1603 - Der Geistertänzer
soll, werde ich das tun. Da gibt es keine Probleme. Da bin ich auch nicht sauer.«
»Nun warte erst mal ab.«
»Danke.«
Paula Ashley lehnte sich in ihrem Sessel zurück und griff nach dem Teeglas. Sie trank etwas, wobei sie die Augen schloss und aussah wie jemand, der intensiv nachdachte.
Isabel wusste, dass sie jetzt den Mund halten musste, obwohl es innerlich in ihr kochte. Sie war nicht richtig nervös. Man konnte sie mehr als durcheinander bezeichnen, und sie musste sich schon hart zusammenreißen, um ihren Zustand nicht nach außen hin zu zeigen.
Bisher hatte sich Paula Ashley zurückgehalten. Sie hatte nicht zugestimmt, auch nicht abgelehnt, und ihr Nicken hatte Isabel auch nichts gesagt.
Sehr gelassen trank Paula ihren Tee und zeigte dann, als sie die leere Tasse zur Seite gestellt hatte, ein schwaches Lächeln, was bei der Tänzerin für einen Hoffnungsschimmer sorgte.
»Es ist kein leichtes Problem, Isabel.«
»Ich weiß. Und ich wäre dir auch nicht böse, wenn du sagst: Geh wieder, denn ich kann nichts für dich tun.«
»So meine ich das nicht. Ich habe mehr über unseren Freund Julius nachgedacht.«
»Hast du denn eine Idee?«
»Das kann man sagen. Es ist natürlich nichts, was uns sofort weiterbringt. Wir müssen davon ausgehen, dass Julius Crane tot ist. Aber das ist nur der Körper. Es gibt noch den Geist, und damit fangen die Probleme auch an.«
»Wieso?«
Paula lächelte. »Das ist recht simpel für jemanden, der sich damit beschäftigt. Ich weiß es zwar nicht genau, aber ich kann mir vorstellen, dass sein Geist keine Ruhe findet. Nicht nur die Leiber brachen Ruhe, auch die Geister müssen sich in der anderen Welt zurechtfinden.«
»Und du meinst, dass dies dem Geist des Verstorbenen nicht gelungen ist?«
»Davon gehe ich aus. Irgendetwas stört ihn, sonst hätte er längst seine Ruhe gefunden.«
»Und was kann das sein?«
»Ich weiß es nicht, Isabel. Es gibt in den anderen Welten viele Dinge, die uns verschlossen bleiben. Und es ist höchst selten, dass beide Welten Verbindung miteinander aufnehmen.«
»Aber in meinem Fall schon.«
Paula runzelte die Stirn. »Das kann man ohne Übertreibung behaupten. Ihr beide müsst eine sehr starke Bindung zueinander gehabt haben. Das behaupte ich mal.«
»Es stimmt.«
»Und wie stark war sie?«
»Wir haben uns perfekt verstanden. Bei unserer Arbeit wusste der eine stets, was der andere wollte. Wir waren eine wunderbare Symbiose.«
»Das hat man auf der Bühne gesehen. Und wie war euer Verhältnis privat?«
Isabel wusste, worauf die Frage hinauslief. Sie bekam ein leicht rotes Gesicht. »Wenn du meinst, dass wir zusammen geschlafen haben, dann muss ich dich enttäuschen. Das war nie der Fall. Wir konnten nur gemeinsam tanzen.«
»Stimmt es, dass Julius kein Interesse an Frauen gehabt hat?«
»Genau.« Isabel zuckte mit den Schultern. »Darüber haben wir aber nie gesprochen. Das habe ich hingenommen und fertig. Ich habe auch niemals Freunde von ihm kennengelernt. Unser privates Leben war für den anderen tabu.«
»Gut.«
Isabel fuhr fort: »Und dennoch gab es dieses innere Band zwischen uns. Es war nicht das Band der Liebe, aber es war etwas Ähnliches, und es ist auch nach dem Tod nicht gerissen. Sein Geist fühlte sich zu mir hingezogen. Und ich hatte das starke Gefühl, dass er etwas in meiner Nähe suchte.«
»Was war das?«
»Schutz, glaube ich.«
Paula nickte. »Schutz? Wovor?«
»Er erzählte etwas von gefährlichen Feinden, vor denen er auf der Flucht sei. Er wollte damit allein fertig werden, aber ich glaube nicht, dass er das schafft. Deshalb bin ich zu dir gekommen und setze darauf, dass du mir helfen kannst.«
Paula lächelte. »Du verlangst viel von mir. Aber es ist auch meine eigene Schuld. Schließlich habe ich dir selbst erzählt, welch eine Berufung mich erfüllt.«
»Willst du mir helfen?«
Für einen Moment schaute Paula ihrem Gegenüber starr in die Augen.
»Ja, ich werde es tun.«
Die Tänzerin stieß den Atem aus. »Und was bedeutet das im Einzelnen?«, fragte sie.
»Wir werden sehen.« Paula Ashley erhob sich von ihrem Stuhl. Sie ging zum Fenster und zog den Vorhang zu, sodass es im Zimmer dämmrig wurde.
Isabel verfolgte mit wachsamen Blicken das weitere Vorgehen der Garderobiere. Sie war heilfroh, dass Paula auf ihren Vorschlag eingegangen war. Sie hatte auch damit gerechnet, der Wohnung verwiesen zu werden, aber das war zum Glück nicht der Fall gewesen.
Paula Ashley ging zu einer hüfthohen
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