissen Parameterkonstellationen entwickelt die Endformel, die Boris aufgestellt hat, eine Singularität. Das gibt's im realen Kosmos nicht. Die Wirklichkeit ist kontinuierlich. Sie macht keine Sprünge."
    „Außer im Innern Schwarzer Löcher", kommentierte Boris. „Du hast recht. Es gibt eine Singularität. Unter gewissen Bedingungen bricht mein Modell zusammen. Die Frage ist diese: Ist das Modell falsch, oder besteht die Möglichkeit eines solchen Zusammenbruchs tatsächlich?"
    Myles Kantors Blick war ernst und nachdenklich. Der junge Wissenschaftler war weit davon entfernt, Boris Siankows Überlegungen auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Zeit, da man Boris als Spinner ausgelacht hatte, war endgültig vorbei. „Wenn ich einen vernünftigen Syntron hätte", sagte Myles, „dann ließe ich ihn die Sache per Simulation durchrechnen. So aber..."
    Er wurde

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